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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Scheffler, Karl: Das Bild im Zimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0134

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-g-^> DAS BILD IM ZIMMER <ö=l^

H.J.PAGELS BÜSTE DES BILDHAUERS DRIPPE

Deutsche Kunstausstellung, Köln

Aber von der Gesamtheit. Der Bewohner gekommenen Galerie, worin einige feinere

wird nicht von dem charakterisiert, was nicht Stücke zwischen dem ärgsten Schund brillieren,

vorhanden ist, sondern in den allermeisten In der neuen Wohnung ist nun die einzige

Fällen von dem Nebeneinander widerstreiten- Sorge, daß alle Stücke an der Wand gebührend

der Dinge. Wer alles, was er besitzt, an Platz finden — sei es hinter einem Schrank

seine Wände hängt, kann nicht nach einem oder in einem Türschatten. Und doch ist

ästhetischen Prinzip verfahren. Daß er nicht das Bild erst dann ein Schmuck im Zimmer,

bessere Dinge besitzt, darf ihm keiner zum wenn es sparsam und mit Ueberlegung plaziert

Vorwurf machen, denn wer hat gleich immer ist. Gut plaziert für den Ruhenden, für den

so viel Geld, um gute Bilder kaufen zu können. Bewohner des Zimmers, nicht für den fremd

Und daß so viel Mittelmäßiges und Schlechtes Eintretenden. In gutem Licht soll das Bild

vorhanden ist, darf auch nicht wundernehmen, alle seine Vorzüge entfalten, es soll für das

denn man weiß ja, wie derartige „Kunstgegen- Licht ein Sammelpunkt werden, von wo der

stände" im Laufe des Lebens zusammen- Strahl, von einer künstlerischen Bedeutung

kommen. Unentschuldbar aber ist es, wenn beseelt, ins Auge zurückfällt. Im allgemeinen

der glückliche Besitzer nicht ein einziges werden zwei Bilder für die Wand genügen;

Stück auf den Boden stellen will, sondern für zuweilen reichen sie aber auch fürs ganze

jedes Blatt einen Nagel in die Wand schlägt. Zimmer aus. Es richtet sich immer nach

Beim Umzug, wo man die Bilder alle hübsch dem einzelnen Fall. Kleinere Bilder verlangen

beieinander hat, sieht man die Bescherung Augenhöhe, damit man sie mit aller Muße

am unverblümtesten. Da sind Hochzeitsge- betrachten kann, und größere müssen dem

schenke und Kunstvereinsgewinne, Geburts- Auge mehr entrückt werden. — Ueber eine

tagsmalereien, ererbte Oelbilder vierzigsten gewisse Formatgrenze nach oben und unten,

Grades, ein paar gute Gravüren, endlose vor allem aber nach oben, darf der Umfang

Photographien und vielleicht ein paar erträg- des Zimmerbildes überhanpt nicht hinaus-

liche Oelbilder. Oder man ist im Besitz einer gehen. Das zu große Format kann eine

kleinen, durch Familientradition zusammen- Raumdisposition vollständig verderben, und

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