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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Fechter, Paul: Die Künstler und die Bildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0540

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I

HUGO VON HABERMANN WEIBLICHES BILDNIS
Sommerausstellung der Münchner Secesston

DIE KUNSTLER UND DIE BILDUNG
Von Paul Fechter
Die Rassenveranlagung der Deutschen ist dem Beginn des Bewußtwerdens in ein ver-
zweifach: sie neigt einmal nach der Seite mitteltes um. Die Fähigkeit anschaulichen
des Abstrakt-Begrifflichen — und als Ergän- Erlebens der Welt tritt gegenüber der zu ab-
zung dazu nach der des Mystisch-Musikali- strakter Erkenntnis und Einordnung in den
sehen. Es ist kein Zufall, daß wir gleich- Hintergrund. Das Primäre scheint nicht das In-
i zeitig die größten Musiker und die größten tuitive, sondern das Abstrakte zu sein; die
i Philosophen besessen haben: die „Mystik des Sinnlichkeit wird vom Intellekt dominiert.
I Herzens" und die „Mystik des Kopfes" sind Die Fähigkeit „reines Subjekt der Anschauung"
I in gleicher Weise bei uns zu Hause. Für die zu werden, vermag der Deutsche, wenn über-
Anschauung und damit für die bildende Kunst haupt, erst nach zähem Kampf mit seiner
ist dazwischen nicht allzuviel Platz geblie- Neigung zur Begrifflichkeit zu erringen. Die
I ben. Die Beziehungen des Deutschen zur bildende Kunst gibt dafür ebenso viel Belege
j Umwelt sind und bleiben, auch wenn er wie die Literatur; in beiden trifft man nur
| sieht und nicht nur denkt, in erster Linie in seltenen Fällen auf Werke, in denen das
) begrifflich bestimmt. Das direkte, nur un- Erlebnis rein in anschauliche Werte, sei es
) mittelbare Verhältnis zu den Dingen setzt der Form und Farbe, sei es des Wortes,
) sich, wenn auch potentiell, in der Anlage vor- umgesetzt worden ist. In der Dichtung wird
/ handen, in den meisten Fällen bereits mit immer wieder die Neigung fühlbar, den be-

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