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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Gmelin, Leopold: Kunstgewerbliche Streifzüge auf der Pariser Weltausstellung. Eine Nachlese, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0159

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Kunstgewerbliche Ztreifziige auf der Pariser Weltausstellung.

©ne Schrankthüre kann reich intarsiert sein, wenn
inan ihr (nur noch anmerkt, daß sie eine Schrank
thüre ist, die eben einen Schmuck erhalten hat. Wel-
chen Sinn hat ein mit vieler Kunst möglichst natur-
treu geschnitzter Rebstock, wenn er nur dazu dient,

2jo — 2(2. (Pariser Ausstellung.) Schreibmappe und Buch,
einbände aus der Prager Kunstgewerbeschule; Leder mit
getriebenem und vergoldetem bezw. versilbertem Kupferbeschläg.
Unter Leitung von E. Novak ausgeführt in der Kuustgewerbe-
fchule zu Prag. 0/., der wirft. Gr.)

ein Büffet zu verstecken? Line Tischfläche, die
bestimmt ist, Bücher, Geräte, Gefäße rc. zu
tragen, soll doch vor allen Dingen so behandelt
sein, daß ihr Aussehen nicht dieser Bestimmung
widerspricht; es ist darum verkehrt, die Tisch-
fläche so zu intarsieren, daß man meint, es
lägen und stünden Dinge darauf, obgleich sie
leer ist. — Tolonnas Intarsien stehen darum
stilistisch höher als jene von Galle und Majorelle;
sie gehörten zu dem Erfreulichsten in Bings
Sonderausstellung. Die meisten französischen
Intarsiatoren unterwerfen die aus der Natur
geholten Motive — Blumen, Stillleben, Land-
schaften — keiner stärkeren Umarbeitung, als
' eben die Technik verlangt, ohne Künstelei -
aber auch manchmal ohne Kunstsinn, wobei sie
meist in die Wege des {8. Jahrhunderts ge-
raten und bisweilen (z. B. Girod) neben Holz
auch Perlmutter, Messing, Zinn verwenden.
Daß Lachenal (Paris) neuerdings Versuche
machte, auch keramisches Material als Intarsia
bei Möbeln zu verwenden, ist vielleicht auf
japanische Anregungen zurückzuführen: Blätter
und Blumen flach aus Thon geformt, glasiert
und gebrannt und in entsprechend ausgeschnittene
Vertiefungen eingesetzt — das mag bei kleinen
Kästchen gehen, aber für große Möbelthüren
ist solche Technik denn doch zu unsolid, Haltbarer,
allerdings nicht weniger absonderlich, war ein
Thürflügel mit dunkel-rotbraunem Rahmen, einer
einzigen Füllung aus Hellem Holz, auf welcher in
ganz flacher, durch Ölfarbe unterstützter Schnitzerei
ein Blumemnädchen dargestellt war; aus der unteren
Ecke rankte sich ein Kapuzinerzweig in die Höhe,
dessen Stile, Blätter und Blumenumrisse aus z. T.
patinierter Bronze bestanden, während die Bluineli
selbst mit farbigem Leder unterlegt waren. ])

Auch die meisten deutschen Intarsiatoren scheinen
es aufgegeben zu haben, ihre Kunst dem stilisierten
Ornament zu leihen; Landschaften, Stillleben, Bild
kompositionen haben das große Wort man will
eben (besonders auf Ausstellungen) zeigen, was man
kann. Aber die hierher gehörigen Arbeiten von
Wölfel, Stuttgart (s. Abb. 72—76 in Heft 2), Rob.
Macco, Heidelberg, Karl Spindler, St. Leonhardt
(Elsaß) überheben sich doch nie über die Gegenstände,
denen sie als Schmuck dienen sollen, und fast durch
weg begnügen sie sich mit der natürlichen Farbe des
Holzes.- Bernstein als Intarsiamaterial verwendet
zeigt die „Gesellschaft zur kunstgewerbl. Verwertung
des Bernsteins" an zierlichen Boudoirmöbeln aus
dunklem Holz, wo er nicht nur in die vertieften

*) Der Name des Verfertigers war nicht zu ermitteln.
 
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