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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Mayer, August Liebmann: El Greco: zu seinem 300. Todestag
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0395

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Die allerbedeutendsten Werke Grecos, )
die in unserer Zeit durch den Kunst- f
handel gegangen sind, wurden längst ver- (
kauft, ehe der große „Grecorummel" (
losgegangen war und zu Preisen, die in (
keiner Weise übertrieben waren. Was )
Deutschland betrifft, so ist nur von einer \
Galerie, von der Alten Pinakothek ein )
Greco gekauft worden, und zwei, sage (
und schreibe zwei Privatsammler in Ber- (
lin haben je ein Werk dieses Künstlers (
erworben. Wozu also hier der Lärm? (
Auch von den modernen deutschen Künst- j
lern, deren Grecoverehrung aus den Bil- j
dern klar zutage tritt, haben einige — 1
gerade die hoffnungsvollsten, entwick- ,
lungsfähigsten, Greco gekannt und stu- )
diert, noch ehe die in der Tat sehr über- r
tiebene Schwärmerei Meier-Gräfes Greco (
neue Anhänger und heftige Gegner ver- (
schaffte. (
Man mag über die modernste Malerei \
denken wie man will, — das kann jeden- «
falls keiner leugnen, daß eine gewisse 1
Verwandtschaft zwischen der Kunst un- r
serer Stürmer und Dränger und der Gre- )
cos besteht, daß auch ohne das Studium f
Grecos gewisse moderne Tendenzen ent- (
standen wären, besser gesagt entstanden (
sind, daß die „Wiedererweckung Gre- '
cos" aus einer großen Strömung der mo- )
dernen Malerei höchst verständlich ist. [
Das Streben nach einer dekorativen, )
monumentalen Malerei, die nicht in der (
klassischen italienischen Renaissance, j
sondern in der mittelalterlichen Kunst (
ihr Ideal erblickt, das Expressionistische (
wie das Mystische, die Freude an schö- (
nen reinen Farben, an einem Kolorismus, [
dem die Tendenz einer impressonisti- )
sehen Valeurmalerei fremd ist, das sind /
Dinge, die Greco mit der Moderne ver- )
binden. j
Freilich ist Grecos Kunst aus ganz an- j
deren Voraussetzungen entstanden, als (
greco der Evangelist Johannes die der heutigen Maler. Einmal sind es
bei ihm, dem in Kandia auf Kreta Ge- j
borenen, die Nachklänge jener monumen- [
spricht vielfach noch immer von dem Greco- talen, feierlichen byzantinischen Mosaiken mit 1
schwinde!, von der Mache Pariser Kunsthänd- ihren überlangen, ganz entkörperten Heiligen- (
ler. Ganz abgesehen davon, daß sich keiner gestalten, deren bunte Farben geradeso ju- J
) dieser oberflächlich Urteilenden der Mühe unter- welenmäßig kalt gleißen wie die Grecos.
) zogen hat, in die Art dieses Künstlers einzu- Dann aber zeigt Grecos Kunst, genau wie |
) dringen und aus der älteren Literatur zu er- die seiner italienischen Zeitgenossen, die I
) fahren, wie berühmt und geschätzt dieser Merkmale eines eigenartigen Manierismus, in <
( Grieche zu seiner Zeit gewesen ist, läßt es der Einzelkomposition, wie in der Flächen-
l sich auch sonst beweisen, daß die angeführ- füllung, im Kolorit und der romantischen
( ten Behauptungen in keiner Weise stimmen. Stimmung. Es ist eine Epigonenrevolution, der


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