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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Neter, Rudolf: Fernand Khnopff
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0378

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f. khnopff erinnerung an brügge Ji
FERNAND KHNOPFF j
Von Rudolf Neter i
Dort, wo eine stille Villenstraße zum Wald Es ist unmöglich, sein Haus zu beschreiben {
hinführt, liegt das Haus des Malers der und selbst Abbildungen würden nicht genügen, C
Einsamkeiten und der schweigend erduldeten um jene Atmosphäre lebendig werden zu 5
Grausamkeiten. Vor einigen Jahren noch war lassen, die in dieser "Wohnstätte so stark y
es schwer aufzufinden, dieses seltsame Haus, den Geist ihres Schöpfers und Bewohners J
Dann aber brach plötzlich der lärmende Hexen- wiedergibt. Weiße, kalte Marmorkorridore, dann )
zauber der Weltausstellung über jene kaum ein Blick auf die in leisem Gelb und Blau r,
gekannte Gegend herein, und eine breite dreiste und Grün ineinanderfließende Pracht eines )
Landstraße zieht nun an jenem großen, feierli- Tiffanyfensters. Würde man dieses Fenster f
chen, scheuen Häusersarge vorbei, der in seinem öffnen, so rauschte der ganze grüne Prunk {
Innern die Einsamkeit eines Einsamen birgt, der Bäume des Waldes lebendig zu der Oeff- f
Es gibt mancherlei Wege, die zu jener ab- nung herein. Stundenlang spinnt Khnopff (
geschlossenen Insel der Alleinseienden führen, seine Träume vor diesem feinen, fast unwirk- j|
Durch Ueberdruß und Uebergenuß hin, durch liehen Farbenklingen. Ich sah das Fenster >
Verachtung und Verzweiflung hin, mag die stets geschlossen, und ich würde es natürlich )
Straße bei manchem gegangen sein, und ihr Ende finden, wenn Khnopff diese Sagenwelt des n
ist oft genug dumpfe Trostlosigkeit. Bei Fernand Gelb und Blau und Grün im Tiffanyglase der {
Khnopff leitete der Pfad bedingungslos nach strahlenden brausend-lebenden Natur da drau- f
einer Höhe schillerndster, klarster, ungeahn- ßen vorzöge. '
tester, raffiniertester Schönheit hin. Auf diesem Niemals in meinem Leben habe ich eine C
Gipfel der Schönheit ist es einsam. Kühl so menschlich nervös geschärfte Verfeinerung v
und einsam wie Fernand Khnopff selbst. Und der Farbe gesehen, wie in diesem Khnopff- V
diese Schönheit hat mit dem Irdischen nichts sehen Hause. Und niemals eine gleich kühle, J
mehr zu tun. Sie ist ein Traum. Träume vornehme Zurückhaltung. In dem weißen, )
sind Fernand Khnopffs Bilder und ein Traum, marmornen Speisesaal, an dessen reinen kalten (
ein merkwürdiger, blinkender Traum, voll Wänden nur vereinzelte Bilder, fast alle von {
von Schönheitstrunkenheiten und Traurigkeiten Khnopff selbst, hängen, stehen weder Tisch f
ist dies Haus, das er sich gebaut hat, um noch Stühle. Der Diener bringt sie herein, (
darin zu leben. wenn Khnopff sich zur einsamen Mahlzeit y

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