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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Schmidt, Robert: Aus den Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0206

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^=4^> AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS <^^~

Titel paßt nicht: neben die graphischen Blätter sind von Ignatius Taschner, von dem auch sonstige

noch etwa zwei Dutzend Plastiken gestellt. Hielt man figürliche Zeichnungen und Vignetten erfreuen. Das

das Haus der Secession für zu groß, so sind die Interessanteste der ganzen Ausstellung aber dürften

gewählten Räume zu klein, und der verantwortlichen die Lithographien zur >Ilias< von Max Slevogt

Hängekommission möchte man einen praktischen sein, vor denen es einem humanistisch eingeschwo-

Kursus bei den Akademikern am Pariser Platz renen Philologen allerdings grausen wird. Slevogt

empfehlen. Man hätte lieber die alten Meister fort- beweist in diesem Zyklus wieder, daß er einer un-

lassen und dafür den lebenden mehr Raum gönnen serer besten Bewegungskünstler ist; köstlich ist das

sollen, wenn auch die alten — eigentümlicherweise Blatt mit der Verfolgung Hektors: Hektor läuft mit

sämtlich Franzosen: Puvis de Chavannes, Dau- mächtigen Sprüngen dicht an der hohen Stadtmauer

bigny, Daumier und Delacroix — für die jungen entlang, während hinter ihm Achilles prestissimo

eine vorzügliche Folie abgeben und oftmals den um die Ecke saust. Diese verschiedenen Tempi sind

Stammbaum der modernen Kunst in der lebendig- ganz zwingend zum Ausdruck gebracht. Aus Paris

sten Weise illustrieren. Vielleicht ist es auch kein sind — außer dem verstorbenen van Gogh, von

hans herr mann nach dem regen

//. Ausstellung der Akademie der Künste, Berlin

Zufall, wenn man z. B. Corinth's prachtvolle Zeich-
nung nach Michelangelo in die Nähe der drei mäch-
tigen Akte von Daumier gehängt hat. Von meh-
reren Künstlern sind größere Kollektionen ausge-
stellt; so sehen wir von Klimt eine ganze Reihe
seiner subtil gezeichneten dekadenten Frauen, für
die kein härterer Gegensatz zu denken ist, als der
Gossenzyklus von Hans Baluschek. Max Lieber-
mann zeigt sich in verschiedensten Techniken, eben-
so Edvard Münch, der einige glänzende Porträts
geschickt hat, die — abgesehen von den ganz ma-
nirierten Holzschnitten — den Wunsch rege machen,
daß der Künstler mehr Stift und Stichel als den
Pinsel zur Hand nehmen möchte. Köstlichster
Humor und fabelhaft prägnante Linienführung spricht
aus den bekannten Zeichnungen zum ^Heiligen Hies<

dem einige vorzüglich gezeichnete Landschaften und
pathologisch interessante Porträts vorhanden sind —
Matisse, Maillol und Theo van Rysselberghe
mit mehreren Werken erschienen. Fast nur Akte;
von dem Letztgenannten u. a. eine prachtvoll durch-
geführte Studie zu ;Le Ruban ecarlate«; von Maillol
nur Umrißzeichnungen von einer verblüffenden In-
tensität des Ausdrucks bei einer Reduktion auf die
elementarsten Bewegungsformen. Von Maillols Ein-
fluß verspürt man etwas bei den ungemein breit
angelegten Aktstudien von Georg Kolbe, dessen
Bronzefigur eines knienden Mädchens diese Prin-
zipien prachtvoll ins Plastische übersetzt zeigt. Aehn-
liche Tendenzen machen sich bei der >Knienden<
von Karl Albiker (Ettlingen) bemerkbar. Zu den
beiden russischen Bettlerfiguren aus Steinzeug, die

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