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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Augusto Varnesi
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0283

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August» Varnesi.

^2S. Altar-Tabernakcl
für beit Dom zu Fnlba
gefertigt von Bilb-
hauer A. varnesi
11. Architekt A. Lüthi,
Frankfurt a. M.

(GesamthöKe 3 m.)

Die Säulenschäfte
aus Marmor (ros-
so anticq), bie übri-
gen Architektur-
teile aus dunkel-
grünem Terpentin,
die dekorativen
Teile aus Bronze.

so ist auch Varnesi diesen Eindrücken seiner Jugend
treu geblieben, wenn auch seiner künstlerischen Natur
ein größeres Maß von Weichheit und Anmut bei-
gemengt war, als der seines Meisters.

Als Midemann sich wieder der Heimat zuwandte,
um in München ein eigenes Atelier zu gründen,
war es selbstverständlich, daß ihm sein Schüler
dorthin folgte. Aber auch als nach zwei fahren
ein Ruf als Lehrer an die Frankfurter Aunst-
gewerbeschule Midemann zur Übersiedelung in diese
Stadt veranlaßte, blieb Varnesi dem Atelier des
Meisters treu uitd nahm an der Ausführung der
großen Silberarbeiten teil, zu welchen fein Lehrer
in den nächsten Jahren die Aufträge erhielt: den:
Globus, dem Reliquienschrein der Aänigin von
Württembergs und anderen bedeutenden Ausführungen.
Leider unterbrach nach vier fahren die Militärpflicht
Varnesis Thätigkeit im Widemannfchen Atelier.
Aus einer ersprießlichen künstlerischen Arbeit heraus-
gerissen und zu geistlosen: Gamaschendienst verurteilt,
betrachtet Varnesi diese in einer kleinen apulischen
Garnison verbrachte Zeit als die verlorenste seines
Lebens.

Aber auch sie ging vorüber, und Varnesi rüstete
sich, zu seinem Meister zurückzukehren, den er aller-
dings nicht mehr in Frankfurt fand: Die großen
Aufträge, welche ihm bei der inneren Ausstattung
des Reichstagsgebäudes zugefallen waren, hatten
seine Übersiedelung nach Berlin nötig gemacht.
Vier Zahre hindurch war Varnesi bei diesen Aus-
führungen in hervorragender Weise beteiligt; und
wem das Auge geschärft ist für die Unterschiede in
der Schaffensweise des Meisters und des Schülers,
der wird in manchen der aus Widemanns Atelier
hervorgegangenen plastischen Zierstücke des Reichs
tagsgebäudes die Hand Varnesis erkennen.

Aber trotz dieser lohnenden Arbeiten hielt es
Varnesi nicht dauernd in der Reichshauptstadt fest;
sein Schicksal zog ihn nach Frankfurt zurück, da er
in einer anmutigen Tochter dieser Stadt seine
Gefährtin fürs Leben gefunden hatte. Bald sollte
sich auch die feste Basis finden, auf welcher er eine
eigene Häuslichkeit aufbauen konnte: Die technische
Hochschule zu Darmstadt berief ihn an den erledigten
Lehrstuhl für Ornamentzcichnen, dessen Ausgaben
mit dem Eintritt der hierfür so sehr geeigneten
Lehrkraft in das Gebiet der dekorativen Plastik hinein
erweitert wurden.

Mit dem Beginn dieser Lehrthätigkeit beginnt
dann für varnesi auch die Zeit selbständigen
künstlerischen Schaffens. Zn seinem Atelier in

*) Sämtlich veröffentlicht in ber „Zeitschrift bes Bayer.
Kunstgewerbevereins".

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