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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Zwei bedeutende Museumserwerbungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0253

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! ZWEI BEDEUTENDE MUSEUMS- stelle des Meisters zum Abdruck, in der dieser
I FRWFRRIINPFN selbst eine außerordentliche Zufriedenheit mit
| CKWCKDUlNuclN der Schöpfung zu erkennen gibt, die als Gegen-
Die Stadt Hannover hat die für verschollen stück zu dem schönen Fries der „Balgenden
gehaltene zweite und wohl schönste Fas- Buben" (jetzt in der St. Gallener Kunstsamm-
sung des „Kinderständchens" von Anselm lung) gedacht war. Er schreibt über die beiden
Feuerbach (Abb. S. 229), die erst vor kurzer Bilder: „Das eine, rasch bewegt; lustiges, klas-
Zeit durch die Galerie Karl Haberstock in Ber- sisches, römisches Kinderleben — nota bene, es
I lin aus ihrer Verborgenheit gezogen worden ist das römische Kind der Keim zu allem Edeln
I ist, um den Preis von 185000 Mark, den und Großen in der Kunst—das andere, träume-
i höchsten Preis, der bisher für ein deutsches risch, leise, still,musikalisch. Doch ist es ganz
Werk der Malerei bezahlt worden ist, in ihren a n d ers, als jenes erste Ständchen (der Künstler
Besitz gebracht. Ueber das um 18r'0 entstan- spricht von dem gegenwärtig im Leipziger
dene köstliche Werk äußert sich Julius Allgeyer, Museum befindlichen); keine Figur gleicht dem
der Freund Feuerbachs, mit höchstem Lob. Er dortigen, und was dort verschüchtert angedeutet
bringt in seinem bekannten Buche eine Brief- ist, hat hier seinen klaren, abschließenden Aus-
druck erhalten". Allgeyers Meinung gibt
die folgenden Sätze wieder: „Die Ver-
gleichung dieser zwei Werke mit dem
früheren Kinderständchen ist überaus
lehrreich. Da zeigt sich so recht der
Segen des inzwischen verfolgten stren-
gen Studiums nach der Natur, als Fort-
schritt im allgemeinen sowohl, als wie
im Einzelnen. Gegenüber der Geschlos-
senheit der Komposition, dem Linien-
reichtum in der Gesamtsilhouette, dem
regen Spiel in den Bewegungsrythmen,
dem Wechsel in der Gestaltenreihe, und
vor allem der Plastik der Modellierung
gegenüber, die die beiden Friese aus-
zeichnet, erscheint das ältere Bild, das
gewissermaßen in zwei Bilder auseinan-
derfällt, bei aller ihm innewohnenden
Anmut, bei weitem ärmer in der Anlage
und Erfindung und unsicher in der For-
mengebung". Und er fügt hinzu: „Wei-
sen die „Balgenden Buben" noch ein-
zelne Unfreiheiten und technische Un-
gleichheiten auf, so zeigt die nachfolgende
Schöpfung in Form und Farbe die vollen-
detste Klarheit und Einheitlichkeit des
Vortrags. Es ist, als ob die in lebhaftem
Krieg befindlichen kleinen Kämpfer sich
zu Tagesschluß geeinigt hätten, um nun
unter friedlich musikalischen Klängen
der im Zelte schlummernden kleinen Ge-
spielin den Preis, die geraubten Trauben,
als Huldigung darzubringen".
Die Kinderbilder gehören zweifellos
zu den reizvollsten Erzeugnissen der er-
habenen Kunst Feuerbachs. Und er hat
kaum etwas Reicheres und Ueppigeres in
malerischer Beziehung geschaffen als
dieses wiedergefundene „Kinderständ-
3 ■MHHByBESSBil^MB chen". Glühendes Rot und schweres Blau
9 e. a. bourdelle der Bildhauer car- bestimmen den farbigen Charakter des
J peaux bei der arbeit Bildes. Niemals hat der Künstler glänzen-


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