^«43ö> SCHWÄBISCHE KUNST IN WIESBADEN <3==^
an dem großen Zusammenhang, dem sich die hei-
mischen Stuttgarter Meister so sinngemäß einordnen
lassen!
Das mögen die unter den NichtSchwaben weniger
empfinden, die, wie die norddeutsch enM ei ster Gr et he
und Pankok nur mit einigen wenigen Gemälden
vertreten sind, wohl aber trifft es auf Adolf Hölzel
zu, in dessen vielseitiges Kunstschaffen die zehn
zum Teil umfänglichen und bedeutenden Werke im
Rathaussaal einen lehrreichen Einblick gewähren.
Man weiß, mit welchen Problemen sich der Meister
seit Jahren trägt, mit wie rastlosem Eifer er darauf
aus ist, gewisse Gesetze der Malerei zu ergründen
und den Ergebnissen seiner kunsttheoretischen Re-
flexionen durch die Praxis neue Stützen zu verleihen.
Gewinnt seine Ausdrucksweise durch diese seine
mit so großer Energie betriebenen Bemühungen an
Nachhaltigkeit und Wucht, so verlieren sie anderer-
seits an Ausgeglichenheit und an dem durch nichts
zu ersetzenden Reiz derUnmittelbarkeit. Nicht überall
wird bei seinen so überaus interessanten Versuchen
der Kunstliebhaber mitgehen können, so z. B. nicht
bei manchen seiner allzu impressionistisch hinge-
worfenen und gewaltsamen Landschaften, in denen
Himmel und Erde manchmal trotz allem auseinander-
laufen. Bei aller Anerkennung für seine Vielseitig-
keit und Unermüdlichkeit, muß doch gesagt werden,
daß erst die Zukunft lehren muß, wohin sein Weg
führt. — Um nun auf die eigentlichen Schwaben zu-
rückzukommen, so erscheint als ihr Haupt und Führer
Friedrich Keller, dessen jugendlichem Feuer
man es nicht anmerkt, daß er zugleich der Senior
dieser Gruppe seiner Landsleute ist. Auch in der
Wiesbadener Ausstellung erweist er sich als der
Darsteller der Arbeit. Anziehender aber noch als
sein >Eisenhammer< und seine >Steinschleiferei<
ist sein koloristisch sehr viel reizvollerer >Stein-
bruch« aus früher Zeit, der in seinem vornehmen
Kolorit an Adolf Schreyers Darstellungen erinnert.
Ueber Rob. v. Haug, den Direktor der Stuttgarter
Kunstschule etwas Neues sagen zu wollen, ist schwie-
rig. Seine reife, abgeklärte Kunst ist jedermann be-
kannt und vertraut. In der Wiesbadener Ausstellung
tritt er, abgesehen von seinem berühmten Schlach-
tenbild >Die Preußen bei Möckern« namentlich als
Landschaftsmaler und als Darsteller kulturhistorisch er
Genrebilder aus der Urgroßväterzeit hervor. Sein
lUeber der Stadt«, eine Treppe an der Eßlinger
Stadtmauer, von der zwei jugendliche Gestalten in
Zopftracht auf das Häusermeer herniedersehen, ist
so stimmungsvoll und echt, wie seine zarten und
großzügig gemalten Landschaften, deren Motive er
hie und da in Oberbayern, meist aber im Schwaben-
land gefunden hat. Neben ihm ist Christian Lan-
denberger in Wiesbaden besonders wirkungsvoll
vertreten. Da begegnet man einer vorzüglichen Studie
zu den »Badenden Knaben« in der Münchner Pina-
kothek. Aus dem Morgenduft des Ammersees tau-
chen die schmächtigen Körper zweier Knaben auf,
beschienen vom gebrochenen Sonnenlicht. Voller
Stimmung ist die Landschaft mit dem Wanderer,
der noch einen letzten Gruß in das stille Flußtal
zurückwirft, das er im Begriff ist zu verlassen. Und
vollends ins Gebiet geheimnisvoller Märchenpoesie
führt uns sein »Müller Radlauf« ein. Die naivlieb-
liche Mädchengestalt im blauen Kleid, die auf dem
Esel durch das weite Land reitet, erinnert in ihrem
rosig angehauchten Gesichtchen an Meister Wilhelms
378
an dem großen Zusammenhang, dem sich die hei-
mischen Stuttgarter Meister so sinngemäß einordnen
lassen!
Das mögen die unter den NichtSchwaben weniger
empfinden, die, wie die norddeutsch enM ei ster Gr et he
und Pankok nur mit einigen wenigen Gemälden
vertreten sind, wohl aber trifft es auf Adolf Hölzel
zu, in dessen vielseitiges Kunstschaffen die zehn
zum Teil umfänglichen und bedeutenden Werke im
Rathaussaal einen lehrreichen Einblick gewähren.
Man weiß, mit welchen Problemen sich der Meister
seit Jahren trägt, mit wie rastlosem Eifer er darauf
aus ist, gewisse Gesetze der Malerei zu ergründen
und den Ergebnissen seiner kunsttheoretischen Re-
flexionen durch die Praxis neue Stützen zu verleihen.
Gewinnt seine Ausdrucksweise durch diese seine
mit so großer Energie betriebenen Bemühungen an
Nachhaltigkeit und Wucht, so verlieren sie anderer-
seits an Ausgeglichenheit und an dem durch nichts
zu ersetzenden Reiz derUnmittelbarkeit. Nicht überall
wird bei seinen so überaus interessanten Versuchen
der Kunstliebhaber mitgehen können, so z. B. nicht
bei manchen seiner allzu impressionistisch hinge-
worfenen und gewaltsamen Landschaften, in denen
Himmel und Erde manchmal trotz allem auseinander-
laufen. Bei aller Anerkennung für seine Vielseitig-
keit und Unermüdlichkeit, muß doch gesagt werden,
daß erst die Zukunft lehren muß, wohin sein Weg
führt. — Um nun auf die eigentlichen Schwaben zu-
rückzukommen, so erscheint als ihr Haupt und Führer
Friedrich Keller, dessen jugendlichem Feuer
man es nicht anmerkt, daß er zugleich der Senior
dieser Gruppe seiner Landsleute ist. Auch in der
Wiesbadener Ausstellung erweist er sich als der
Darsteller der Arbeit. Anziehender aber noch als
sein >Eisenhammer< und seine >Steinschleiferei<
ist sein koloristisch sehr viel reizvollerer >Stein-
bruch« aus früher Zeit, der in seinem vornehmen
Kolorit an Adolf Schreyers Darstellungen erinnert.
Ueber Rob. v. Haug, den Direktor der Stuttgarter
Kunstschule etwas Neues sagen zu wollen, ist schwie-
rig. Seine reife, abgeklärte Kunst ist jedermann be-
kannt und vertraut. In der Wiesbadener Ausstellung
tritt er, abgesehen von seinem berühmten Schlach-
tenbild >Die Preußen bei Möckern« namentlich als
Landschaftsmaler und als Darsteller kulturhistorisch er
Genrebilder aus der Urgroßväterzeit hervor. Sein
lUeber der Stadt«, eine Treppe an der Eßlinger
Stadtmauer, von der zwei jugendliche Gestalten in
Zopftracht auf das Häusermeer herniedersehen, ist
so stimmungsvoll und echt, wie seine zarten und
großzügig gemalten Landschaften, deren Motive er
hie und da in Oberbayern, meist aber im Schwaben-
land gefunden hat. Neben ihm ist Christian Lan-
denberger in Wiesbaden besonders wirkungsvoll
vertreten. Da begegnet man einer vorzüglichen Studie
zu den »Badenden Knaben« in der Münchner Pina-
kothek. Aus dem Morgenduft des Ammersees tau-
chen die schmächtigen Körper zweier Knaben auf,
beschienen vom gebrochenen Sonnenlicht. Voller
Stimmung ist die Landschaft mit dem Wanderer,
der noch einen letzten Gruß in das stille Flußtal
zurückwirft, das er im Begriff ist zu verlassen. Und
vollends ins Gebiet geheimnisvoller Märchenpoesie
führt uns sein »Müller Radlauf« ein. Die naivlieb-
liche Mädchengestalt im blauen Kleid, die auf dem
Esel durch das weite Land reitet, erinnert in ihrem
rosig angehauchten Gesichtchen an Meister Wilhelms
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