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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Lasser, Moritz Otto von: Das Kgl. Theater in Bad Kissingen: Architekten: Heilmann und Littmann, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0355

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Das Kgl. Theater in Bad Kisstngen.

626. Aus dem neuen Theater in Kissingen. von Max Littmann, München.

langt und jenes, und am Schlüsse will jeder Autor
heute sein eigens gebautes Theater — natürlich würde
dieses ihn allein nur selig machen — haben.

Für uns nun lautet die erwähnte Frage viel
einsacher. Wir fragen nicht einnml nach dem
modernen Theater; wir fragen nur: Was hat
ein Theater immer und überall zu fein?

Es sei Rahmen und Festraum.

Das verlor man nachgerade aus den Augen.
Vielleicht durch die Erzeugnisse der gegenwärtigen
Literatur, der das „Brettl" möglicherweise wirklich
ein besserer Rahmen wäre als ein straffgegliederter
Bau und die mit Festräumen erst gar nichts anzu-
fangen weiß, da sie uns keine „Feste" beschert, nur
Quälereien . . .

Allein die heutige Strömung, sie wird verebben.
Und wieder kommen wird der Aünstler, dessen Werk
„den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zer-
malmt". Aus der Flucht der Erscheinungen greift
er die perle auf, vom wirklichen Leben deutet er
zu den Toren der Ewigkeit; sein Lächeln ist voll
Trauer und sein Schmerz voll Büße, und so lädt er
uns stets zu Festen, von denen wir, sind sie vorbei,
Gold und Abglanz mitnehmen in den Alltag. Üb-
rigens, man kann auch anders sagen. Rann von

Bildern reden, die der Dichter entrollt.
Wie jene des Malers brauchen nun
auch die der Dichtkunst eine Fassung,
einen Rahmen und unsere Seele ein
Vorspiel der Schönheit, einen Festraum
eben, den Theatersaal — das Weihehaus.

Von selbst ergibt sich sonach, daß
die Architektur einenteils sich nicht vor-
drängen soll, durch Reichtum oder
Unruhe den Vorgang auf der Bühne
nicht erdrücken darf; andernteils frei-
lich wird Aargheit und Nüchternheit
am und im Theatergebäude auch nicht
am Platze fein. Ein Architekt, der ein
Theater erbaut, hat also keine leichte
Aufgabe. Er muß dekoratives Ge-
schick, er inuß Geschmack mitbringen,
praktische Forderungen mit Anmut er-
füllen, und es tut nur gut, wenn er
nacheinander Schauspieler, Musiker —
Weltmann ist, denn so wird er an:
ehesten Vollendetes geben. Denn mit
Aufwand, Pracht und Prunk ist es
hier, wie schon gesagt, nicht getan, und
nirgends vermag geistlose, konventio-
nelle Aunst mehr zu verletzen als im
Theaterraum. Für uns wenigstens
ist mit Gold, weißen Flächen, Mrna-
menten und Schnörkelchen die Sache nicht mehr zu
erledigen; eher paßt sich unserem Fühlen noch ein
einfacher, klar ausgeteilter Saal an und besonders,
wenn auch er ein Werk eines Aünstlers.

Deuteten wir mit diesen Worten darauf hin, daß
wir Einfachheit auch in Bühnenangelegenheiten
wünschen? Je nach dem einzelnen Falle ja und
nein. . . Denn es gibt ja verschiedene Theaterge-
bäude, die verschiedenen Zwecken zu dienen haben.
Eins jedoch darf man von ihnen allen beanspruchen:
daß das herbeigezogene und verwendete Rohmaterial
und Material, sowie die einzelnen Arbeiten einen
vornehmen Eindruck machen. Denn zu Festen pflegt
man nicht im Alltagskleide zu kommen, und deshalb
haben auch Zuschauerraum und Theatergebäude die
Verpflichtung, im Detail und in der Masse, in
Malerei, Skulpturen, in Gebrauchsdingen und auf-
wändigen Bildungen durch wirklichen Wert zu er-
freuen. Daß damit nicht kaufmännische, sondern
künstlerische Werte gemeint sind, versteht sich wohl
von selbst und auch unsere Forderung ist eigentlich
selbstverständlich, aber nicht überall kommt man ihr
in einwandfreier Weise nach.

Wir plauderten in den vorliegenden Zeilen ein
wenig über Theaterangelegenheiten; wir bemühen

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