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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Jessen, P.: Der deutsche Buchdruck auf neuen Wegen
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Der deutsche Buchdruck auf neuen wegen.

•VOL.XX. NS 5.

NOVEMBER 1896

PRICE 25 CENTS-

«VVvVvVvWM

s SCRIBNER'S
MAGAZINE

PUBLISHED MONTHLY
WITH ILLUSTRATIONS

CHARLES SCRIBNER'S SONS NEW YORK
• SAMPSON LOW MARSTON tiC2 Limited LONDON •

33i. Amerikanischer Zeitschriftitel. (Kalbe Originalgröße.)

die japanische Kunst. Zum Glück geht diese Rich-
tung ihrem Ende entgegen; aber sie steckt unseren
Setzern doch tief im Blute und ist auch in den
neuesten Drucksachen vorgeschrittener Druckereien noch
nicht überwunden, obwohl sich in der Verwendung
neueren Ziermaterials jüngst ein lebhafter Fortschritt
bekundet.

Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß unsere
Schriftgießereien in den letzten dreißig Zähren neben
vielem Trefflichen, worunter wiederum an erster
Stelle die altdeutschen Neuschöpfungen von Gentzsch 6c
peyse stehen, auch manches Verfehlte gebracht haben.
Während die alten Meister selber auf den Lsolzstock
zeichneten und die Ornamente in dein Maßstab ge-
schnitten wurden, den der Künstler wollte, so haben
die modernen Technikei: dazu verführt, daß auch im
Ornament oft zu kleinlich und zu bunt gearbeitet
worden ist. Es gibt Dutzende moderner Einfas-
sungen u. A., die so spinnewebig fein und dünn sind,
daß das bloße Auge Mühe hat, sie zu erkennen.
Ebenso schlimm war ein zweiter Fehler. Alle besten
Buchornamente der Alten, besonders die klassischen
Muster der italienischen Renaissance, sind Flächen-

ornamente. Unsere Schriftgießereien aber haben sich
oft Zeichnern anvertraut, die für Stückarbeit oder
Holzschnitzerei zu zeichnen pflegten und nun ihre
plastischen Vorlagen auch für den Buchdruck plastisch
Wiedergaben. So sind z. B. eine Reihe moderner
Rokoko-Einfassungen entstanden, die allem Wesen
des Buchdrucks Hohn sprechen, während man in
den alten Musterbüchern des echten Rokoko ganz
maßvolle und gesunde Flächenornamente hätte finden
können. Da ist es nun erfreulich, daß die heutige
Neigung zu pflanzlichen Motiven mit einer besseren
Einsicht in das Wesen des Druckornaments zusammen-
gefallen ist und die deutschen Schriftgießereien, vor
allem Berliner und Leipziger Anstalten, von tüchtigen
Künstlern eine ganze Reihe ernst gezeichneter und
richtig verstandener Flachornamente haben schaffen
lassen. Noch ist manches unreif; noch sind die
modischen Motive allzu hastig zurecht gemacht; noch
ähneln die verschiedenen Werkstätten einander gar zu
verdächtig; und wohl könnte die künstlerische Indi-
vidualität noch tiefer erfaßt und ausgenutzt werden.
Aber es sind in kurzer Zeit hoffnungsvolle Anfänge
gemacht worden. Nun mögen auch die Druckereien
ernstlich sich mühen, zu verstehen und zu benutzen,
was ihnen so dankenswerth geboten worden ist.

Auch die Farben in unserem Buchdruck bedürfen
der Auffrischung. Von wenigen muthigen Ansätzen
abgesehen, die wir wiederum der altdeutschen Rich-
tung verdanken, neigen unsere Drucker noch sehr
dazu, die Farben abzustumpfen und alles Kräftige
durch untergelegte Töne einzuschränken, als fei Farbe
eine Sünde, als sei ein mattes Grau unser Lebens-
eleinent. Wie männlich dagegen das Schwarz und
Rot der alten Meister, wie blühend die Farbenwelt,
die uns die heutigen Maler oder die junge Plakat-
kunst erschlossen haben. Auch hier gilt es für unsere
Druckereien, den Staub auszukehren, frische koloristische
Kräfte zur Typographie heranzuziehen und sich nicht
hinter der angeblichen Farbenscheu der Besteller be-
quemlich zu verstecken.

Und nun noch wenige Worte darüber, wie alle
diese Einzelheiten im Ganzen des gedruckten
Buches zur Geltung kommen müßten. Wenn wir
die Schriften kräftiger, den Satz geschloffener, die
Farben gesunder wählen, so sind alle Hauptbestand-
theile des Buches schon gebessert. Dann werden wir
von selbst empfinden, daß es auch für die Illustration
künstlerische Gesetze und Schranken gibt. Zur wunder-
vollen Einheit des alten Buches gehört der alte Holz-
schnitt. Seine einfachen Linien stimmen zu den Linien
der Buchstaben; er ist der Type wesensverwandt.
Alle späteren Illustrationsmittel: der Kupferstich, die
Lithographie, der moderne Holzstich, die Autotypie
 
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