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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Ostini, Fritz von: Die Frühjahrsausstellung der Münchener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0374

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jjie Frühjahrsausstellung
wSLshi der Münchener Secession

;f\r*5H- * \ Von Fritz von Ostini

in N*

Die liebenswürdigste und beliebteste Nummer im Jahres-
gg repertoire der Münchener Kunst ist unstreitig die Früh-
jahrsausstellung der Secession. Das hat seine mannigfachen
< ) f^i Gründe: Sie bringt die wenigsten Wiederholungen und die
tnjrtb' meisten neuen Werke und neuen Männer. Und sie bringt
pauinaitrialler W v'elracn Skizzen, Versuche, frisch und unmittelbar hingesetzt

und von des Gedankens Blässe, will sagen von der grübelnden
Atelierarbeit, wenig angekränkelte Arbeiten. Und darin liegt ein
namhafter Reiz! Wir sind durch Jahrzehnte großer, nummerreicher Kunstausstellungen
gegen den Genuß reifer und fertiger Bilder geradezu stumpf geworden, so sehr stumpf
geworden, daß vielen nach und nach die Reife und Fertigkeit eines Kunstwerks beinahe als
ein Beweis erscheint, daß dies minderwertig sei. Und die flotte Skizze erscheint vielen
als das Vornehmere und wahrhaft Künstlerische. Ein großer Irrtum natürlich, an dem nur
die Uebersättigung die Schuld trägt! Ein paar flott und genial aussehende, skizzenhafte Sachen
hat beinahe jeder von den vielen Tausenden gemacht, die in der Kunst nicht ans Ziel kommen,
und wer's zur Spezialität ausbildet, kann es in diesem Fach mit mäßigem Talent weit bringen!
Mit einiger Sicherheit ist der Künstler aber nur an einem fertigen Werk zu messen, und
vor der Vollkommenheit steht seit den Tagen der alten Griechen noch immer der Schweiß!

Das hindert nun aber nicht, daß eine Ausstellung von vorwiegend skizzenhaften Ar-
beiten dem Feinschmecker mehr zu bieten hat, interessanten Einblick gewährt in die Schaffens-
weise der Künstler, in die Entwicklung des malerischen Zeitgeschmackes, und daß sie ganz
von selbst die größere und unmittelbarere Farbenfrische zeigt. Es ist wirklich immer viel
Werdelust und Frühling in diesen Secessionsausstellungen, etwas, was uns nach winterlichem
Darben mit Lust und Freudigkeit erfüllt. Und heuer mehr als je! Fürs erste sind noch
mehr Neuerscheinungen erfreulichster Art zu verzeichnen als sonst und dann ist das Pro-
gramm der Ausstellung durch zwei anziehende und bedeutsame Sondernummern bereichert,
eine Gruppe der feinsten neueren Pariser Impressionisten und eine Ausstellung von Graphik,
die ganz auserlesen ist. Das nimmt viel Raum ein, die übrige Ausstellung mußte sich daher
auf eine knappe Auswahl, das Beste von dem Vielen beschränken, was eingeschickt wurde.
Darum wurde sie so außerordentlich gut. Besser als jede vorherige Frühjahrsausstellung!
so hört man fast einstimmig urteilen!

Auch die alten und berühmten Namen der Secession fehlen nicht ganz. So hat Hugo
von Habermann neben einem großen Mädchenakt, der mit kühnster Bravour gemalt ist,
zwei überaus delikate kleine Damenporträts da, Theodor Hummel ein paar Stilleben von
köstlicher Farbigkeit, Hubert von Heyden Vogelbilder und Landschaften, die ihn immer
noch in stetem Fortschreiten zeigen, die Landschafter Richard Kaiser, Paul Crodel,
W. L. Lehmann, Ulrich Hübner (Travemünde), H. von Hayek, Fritz Osswald, Viktor

Die Kunst für Alle XX11I. 15. 1. Mai 1908.

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