Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

DOI Artikel:
Jaumann, Anton: Ausstellungskunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0353

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ausstellungskunst.

63 n. Neues Theater in Kissingen. vc>n Max Litt mann, München.

läge später sicher aufbaueil zu können? .... Jede
kunstgewerbliche Ausstellung wird sich mit diesen ver-
zwickten Problemen auseinandersetzen und sich für
die eine oder andere Lösung entscheiden müssen.
Denn allen, oft sich gegenseitig ausschließenden For-
derungen gerecht zu werden, ist selbst diesen begei-
sterten Reformern uild Neuerern nicht ntöglich. Sache
des Publikums und der Aritik bliebe es nunmehr,
nicht unvernünftige Ansprüche zu stellen und die
besonderen Schwierigkeiten der Ausstellungsprobleme
nicht zu vergessen. Es allen recht zu machen, gelingt
dem am wenigsten, der jedem gefallen will, und nichts
ist leichter, als bei einer Ausstellung irgend einen
„berechtigteil Anspruch" unerfüllt zu finden. Wo der
eine das Volkstümliche vermißt, wird der andere
„unverzeihliche Aonzessionen" konstatieren u. s. f.

Der strenge Reformer wird gegen jegliche Aus-
stellung von Innenkunft ein gelindes Mißtrauen
hegen. Denn sie zwingt ihn immer, feine Räume
aus dem pause, für das sie gedacht und entworfen
sind, herauszureißen und in ein fremdes Ensemble
einzuordnen. Leine Absichten kann er nur dann
restlos und rein demonstrieren, wenn er ganze
Wohnhäuser erbauen und einrichten darf; sie sind
seine eigentlichen Ausstellungsobjekte; jeder Rauln,
jedes Möbel ist da durch das paus und dis Bedürf-
nisse der Bewohner bedingt. Die Ausstellung jedoch
verführt naturgemäß zu einem Ausstellungsstil. Ich

will nicht sagen, daß dieser an sich ein Abel. Im
Gegenteil, schon weil er notwendig, kann er ein
Übel nicht sein. Allein, Ausstellungsstil und Wohnungs-
stil sind doch im Grunde zwei recht verschiedene
Dinge. Bei unseren großen Ausstellungen wird in
der Regel ein Aompromiß versucht. Doch wäre auch
der Ausstelluugsstil als solcher heute ein noch sehr
entwicklungsfähiges und dankbares Reformobjekt.
Die Sezessionen haben ihre jährlichen Bilderrevuen
schon sehr vornehm zu gestalten gewußt, ohne jedoch
die Möglichkeiten auch nur entfernt zu erschöpfen.
Auch die Plakatkunst, die zum Ausstellungswesen
gehört, hat einen mächtigen Aufschwung genommen.
Aber die Bauten, die provisorischen wie die ständigen,
wollen noch viel zu oft Paläste imitieren oder antike
Tempel, statt mit einer spezifischen Ausstellungs-
architektur ehrlich und gerade ihren Zweck zu be-
kennen. Die Dekoration, die die Augen auf sich ziehen
und zum Besuche verlocken soll, hat noch wenig
neue und schöne Formen hervorgebracht. Desgleichen
die innere Ausstattung, die Aunst, die ausgestellten
Objekte durch einen schönen und günstigen Rahmen
in ihrer Wirkung zu unterstützen.

Man muß hier zwischen zwei Dingen unter-
scheiden: Auf der einen Seite ist die Ausstellung
der angewandten Aunst, des Aunstgewerbes, auf
der andern die künstlerische pebung des Ausstellungs-
wesens überhaupt, was ein Teil der angewandten

332
 
Annotationen