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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Glaser, Curt: Die Berliner Herbstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0203

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I


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edvard münch alma mater
die Ausstellung ist, die ihr versprochen wor- beraten. Für diese erste Herbstausstellung
den war. aber empfahl sich das System um so weniger,
Weil es von Anfang an nicht klar umgrenzt als es das Programm war, den »allerjüngsten und
war, konnte die Jury das Programm nicht er- ringenden Talenten Gelegenheit zur Oeffent-
füllen. Daneben fiel weniger in die Wage, lichkeit in weitgehendem Maße zu geben",
daß der Herbstsalon des „Sturm" einige Kunst- Weil die Kommission einen großen Teil des
ler für sich in Anspruch genommen hatte, verfügbaren Raumes zunächst für ihre eigenen
Es war vielleicht sogar nicht ungünstig, daß Werke in Anspruch nahm, hat sie das Pro-
die Futuristen und Kubisten mit dem großen gramm nicht erfüllt.
künstlerischen Nihilisten Münchens hier ein So wird ein Bericht über diese Ausstellung
Unterkommen gefunden hatten. Immerhin war notwendig von den Namen der Juroren aus-
es auch aus diesem Grunde nicht möglich, gehen müssen, die fast alle mit fünf oder
einen Sammelplatz aller augenblicklichen Be- mehr Werken zur Stelle sind, während im
strebungen zu schaffen, denn noch haben leider übrigen die durchschnittliche Höchstzahl drei
die Kubisten ihr Handwerk nicht aufgegeben, beträgt. Rechnet man dazu, daß Beckmann,
Wenn also das Programm tatsächlich nicht Brockhusen, Herrmann, Pechstein, Rösler je
erfüllt werden konnte, so lag das an Verhält- einen Saal mit ihren Werken beherrschen, so
nissen, die bereits geschaffen waren, ehe noch bleibt von den neun Räumen des Hauses, da
die Kommission ihres Amtes waltete. Aber noch zwei für andere Kollektivausstellungen
auch eigene Fehler sind ihr vorzuwerfen. Elf in Abzug zu bringen sind, nicht viel mehr
Mitglieder waren da, aber kein verantwort- übrig.
licher Leiter und kein einheitlicher Wille. So Eine andere Frage ist es, ob durch die
sorgte jeder zunächst für sich. Und die Aus- künstlerische Leistung dieses Uebergewicht der
Stellung wurde im wesentlichen eine Reprä- Kommissionsmitglieder gerechtfertigt ist. Auch
sentation ihrer Juroren. das muß in dieser Allgemeinheit verneint
Auch das ist eine Möglichkeit. Die Sat- werden. Theo von Brockhusen (Abb. S. 184),
zungen des Pariser Herbstsalons geben in dessen technisch gleichförmige Landschaften
jedem Jahre einer anderen Gruppe von Künst- sich viele Freunde erworben hatten, wird seinen
} lern das Recht, juryfrei und nach eigenem neuen Werken schwerlich Anhänger werben.
9 Belieben auszustellen. Aber die Auswahl ge- Er ist über das Maß hinausgegangen, das seiner
( schieht absolut unparteiisch nach der alpha- Kunst gesteckt ist. In einer großen Kreuzab-
l befischen Folge der Namen der Mitglieder, nähme gibt er im besten Falle Bewegungs-
J und Mitglied ist, wer viermal hintereinander richtungen anstatt Figuren. Und ebenso abstrakt
J die Jury passierte. Vielleicht würde sich ein bleibt die gewollte Fülle der übergroßen Still-
J ähnlicher Modus heute auch für Berlin emp- leben, die mehr Aufzählung sind als Darstellung,
j fehlen, um die Gründung einer neuen Ver- Vielleicht verarbeitet der Künstler die neuen
0 einigung zu erübrigen, und nur über die Bil- Eindrücke, die offenbar auf seinen italienischen
J dung eines Stammes von Mitgliedern wäre zu Aufenthalt zurückgehen. Die Rückkehr zu

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