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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Gmelin, Leopold: Zum fünfzigjährigen Bestehen des Bayerischen Kunstgewerbevereins, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0070

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Zum fünfzigjährigen Bestehen des Bayerischen Runstgewerbevereins.

67. (Pariser Ausstellung). Thüre im Zimmer von Rich. Riem
ansgeführt von den „Vereinigten Werkstätten", München,
arbeit von Kiefer in Kiefersfelden, Bildhanerarbeit von F.

München.

Auch wenn man die lange Reihe von Abbil-
dungen unserer Zeitschrift von den Jahren ihrer
Rindheit an vorbeipassiren läßt, ist Vorsicht in der
Beurtheilung am Platze. IPir lächeln jetzt über
manche Versuche, die vor fünfzig Zähren gemacht
worden sind, und neigen dahin, sie als kindlich zu
bemitleiden; wir dürfen aber nicht vergessen, auf
welcher niedrigen Stufe das Runstgewerbe damals
stand, aus welchem Arschleim von Geschmacklosigkeit
und mangelndem Rönnen das lhandwerk erst heraus-
gehoben werden mußte. Die fast in jedem f}eft vor-
getragene Tiste von Entwürfen, die aus dem Vereins-
zeichensaal hervorgegangen und von Gewerbsmeistern
ausgeführt worden find, gibt ein deutliches Bild da-
von, wie dringend das Bedürfniß darnach war, —
aber auch, wie eifrig die Gewerbsmeister vorwärts
strebte». Übrigens sind unter den in den fünfziger

Jahren veröffentlichten Entwürfen manche
Rleinigkeiten, — Bierkrugknöpfe, Schirm
griffe, Alefferböckchen, Schlüsselringe,
Schmucksachen u. A. —, die fast genau
so auch hetite wieder gemacht werde»
könnten, und nur die Art der lithographi-
schen Darstellung stößt uns ab, denn nur
wenige 'Künstler — wie z. B. Eug. Neu-
reuther, P. Herwegen — unterzogen sich
der Mühe, ihre Entwürfe selbst auf Stein
zu zeichnen. Mit der Verabschiedung
dieses Gravirverfahrens (von (869 an),
das durch Holzschnitt und Autographie
ersetzt wurde, gewinnt auch die künstlerische
Zudividualität mehr au Raum und Be-
deutung, wenn auch nicht geleugnet
werden soll, daß der flotte zeichnerische
Vortrag bisweilen der Gediegenheit der
Entwürfe selbst gefährlich wurde. Natür-
lich spiegeln die Bilder der Zeitschrift
deutlich die Wandlungen wieder, denen
der Geschmack, das stilistische Empfinden
unterworfen wurde; Maximiliansstyl und
vermeintliche Gothik wechseln schon in
den ersten Zähren mit Anklängen an alt-
griechische Runst und Auswüchsen eines
starken Naturalismus, bis in den sechziger
Zähren allmählich die Renaissance zu-
gelassen wird, die sich in kaum einem
Dezennium zur fast unumschränkten Herrin
machte und dann allmählich die schon
bei ihrer geschichtlichen Entwickelung be-
tretenen Bahnen weiterschreitet.

Seither haben ganz neue Anschau-
ungen sich ihre Daseinsberechtigung er-
kämpft, ohne indeß, — was ursprünglich
vielfach das Feldgeschrei war, — die Verbindung
mit dein Alten ganz abbrechen zu können.

Diesen Wandlungen gemäß kann man in der
Zeitschrift bezüglich ihres Hauptinhaltes, des Bilder-
schmuckes in: großen Ganzen drei Perioden unter-
scheiden. Zn der ersten, die bis in die Mitte der
70 er Zahre reicht, finden sich fast nur Entwürfe;
das Bedürfniß danach war eben damals besonders
dringend. Es folgte darauf eine Periode, in der
Vielen erst die Augen für die Schönheit und
Vorbildlichkeit früherer Arbeiten aufgingen oder
geöffnet werden mußten, daher die zahlreichen Ab-
bildungen von mustergiltigen Gegenständen aus alter
Zeit. Aber die Runsthandwerker beanspruchten je
länger desto mehr Raum für die Rinder ihrer
Runst, und so ward die Zeitschrift in ihrer dritten
Periode (mit den neunziger Zähren beginnend) mehr

e r sch m i d,
. Marmor-
Ringer,
 
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