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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Die Jubläumsfeier des Bayerischen Kunstgewerbevereins, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0386

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Die Jubiläumsfeier des Bayerischen Kunstgewerbevereins.

druck gegeben hatte, ging das Spiel doch vor sich;
denn Hindernisse spornen den Künstler nur zu um
so energischerem Thun an, — und wenn gar eine
dankbare Zuschauerschaft, darunter Prinzen und
Prinzessinnen, des Regens nicht achtet, durften's die
„Komödianten" erst recht nicht. Sie spielten „ein
sonderbar aimable auch lustsam pantomimo": „Des
Arlechino und der Tolombina Verlobnuß", »mit
Fleiss zum erstenmal auf-, fuer- und dargestellet,
auch aufif anakreontische Weis mit aussdermassen
suesser und anmuthiger Musica aussgezieret«.

Ts war die alte Geschichte von dem verliebten
paar, dessen Verbindung durch Dritte vereitelt werden
will, aber doch schließlich durch einen Machtspruch

— hier der Frau Arta, der Mutter der Tolombina

— gutgeheißen wird. Kostüme und Scenerie, Anlage
wie Aufbau des Stückes und dessen Aufführung
paßten trefflich zusammen; hätte man nicht die
modern gekleideten, mit Regenschirmen bewehrten
Menschen daneben gesehen, man hätte sich um zwei
Jahrhunderte zurückversetzt fühlen können.

Der Abend nahte heran; aber an einen Aufent-
halt im Freien, wo Baurat Grässel die reizvollsten

Lichteffekte mit Hängelampen, Feuerobelisken u. f. w.
vorbereitet und Professor Hoch ed er die Tanzplätze
hergerichtet hatte, dachte niemand mehr ernstlich.
Alles suchte in den weiten Gelassen des herrlichen
Schlosses Schutz und Erquickung. So viel Menschen
haben diese Räume nie zugleich umschlossen, und
gerade die große Zahl der Menschen, die sich da in
dem unteren Vestibül und den anstoßenden Sälen, in
dem weiten Treppenhaus und auf dem oberen Vorplatz,
wie im Ahnensaal um die Tische gruppierte, oder an
die von Architekt R ö ck l reizvoll ausstaffierte Büffetts
drängte, gab einen Maßstab für die Schönheit und
Weiträumigkeit von Tnrico Zuccalis Meisterwerk; den
meisten Festteilnehmern wird das Innere des Schlosses
nie so groß erschienen sein wie an diesein Abend,
da — im Zeitalter des elektrischen Lichts — die
Tische nur durch Kerzen beleuchtet wurden, die teils
auf den Tischen standen, teils von den Wänden her
ihr spärliches, aber dafür um so mehr Stimmung
schaffendes Licht sandten. In munterer Unterhaltung
konnte man hier das Mißgeschick vergessen, das an
diesem Tag, dem schlechtesten der schlechtesten Woche
des Jahres, über dem Jubiläum waltete. Doch der

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