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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Kuzmány, Karl Michael: Die Jubiläumsausstellung im Wiener Künstlerhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0499

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DIE JUBILÄUMSAUSSTELLUNG IM WIENER KÜNSTLERHAUS

Von Karl M. Kuzmany

Es ist zwar ein politisches Datum, ein für
das gesamte Staatsleben in Oesterreich
bedeutungsvolles, von dem die heurige Früh-
jahrsausstellung der Wiener Künstlergenossen-
schaft ausgeht. Aber in ihrem Hause an der
Lothringerstraße hat sie in den 60 Jahren, auf
welche die Regierung des Kaisers nunmehr
sich erstreckt, schon durch vier Jahrzehnte
Bestand und feiert darum auch ihren Anteil
an jenem größeren Zeitabschnitt. Mit der
ganzen Epoche durch vielerlei Fäden ver-
bunden, durfte sie jedoch bis zu deren Be-
ginn zurückgreifen, als sie eine retrospektive
Musterung über alle Leistungen auf künst-
lerischem Gebiete veranstaltete. Mit wenigen
Ausnahmen ist nur auf Wiener Boden Ent-
standenes darin vertreten; hier offenbart sich
ja am deutlichsten, was dem Franz-Josephischen
Kunstalter eigen ist, von dem eine Ausstellung
nur bruchstückweise durch originale Werke
berichten kann, denn hinzudenken muß man
sich die Schöpfungen der Architekten und
andern Monumentalbildner.

Zwischen der als geschichtliches Zeugnis
zu betrachtenden „retrospektiven" und dem
modernen Teil der Ausstellung, darin die Ernte

des letzten Jahres enthalten ist, klafft eine
Lücke; sie wird einigermaßen durch das Pro-
gramm gerechtfertigt, welches das Historisch-
Gewordene und das Neue vom Tage durch
ein sozusagen neutralisierendes Jahrzehnt von-
einander geschieden wissen wollte. Just wäh-
rend dieser Periode hat sich in Wien viel
frisches, viel umstürzendes Leben geregt, dank
der „Secession" aus dem Elternhause hier und
der weiteren Abspaltung von Gruppen, die jetzt
selbständig ihre Daseinsberechtigung erweisen.
Die im Künstlerhaus verbliebenen konserva-
tiven Elemente überdauerten die Schwächung,
aus der gründlichen Kraft der Meister unter
ihnen und dadurch, daß die Genossenschaft
den nachdrängenden Talenten wieder mehr
Raum zur Betätigung ließ.

Eine Wanderung durch die retrospektive
Ausstellung gewährt den Ausblick auf viele
stolze Kapitel der österreichischen Kunstge-
schichte; ihre Abfolge jedoch ist öfter unter-
brochen, und nur dem Wissenden ergibt sich
der wahre Zusammenhang, wenn er das Vor-
handene durch Ausscheiden und durch Er-
gänzungen berichtigt. Allerlei Zufallsgutwürde
man gerne vermissen und dafür etwa Feuer-

Di« Kunst für Alle XXIII. 20. 15. Juli 1908

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