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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Popp, Joseph: Albert von Keller
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0245

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ALBERT VON KELLER

Von Dr. Jos. Popp
Vorrede zum Katalog der Kollektivausstellung in der Münchner Secession

Die umfangreiche Sammlung von Werken meiner Hand, die ich Ihnen zeige, macht es mir zu einer Art von
Pflicht, mich zu entschuldigen über die Ausstellung von vielem scheinbar Unwichtigen, und ich hoffe Ihre Abso-
lution durch die Erklärung zu erlangen, daß die ganze Sammlung trotz oder vielmehr gerade wegen ihrer Hetero-
genität in organischem Zusammenhange steht und einheitlich meinen ganzen, von Jugend auf gehegten Lebensge-
danken, mein ganzes Kunstprinzip ausspricht: die Freiheit.

Freiheit in Handhabung und Beherrschung der Kunst, in der Wahl des Gegenstandes, in der Art der Bear-
beitung, Freiheit gegenüber dem Geschmacke der Unverständigen, gegenüber der Beeinflussung durch Moden und
Richtungen, Freiheit durch Zurückweisung kunsthändlerischer Wünsche, unkünstlerischer Bestellungen, mit einem
Worte: Arbeit zur eignen Freude und Rücksicht auf nichts als die Natur, unsere große Göttin oder — je nachdem —
Geliebte. An ihr und durch sie allein können wir Künstler werden. Sie zeigt uns alle Herrlichkeiten und Glück-
seligkeiten der Welt und sie führt uns in die Tiefen des Entsetzlichen und Grauenhaften der Erde und des armen
Menschengeschlechts.

Nun heißt es, durch unermüdliches Forschen und eiserne Energie selbst, — nicht durch fremde Belehrung
— die tausendfältigen Ausdrucksmittel finden, die uns in die glückliche Lage setzen, alles Geschaute und Erlebte
festzuhalten und selbständig, voraussetzungslos eine eigene Sprache für jedes Bild zu erfinden und so ein neues
Werk in die Welt zu setzen — ein Werk freien Willens.

So denke ich mir die Entstehung eines Kunstwerkes.

So habe ich sie angestrebt. ALBERT VON KELLER

Die Münchener Secession hat wieder ein- gegenüber, wie dem Realismus und Impressio-
mal gezeigt, daß sie auch ihre lebenden nismus. Sieht man sich sein „Bacchanal" oder
Meister zu ehren weiß: der vorigjährigen Uhde- die paar „Diners"-Szenen aus dem 17. Jahr-
Ausstellung folgte heuer eine eminent cha- hundert an, so erinnert höchstens das Thema
rakteristische Auswahl aus dem „Oeuvre" im allgemeinen an den historischen Zug der
A. v. Kellers. Bei der un- ^-^^^^ siebziger Jahre; der Geist,

endlichen Schaffensfreu- y^mU\ BH^v der daraus spricht, ist ein

digkeit des Künstlers, der durchaus moderner; der

für die eine „Auferweck- A—\ B^v Farbenton sucht schon

ung" gegen hundert Stu- /AA \ aus der „braunen Sauce"

dien malte, konnte es fm\ atS, herauszukommen; das ko-

sich nur um seine mar- jU ^ \ stümliche wie gesellschaft-

kantesten Werke handeln, IM §1\ liehe Element zeigt da

soweit sie zugänglich wa- Im " ,\\ und dort schon verhalte-

ren. Das übrige mußte fflj H nes Phosphoreszieren, läßt

als Weg zu ihnen, als in- |BJ WKfm^K B scnon den späteren Esprit

teressanter Blick hinter BJ mmw un^ Glanz ahnen. Ein

die Kulissen oder als Folie Iflj Bf Fertiger ist der Achtund-

dienen. Mag der Histori- IBJ B^K gl/ zwanzigjährige in seinem

ker, der einmal Keller an uBJ Umm^^^ WJ „Chopin". (Abb. 1904 5

Ort und Stelle einzureihen \^^B1 B& 4Mm BBk. / ^" 349.) Diese Perle un-

hat, sein „Wenn" und ^B Bfe/ serer Neuen Pinakothek

„Aber" vorbringen, uns ^B BJ jBBBBfl Wy stellt ein herrliches Stück

Mitlebenden und Miterle- ^B mr^^mWu W/ reiner Malerei dar, das

benden muß es gestattet ^BJ Buf^E —\ Wy zum Delikatesten und

sein: aus der Kunst A. ^^8T£jf*ll fll Feinsten gehört, was wir

v. Kellers über dessen ^<S>ML^^^ der Kunst des 19. Jahr-

Kunst den wesentlichen albert von keller hunderts verdanken. Sucht

Eindruck zu gewinnen— man nach einer Parallele

dies um so mehr, da Keller durch und durch aus der Geschichte oder damaligen Gegenwart
ein Eigener ist. Was er seiner Ausstellung (1873), so gerät man auf Holbein und Leibi,
als Geleitwort beigegeben, ist tatsächlich sein An technischer Gewandtheit beiden ebenbürtig,
Lebenswerk und Lebensziel gewesen. Konnte übertrifft es sie an Charme und Stimmungs-
er sich auch den äußeren Einflüssen nicht kraft. Was in Chopins Musik an melancho-
entziehen, so hat er sie doch schon bald und lisch süßer, schwärmerisch somnambuler Sug-
energisch gemeistert. So war es gegenüber gestion liegt, das versuchte Keller in Farben
alten und neuen Künstlern wie Holbein, Piloty, darzustellen. Die spielende Dame und ihre
Ramberg; so hielt er es großen Strömungen Zuhörerin sind nur ein äußerer Vorwand, um

Die Kunst für Alle XXIII. 10. 15. Februar 1908.

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