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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Kühnel, Ernst: Die grosse Berliner Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0591

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HAUPTSAAL DER GROSSEN BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG
I DIE GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG
| Von Ernst Kühnel
Boileau meint: „Tous les genres sont bons, einigen wirklich bedeutenden Leistungen —
hors le genre ennuyeux." Das war der die denn auch selten fehlten — um schließ-
j Maßstab einer kurzweiligen Zeit; heute den- lieh doch noch ausgesöhnt und hoffnungsfroh
) ken wir wesentlich anders, und wenn wir eine von dannen zu ziehen. Diesmal werden uns 3
Ausstellung langweilig finden, so haben wir keine derartigen seelischen Konflikte aufer-
) sie damit noch keineswegs verurteilt. Von legt; nichts ist so peinlich schlecht, nichts so
j der Großen Berliner kann man sogar sagen, hervorragend gut, daß man darüber in grim-
daß sie von einer fast erfreulichen, abgeklär- mige Wut oder in taumelndes Entzücken ge-
I ten Langweile ist. Man hat wohl expres- raten könnte, und darin darf man entschieden
\ sionistischeund kubistische Veranstaltungenge- einen unzweifelhaften Fortschritt, ja, in ge-
( sehen, die sehr viel langweiliger waren, die aber wissem Sinne sogar die Vollendung einer Iang-
j doch sämtlich das Beruhigende, Stilvolle eines samen, schrittweisen Entwicklung erkennen.
J jahrzehntelang sorgfältig gepflegten „genre Denn die nivellierende Tendenz, die der Moa-
) ennuyeux" vermissen ließen. Diesem ist es biter Veranstaltung von vornherein innewohnte,
5 in erster Linie zu verdanken, wenn in der brachte es wohl mit sich, daß die aus dem
l heurigen Ausstellung das künstlerische Niveau Rahmen fallenden genialen Begabungen all-
'} um ein Erkleckliches gestiegen ist im Ver- gemach ganz ausblieben, aber sie gab doch
( gleich zu den letzten Jahren. Früher begeg- andererseits den schwächeren Talenten Ge-
) nete man bei seinen Besuchen gewöhnlich legenheit, sich in dem ihnen gezogenen Kreise
J einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Ar- nach Möglichkeit zu entfalten, allen über ihren
j beiten, über die man sich mehr oder weniger Horizont hinausgreifenden revolutionären Be-
5 heftig ärgerte oder gar empörte. Und es be- strebungen zu trotzen und in der Nachbar-
3 durfte immer der freudigen Begeisterung vor schaft gleichgesinnter Seelen den Mut zur

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