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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Wolf, Georg Jacob: Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1650-1800 in Darmstadt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0504

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^ Mengs bei wiederholten Aufenthalten in Rom logischen Scharfblick trübte. Wie ungezwungen ^
gj zusammentraf, feiert den Meister in seiner ist dagegen das in apartem farbigem Gewog ß
$ überschwenglichen Weise als den „Deutschen breit und flott hingesetzte Doppelbildnis des g
^ Raphael", während mancher Spätere, z. B. Kurfürsten Max III. Joseph und seines Freun- ff
& Muther von der „toten Schönheit" des Mengs des, des Grafen Seeau, das George des Marees ß
spricht, von seiner kalten Korrektheit, von einem 1755 malte (Abb. S. 453). „Hier bin ich Mensch, c
Erein exzerpierenden Talent. Die Wahrheit liegt hier darf ich's sein", scheint dieser Schokolade- S
auch hier in der Mitte. Gewiß, Mengs'Decken- trinkende Kurfürst auszurufen: und so ist die- K
bild der römischen Villa Albani ist von klassi- ses Gemälde auch kulturhistorisch ein Doku- m
zistischer Steifheit umwittert, aber, noch ein- ment... Neben Marees und Edlinger treten g
Gi mal in die farbengewaltige Glutenfülle des in München erst am Ende des Zeitraums in g
Barock getaucht, steht ein Bild wie das Porträt Johann Chr. v. Mannlich (1740—1822) und g
des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen J. P. Langer (1756 —1824) einige Bildnis- ff
(Abb. S. 436) da mit dem zu einem berauschen- maier von Bedeutung hervor, dagegen besitzt 6
den Stilleben gewordenen Ensemble von Eisen- die Landschaftsmalerei in dem ausgezeichne- w
~ kleid, Ordensband, Hermelin und Schärpe. Von ten Joachim Franz Beich aus Ravensburg S
V Mengs spinnen sich Beziehungen zu der Gruppe (1665 —1748), der nur leider auf der Aus- H
der repräsentativen Wiener Porträtmaler dieser Stellung nicht sehr charakteristisch vertreten g
Zeit, unter denen der kultivierte Anton Maron ist, und besonders in den drei Kobell, von g
(1733—1808), der Schwager Mengs', wohl der denen Wilhelm v. Kobell (1766—1855) der g
bedeutendste ist. Den „Bedarf" des Kaiser- bedeutendste ist (Abb. S. 450), treffliche Mei-
hofes an Reiterbildnissen, Krönungs-, Kriegs- ster. Die religiöse Malerei Münchens, die aller-
und Hofporträts „decken" Martin vonMytens dings als Freskomalerei zumeist in den Münch-
(1695—1770), Peter van Roy (aus Antwer- ner Rokokokirchen sich dokumentiert, belegen
pen, lebte um 1730 in Wien) und Franz Casa- in Darmstadt schöne Proben, die uns u. a. mit
nova (1727—1802), während gleichzeitig das den beiden Wink: Joseph Gregor Wink jjä
Genrestück in Johann Gabriel Canton (1716 (1710 —1785) und Thomas Christian Wink
bis 1753) und die Landschaft, meist arkadisch (1738—1797), bekannt machen. Stärker sind
staffiert, in Anton Feistenberger (1678 bis die Eindrücke, die man den beiden Zick ver- ff
1722) und J. E. Dorfmeister (geb. 1742) ihre dankt. In Johannes Zick aus Ottobeuren 6
Meisterfanden. Den Ausklang der Wiener Por- (1702—1762, Abb. S. 444) tritt schon eine außer- °
trätkunst stellen die beiden Lampi (1751 —1830 ordentliche Begabung, die vielleicht von Rem- ß
und 1775—1837) dar, die auch gute künstleri- brandt her künstlerische Anregungen erhielt, >j
sehe Beziehungen zum Zarenhof unterhielten, hervor, aber Januarius Zick (geb. in Mün-
fernerJosEPHGRASSi(1756—1838)undFRiEDR. chen 1732, gest. 1797 in Ehrenbreitstein) über-
Heinrich Füger aus Heilbronn (1751 —1818), trifft noch seinen Meister und dringt in Re- fi
dessen frische Miniaturen, deren schönste das gionen vor, die sonst nur von den ganz Gro- g
Gruppenporträt der Kaiserin Maria Theresia und ßen betreten werden. Wer die kleine Koblen- ^
ihrer Familie vom Jahre 1776 ist (Abb. S. 448), zer Galerie kennt, aus der zahlreiche der hier ß
in den erquickendsten Gegensatz zu seinen gezeigten 18 Werke des Januarius Zick stam
steifakademischen Bildnissen treten. men, wer obendrein einmal in der Kirche von §
In München ist der aus Stockholm einge- Wiblingen bei Ulm war, der kennt und verehrt
wanderte, ungemein fruchtbare Hofmaler Ge- diesen Meister und weiß, daß wir in ihm viel- g
orge des Marees (1697—1776) die stärkste leicht den bedeutendsten kirchlichen Maler des
malerische Persönlichkeit der Zeit: sein Erbe, deutschen Rokoko zu erblicken haben,
in der Hauptsache in die Sphäre des Bürger- Von süddeutschen Künstlern ist weiterhin (§
tums übersetzt, nimmt gegen Ende des 18. Jahr- des Württembergers AugustFriedrichOelen-
hunderts der Grazer Johann Georg Edlin- hainz (1745 —1804) als eines soliden, aber
Ger (1741 —1822) auf. Besondersaufschluß- ein wenig trockenen Meisters bürgerlicher Bild-
reich ist es, die beiden Künstler vor der glei- nisse zu gedenken. Ein Schwabe ist auch der
J chen Aufgabe zu sehen: Fürstenbildnisse zu Tier- und Schlachtenmaler Johann Elias Rie-
j malen. Als Edlinger 1788 den Herzog Wil- dinger(1698—1769). Eine Schar vorzüglicher
5 heim II. von Birkenfeld porträtierte (Abb. S. 441), Künstler hat im 18. Jahrhundert die Schweiz
0 entstand ein Bild, das zwar malerisch hohe hervorgebracht. In Darmstadt tritt diese Schwei-
y Qualitäten aufweist, das aber in der Auffas- zer Gruppe besonders geschlossen und mit I
'J sung nicht ganz frei und groß ist, offenbar weil charakteristischen Proben des Schaffens ihrer
y den Grazer Bauernsohn vor dem hohen Herrn Künstler auf. Salomon Gessner (1730 bis
< ein gewaltiger Respekt befiel, der seinen psycho- 1788), der Idyllendichter, ist auch in seinen

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