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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Zimmermann, Ernst: Moderne Keramik auf der Pariser Weltausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0099

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Moderne Keratnif auf der Pariser Weltausstellung.

((0. „Die Nlöve", Platte aus der köuigl. p o rz e l l a u f a b r i f
in Kopenhagen; gemalt von i£. vf. Liisberg. (*/4 d. w. Gr.)

die Aunfttöpfereien der Fachschule von Teplitz aus-
gegangen zu sein, die durch feinere Töne vielleicht
z. Th. noch etwas edler wirken. Sehr wichtig ist da-
gegen wieder die überaus reiche kerainische Aus-
stellung Japans, die sehr viel Schund, viel Mittelgut
und einige ganz hervorragende Leistungen aufzuweisen
hat. Neben völlig werthloser Bazarwaare finden sich
viele billige, aber doch äußerst dekorative Erzeugnisse,
wie sie in Europa in dieser Güte und Wohlfeilheit
kaum irgendwo hergestellt werden — der Sinn für die
Bedeutung der Farbe in der Aeramik ist hier eben
nie ganz verloren gegangen — schließlich die indi
viduellen Schöpfungen einiger weniger japanischer
Aünstlerkeramiker, voran der bekannte Ntakudzu
Aozan in Yokohama, die gleichfalls eine gewisse
Beschämung für die europäische Aeramik bedeuten.
Ein europäischer Aeramiker hat gewöhnlich eine
bis zwei kerainische Melodien, über die alle seine
Schöpfungen dann nur Variationen darstellen. Bei
jenen ist fast jedes Stück eine technische, wie künst-
lerische Neugeburt: bald groß, bald klein, bald zart,
bald kräftig, bald dekorativ, bald intim, lebt hier
der ganze Reichthum der bekannten naturalistischen
Ornamentik in immer neuen Ueberraschungen wieder
aus. Ein Errathen ihrer' Urheber wird zur Un

U( n. (|2. Theile des Margueriten-Services aus der köuigl.
in Kopenhagen; von Prof. Krog. (Ungefähr ‘/4 der

Möglichkeit, so verschieden fallen die Erzeugnisse eines
und desselben Aünstlers aus. Wie traurig nimmt
sich dagegen die chinesische Aeramik aus, die gänz-
lich heruntergekommen, nur noch einige farbige
| Glasuren, namentlich das in Europa so beliebte
tiefrothe Sang de boeuf, und gerade wohl nur wegen
dieser Beliebtheit erträglich herzustellen vermag.

Die deutsche Aeramik enthüllt sich nach dieser
Besichtigung der ausländischen — und gerade deshalb
wurde sie bis zum Schluß gelassen — mit um so
größerer Bestimmtheit in ihrer besonderen Eigenart
und ihrer Entwickelung zum Modernen. Auch bei
uns hat diese Bewegung wie in Frankreich mit
einer traditionslosen Aünstlerkeramik begonnen, als
deren wichtigste Vertreter Länger, Schinutz - Baudiß,
Leider, Schmidt-Pecht-Aonstanz und der aus der
Ausstellung nicht vertretene Stahl zu nennen sind.
Auch für sie ist Japan das Hauptvorbild gewesen,
so weit es nicht bereits die von Japan erweckte
moderne Aeramik der Nachbarländer war, und auch
sie machten ausschließlich Blumenvasen zunächst
mit einer Leidenschaft, als hätten die Deutschen
nichts Besseres zu thun, als Blumen ins Wasser zu
stellen. Nur ein neues Element kam hier als An-
regungsmittel hinzu, die Bauernkunst, ein verderb-
liches Vorbild für plumpe Nachahmer, ein gefähr-
liches selbst für geschickte, und eigentlich ist nur
einer so großen Begabung wie der Läugers hierdurch
die Schöpfung wirklich annehmbarer Dinge gelungen,
neben denen wohl nur noch die Erzeugnisse von
Schmidt-Pecht, Aonstanz genannt werden dürfen.
Außerordentlich charakteristisch ist es jedoch, daß alle
diese deutschen Aünstler-Aeramiker mehr Aünstler
als Aeramiker gewesen sind. Aeramisch standen
ihre Erzeugnisse fast auf prähistorischem Stand-
punkt: sie ließen z. Th. Wasser durch und waren
aus den werthlosesten Materialien zusammengestellt.
Aein einziger von ihnen besaß die Materialfreude
der Franzosen, die von Anfang an nach japanischem
Vorbild die Ausbildung des Steinzeugs in den
Mittelpunkt ihres Wirkens stellten. Man kam bei
uns nicht über keramische Dilettanten-Aünstlerarbeiten
heraus. Dies ist bezeichnend für unsere ganzen künst-
lerischen und sozialen Zustände. Der Sinn für edles
Material ist uns ganz verloren
gegangen dank dem Auskommen
so vieler Surrogate, und dank
jener Rolle, die bei uns der für
Aunst wenig Geld aufwendende
Mittelstand spielt. Von diesen
Verhältnissen gibt die Ausstellung
Porzellanfabrik "och ein deutliches Bild. —. Sie

wirk!. Gr.) zeigt aber zugleich erfreulicher

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