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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Scheffler, Karl: Das Bild im Zimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0132

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-s3=4^> DAS BILD IM ZIMMER <§£-u-

bieten muß. Selbst der Maler, der sich
um den Erfolg nicht groß kümmert,
wird dahin beeinflußt, dem einzelnen
Bilde etwas dramatisch Auffallendes,
etwas in sich selbst Abgeschlossenes
zu geben. Er braucht an Sensation gar
nicht zu denken, aber er denkt an die
Galerie, wo sein Werk für sich allein
unter tausend anderen vom Geiste des
Bildners künden soll, und er sucht da-
rum logisch eine ganze Welt in engem
Rahmen zusammenzudrängen. So ist
ein Stil entstanden, den man Programm-
malerei nennen kann. Zu ihm gehören
die allbekannten Werke Stucks und
Klingers und zum Teil auch die Fan-
faren Böcklins. Für das Zimmer sind
Werke dieser Art nur selten brauchbar;
denn abgesehen von ihren ästhetischen
Qualitäten sind sie für den Wohnraum
zu anspruchsvoll. Ein Bild von Rem-
brandt kann man, wenn man zur Kunst-
betrachtung nicht gestimmt ist, über-
sehen; neben seinem tiefsinnigen poeti-
schen Wert hat es einen rein ornamen-
talen, der dem Auge schmeichelt, wenn
es gedankenlos darüber hingleitet. Sehr
viele moderne Bilder aber schreien von
der Wand, erzwingen sich stete Auf- Robert breyer atelierbesuch
merksamkeit und irritieren in Augen- Deu'sche «öm

blicken, wo man sich mit ihnen nicht be-
schäftigen mag, durch ihre bloße
Gegenwart.

Den Platz für ein Bild zu fin-
den, das eine menschlich dra-
matische Situation zeigt und den
Betrachter zum Anteil zwingt,
wovor man sich also, um zu ge-
nießen, von seiner Umgebung
lösen muß, um in eine andere
Welt einzutreten, ist sehr schwer.
Das Arbeitzimmer wird meistens
der beste Raum dafür sein, weil
man hier am ernstesten gestimmt
ist, der Anregung am meisten be-
darf und beim Arbeiten doch von
dem fremden Werke nichts sieht,
wenn es aus der Richtung des
Blickes vom Arbeitstisch vor-
sorglich entfernt ist. Die Durch-
gangsräume oder das Wohnzim-
mer können nur ein gewisses
Maß von künstlerischem Tief-
sinn im Bilde vertragen. Man
ist nicht zu jeder Zeit bereit,
eine Beethovensche Symphonie
eugen spiro Pariserin oder Verse aus Goethes Faust

Deutsche Kunstausstellung, Köln zu hören, und ebensowenig mag

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