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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Herold, Wilhelm: Ein halbvergessenes Kunstwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0095

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(Etu halbvergesseues Kunstwerk.

der Maria durch Gott, den Vater, und den erhöhten
Gottessohn dar, der eine Flügel die Darstellung Jesu
im Tempel, der andere den Tod der Maria im
Rreise der Jünger. Die beiden Flügel des größeren
Schreins bringen die Verkündigung des Engels an
Maria, die Geburt Thristi, die Zusammenkunft der
Maria mit Elisabeth, der Mutter des Zohannes,
und die Huldigung der „hl. drei Röntge". Alle diese
polzreliefs zeugen von großer Lebhaftigkeit der
Empfindung; die Gruppen sind sehr wirkungsvoll
geordnet, die Raumverteilung ungemein harmonisch,
ja teilweise von vortrefflicher perspektivischer An-
schaulichkeit. Glücklicherweise war auch von den
feingegliederten polzornamenten, welche jedes der
sechs Reliefs oben abschließsn, soviel erhalten, daß
die Ergänzung nicht irren konnte. Den Glanzpunkt
des Ganzen bildet die Mittelgruppe: Maria, dem
Rinde einen Apfel vorhaltsnd, wonach dasselbe mit
frischer Geste zu greifen sucht; darüber zwei zier-

liche Engelsgestalten, die Mutter krönend; daneben
rechts die hl. Ratharina mit den: Schwerte, links
die hl. Barbara mit dem Reiche; über der Gruppe
wieder ein wunderbar fein stilisiertes Arabeskenwerk.
Die Rückseiten der Flügel trugen mit Ausnahme
eines einzigen kleinen guterhaltenen Predellaflügels
nur noch dürftige Spuren einstiger Bemalung; daher
war es unmöglich, aus den spärlichen Resten von
Gewändern und Gliedmaßen irgend ein Ganzes zu
rekonstruieren. Es mußte deshalb eine Übermalung
eintreten; man wählte hierzu Passionsbilder, um die
alte Sitte zu erneuern, daß der Altarschrein in der
Passionszeit geschloffen wird. A. Mayer fertigte
sehr gelungene Ropien nach den in Augsburg vor-
handenen Originalen Polbeins d. A., während die
feststehenden Flügel die Wappenschilder der mit der
Rirche von altersher in Beziehung stehenden Adels-
geschlechter von Tastell und von Münster als Schmuck
erhielten.

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