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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0052

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42

Kleine Mitteilungen.

und unteren Gruppe vermittelt ein mächtiger
Engel, der wie segenspendend über dem
Sterbenden schwebt und ihn nach den Gefilden
der Seligen abzuholen scheint. Schon diese
Andeutung zeigt, wie inhaltreich, wohldurch-
dacht und künstlerisch abgewogen diese Arbeit
ist. Das Werk wirkt wie ein Fresko in seiner
grossen Kontur und starken Farbenkraft. Der
König hebt sich in seinem langen, weissen
Gewände als Mittelpunkt deutlich heraus, wie
er mit brechendem Auge und fieberndem
Mund den Leib des Herrn mit heiliger
Inbrunst aufnimmt. Dass bei Feuerstein alles
Technische tadellos ist, bedarf keiner beson-
deren Erwähnung; rühmend hervorgehoben
sei aber die Innerlichkeit, aus welcher diese
seine neueste Schöpfung geboren ist Prinz-
regent Luitpold von Bayern hat, wie wir hören,
für dieselbe durch wiederholten Besuch bei dem
schaffensfrohen Künstler sein hohes Interesse
an dieser herrlichen Arbeit bekundet und dem
Meister seine wärmste Anerkennung ausge-
sprochen. Wir beglückwünschen die Pfarrei
St. Ludwig sowohl zu diesem neuen
Schmuck ihres Gotteshauses, als auch
zu ihrem kunstliebenden Seelsorger,
der sich durch solche Werke ein blei-
bendes Denkmal an der Stätte seines
Wirkens gesetzt hat-

Kunstverglasungen. — August
Camissar, Lehrer an der hiesigen
Kunstgewerbeschule, ist unseren Le-
sern als Verfertiger der Kunstglas-
diaphanien bekannt, die er seit einiger
Zeit bei Bader-Nottin ausstellt. Wenn
auch diese Versuche höheren Anfor-
derungen nicht immer entsprachen, so
waren sie doch als ausbildungsfähige
Anfänge einer zukunftsreichen und
im modernen Kunstgewerbe ander-
wärts mit gutem Erfolg ausgebauten
Technik zu begrüssen, die wenigstens
den unbestrittenen Vorzug hat, uns
die Freude an den schönen Zufalls-
produkten und den leuchtenden Trans-
parentfarben der Buntglasfabrikate zu
lehren. Mit Freude haben wir von der
gegenwärtig bei Bader-Nottin ausge-
stellten Versuchsserie jenes neuen
Kunstverglasungsverfahrens Einsicht
genommen. Es ist ein Wandbrunnen
und eine Reihe von Wand- und Boden-
fliesen ausgestellt, bei denen das Glas
als deckender Dekor verwendet wird,

der in eine Lage besonders präparierten Cemen-
tes eingedrückt wird. Glasflüsse als Boden- und
Wandbelag sind etwas Altes und Bewährtes,
wie die Holzintarsirung eine alte Kunst ist.
Ein glücklicher Gedanke aber war es, dass die
neue Camissar'sche Technik für ihr Gebiet die
gleiche Schwierigkeit löst, die in der Möbel-
branche mit Ersetzung der schwierigen Klötz-
cheneinlegearbeit durch die zeitgemässe Mar-
quetterie überwunden wurde. Der Vorzug ist
in beiden Fällen die leichtere Anfertigung, und
bei dem Camissar'schen Verfahren zugleich die
grosse Billigkeit. Da die neue Technik sich
wohlfeiler stellt, als die bisher üblichen Majo-
Iikafliesen, so dürfte sie kaum Schwierigkeiten
finden, sich einzubürgern. Die ausgestellten
Muster wird man natürlich meist als «Skizzen »
betrachten müssen, obwohl einzelne, wie das
Stiefmütterchen, eine vorzügliche Wirkung
erreichen Auf mehrere im Grossen ausge-
führte, praktische Anwendungen des neuen
Verfahrens werden wir nächstens zurück-
kommen.

Abb. XVIII. — Unbekanntes Wappen.

Für die Redaktion verantwortlich : Prof. Dr. Leitschuh in Strassburg.
 
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