tTTobevne Keramik auf der Pariser Weltausstellung.
58. (Pariser Ausstellung.) Portal in der deutschen keramischen Abtheiluug (mit
Blick in den Ausstellungsraum der kgl. sächs. Porzellau-Mauufaktur Meisten).
Architekt: A. posfacker, <Lharlotteubnrg. Ausführung der Modelle mit Stückarbeit
im Atelier von R. Schirmer, Berlin.
kann, jener — und das ist die Regel — in allzu
großer Bescheidenheit auch auf diesen Vorzug seiner
Erzeugnisse verzichtet und eitel Dekorationsstücke
liefert, die auch nicht des geringsten praktischen Da-
seinsgrnndes sich rühmen wollen. Selbft die großen
keramischen Betriebe faitgen ihre Reorgaitisation
an diesem Ende an. Die europäische Aeramik scheint,
soweit sie überhaupt Aunst ist, über Nacht ausschließ-
lich eine art pour art geworden zu sein, wie sie
es bisher bei keinem Volke, zu keiner Zeit jemals
gewesen ist. Niemand wird sagen, daß diese Ver-
hältnisse gesund siitd. Gewiß, die Aeramik ist eine
Aunst, die durch die Güte vieler ihrer Materialien,
durch die Besonderheit ihrer künstlerischen Macht-
mittel sich als etwas ganz Beson-
deres gibt und darum auch als
etwas ganz Besonderes genossen zu
werden verdient. Sie kann sogar
so recht eine Aunst für Feinschmecker
werden. In erster Linie jedoch ist
sie Nutzkunst, bestimmt, ganz un-
leugbare Bedürfnisse des Ulenschen
veredelnd zu befriedigen, so sehr,
daß man nicht übel Lust gehabt
hat, mit ihrem ersten Aufkommen
in unvordenklichen Zeiten den
Anfang aller Aunst überhaupt zu
datireu. Freilich, es ist leichter,
auf's Gerathewohl etwas Aera-
misches zu schaffen, als innerhalb
der engenden Schranken gegebener
Bedingungen sich künstlerisch zu
bewegen; so leicht in der That,
daß, will man von jenem zu
diesem übergehen, man sieht, daß
eigentlich die ganze Arbeit des
Neuschaffens noch erst zu leisten
ist. Es gibt eben keine Brücke
von der Luxuskunst zur Nutzkunst,
wie umgekehrt. Auch wird das
höchste ja durchaus nicht in der
zwecklosen Aunst erreicht. Gerade
in der Aeramik sind die Alassiker
derselben, die West- und Vstasiaten
nie über die Stufe des unmittel-
baren Bedürfnisses herausgekom
men und haben doch das Höchste
auf diesem Gebiete geleistet. Ge-
wiß eine schwerwiegende Lehre,
die nicht unbeachtet bleiben sollte!
Besondere Umstände haben der
modernen Aeramik dies Abweichen
von: normalen Wege nur er-
leichtert. Wo Aünstler allein sprechen, wird nur zu
leicht das Band mit dem gewöhnlichen Erdenlebeu
zerrissen, nimmt alle Aunst leicht einen allzu hohen
Aufschwung. Die Rolle, welche moderne Aünstler
in der keramischen Bewegung gespielt haben, und
immer noch spielen, ist bekannt. In Frankreich gab
es bis vor Aurzem überhaupt fast nur eine moderne
Aünstlerkeramik, gleich wie cs heute überall Aünstler-
radirungen, Aüustlerlithographien gibt. Sie fanden
hier ihre Ergänzung in jener Schaar von feingebildeten
Aennern und Sammlern, die nur in Frankreich
in dieser großen Zahl zu Hause sind, deren ver-
feinerte Lebens- und Aunstbedürfniffe jedoch, wenn
sie zum Waßstab für das künstlerische Schaffen der
<*2
58. (Pariser Ausstellung.) Portal in der deutschen keramischen Abtheiluug (mit
Blick in den Ausstellungsraum der kgl. sächs. Porzellau-Mauufaktur Meisten).
Architekt: A. posfacker, <Lharlotteubnrg. Ausführung der Modelle mit Stückarbeit
im Atelier von R. Schirmer, Berlin.
kann, jener — und das ist die Regel — in allzu
großer Bescheidenheit auch auf diesen Vorzug seiner
Erzeugnisse verzichtet und eitel Dekorationsstücke
liefert, die auch nicht des geringsten praktischen Da-
seinsgrnndes sich rühmen wollen. Selbft die großen
keramischen Betriebe faitgen ihre Reorgaitisation
an diesem Ende an. Die europäische Aeramik scheint,
soweit sie überhaupt Aunst ist, über Nacht ausschließ-
lich eine art pour art geworden zu sein, wie sie
es bisher bei keinem Volke, zu keiner Zeit jemals
gewesen ist. Niemand wird sagen, daß diese Ver-
hältnisse gesund siitd. Gewiß, die Aeramik ist eine
Aunst, die durch die Güte vieler ihrer Materialien,
durch die Besonderheit ihrer künstlerischen Macht-
mittel sich als etwas ganz Beson-
deres gibt und darum auch als
etwas ganz Besonderes genossen zu
werden verdient. Sie kann sogar
so recht eine Aunst für Feinschmecker
werden. In erster Linie jedoch ist
sie Nutzkunst, bestimmt, ganz un-
leugbare Bedürfnisse des Ulenschen
veredelnd zu befriedigen, so sehr,
daß man nicht übel Lust gehabt
hat, mit ihrem ersten Aufkommen
in unvordenklichen Zeiten den
Anfang aller Aunst überhaupt zu
datireu. Freilich, es ist leichter,
auf's Gerathewohl etwas Aera-
misches zu schaffen, als innerhalb
der engenden Schranken gegebener
Bedingungen sich künstlerisch zu
bewegen; so leicht in der That,
daß, will man von jenem zu
diesem übergehen, man sieht, daß
eigentlich die ganze Arbeit des
Neuschaffens noch erst zu leisten
ist. Es gibt eben keine Brücke
von der Luxuskunst zur Nutzkunst,
wie umgekehrt. Auch wird das
höchste ja durchaus nicht in der
zwecklosen Aunst erreicht. Gerade
in der Aeramik sind die Alassiker
derselben, die West- und Vstasiaten
nie über die Stufe des unmittel-
baren Bedürfnisses herausgekom
men und haben doch das Höchste
auf diesem Gebiete geleistet. Ge-
wiß eine schwerwiegende Lehre,
die nicht unbeachtet bleiben sollte!
Besondere Umstände haben der
modernen Aeramik dies Abweichen
von: normalen Wege nur er-
leichtert. Wo Aünstler allein sprechen, wird nur zu
leicht das Band mit dem gewöhnlichen Erdenlebeu
zerrissen, nimmt alle Aunst leicht einen allzu hohen
Aufschwung. Die Rolle, welche moderne Aünstler
in der keramischen Bewegung gespielt haben, und
immer noch spielen, ist bekannt. In Frankreich gab
es bis vor Aurzem überhaupt fast nur eine moderne
Aünstlerkeramik, gleich wie cs heute überall Aünstler-
radirungen, Aüustlerlithographien gibt. Sie fanden
hier ihre Ergänzung in jener Schaar von feingebildeten
Aennern und Sammlern, die nur in Frankreich
in dieser großen Zahl zu Hause sind, deren ver-
feinerte Lebens- und Aunstbedürfniffe jedoch, wenn
sie zum Waßstab für das künstlerische Schaffen der
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