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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Herrmann, Paul: Die künstlerische Medaille und ihre Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0220

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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

MÜNZE VON
PERGAMON

DIE KÜNSTLERISCHE MEDAILLE UND IHRE GESCHICHTE

Von Prof. Dr. Paul Herrmann

Im goldreichen Lande der Lyder kam die
Sitte auf, kleine Stücke edlen Metalles mit
einem staatlichen Stempel zu versehen und
sie dadurch zum Range eines allgemeinen
Wertmessers für Handel und Wandel zu er-
heben: es war die Geburtsstunde der Münze.
DieErfindungderLyder wurde von den Griechen
aufgenommen, aber was einem rein praktischen
Bedürfnis entsprungen, wurde unter dem An-
hauch des griechischen Geistes schnell in die
Sphäre des Künstlerischen hinaufgehoben, der
tote Prägestempel wird zum lebendigen Kunst-
werk. Dem künstlerischen Genius der Griechen
erschloß sich ein neues, weites Gebiet für die
Betätigung seines Schöpfungsdranges, von dem
er mit Begierde Besitz ergriff. Da bevölkert
sich die kleine Fläche des Münzfeldes mit
einer unerschöpflichen Gestaltenfülle: die
Schutzgottheiten der prägenden Städte, in
ganzer Gestalt oder nur als Kopf gegeben,
Szenen aus ihren Mythen oder aus den Stadt-
gründungssagen, die heiligen Tiere der Schutz-
götter (wie die Eule auf den Münzen von Athen),
von der hellenistischen Zeit an dann die Bild-
nisköpfe der Herrscher, ein unversieglicher
Strom von Bildern und Vorstellungen, die

mit leichter, sicherer Hand und vollendetem
künstlerischen Takt dem engen Räume an-
gepaßt und eingefügt werden, ein Mikrokos-
mos voll quellender Lebensfülle, dessen kraft-
voll gesunden Pulsschlag vernimmt, wer das
Auge über die Münzreihen griechischer Städte
und Staaten schweifen läßt (Abb. obenstehend).
Im Schatten der monumentalen Plastik sich
entwickelnd und von dorther kräftige Impulse
eigenen Wachstums aufnehmend wahrt sich
die Prägekunst der Griechen doch Selbstän-
digkeit und die Freiheit eigener Stilgesetze,
durch deren von klarem Instinkt geleitete
sichere Anwendung ein künstlerischer Typus
geschaffen wurde, der seitdem seine Wirkungen
ausstrahlt.

Freilich, daß die Münze, das zur Zirkulation
bestimmte Geldstück, ein Kunstwerkseinkönne
oder müsse, dieser Gedanke ist mit der griechi-
schen Kultur zugrunde gegangen. Daß er sei-
ner Zeit lebendig war, erhellt aus dem nament-
lich aufsizilischen Prägungen zu beobachtenden
Gebrauch, daß der Meister des Münzbildes
seinen Namen auf die Fläche der Münze setzte.
Diese Meister waren sich also des künstleri-
schen Wertes ihrer Leistungen wohl bewußt

Die Kunst für Alle XXIII. 9. 1. Februar 1908.

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