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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Lasser, Moritz Otto von: Das Kgl. Theater in Bad Kissingen: Architekten: Heilmann und Littmann, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0356

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Das Agl. Theater in Bad Kissingen.

637. Aus dem neuen Theater in Kissingen; Zuschauerraum, von Max
Litt mann, München.

uns jetzt, so weit es unser Raum ge-
stattet, der neuen Schöpfung Professor
£ittmatt ns gerecht zu werden. Zu-
nächst ist da wichtig, zu erwähnen,
daß er an ein ganz bestimmtes Pro-
gramm gebunden war. Er hatte ein
kleines Theater für einen eleganten
Badeort zu schaffen. Als selbstherr-
licher Reformator in Bühnenangelegen-
heiten durfte er also hier gar nicht
auftreten —• eine sehr geschmackvolle
Lösung seiner Aufgabe hat er sich aber
nicht nehinen lassen. Und er schuf,
sich den Verhältnissen anschmiegend,
ein spezifisches kleines Theater ganz
aus den Bedingungen eines nur für
600 Kurgäste bestimmten, nur wäh-
rend des Sommers spielenden Theaters
heraus.

Uber das Außere desselben gibt
zwar die Abbildung Ausschluß, doch
sei das Bild durch das Wort inso-
ferne unterstützt, daß wir hervorheben,
wie glücklich der schmucke Bau in seine
Umgebung hineinkomponiert ist.

Auf den ersten Blick zeigt das
Gesamtbild — Gbjekt und Land-
schaft — das malerische Gefühl seines
Schöpfers; ein Künstler war eben am
Werke. Diese,n schien es auch ange-
n,essen und verdienstlich, bei der künst-
lerischen Formgebung seines Baues an
die wenigen Beispiele gesunder Bau-
weise anzuknüpfen und so aufmerksam
zu machen, wie man recht wohl in einem durchaus
modern gedachten Bau an das Alte anknüpfen
könne, ohne es in geistloser Weise zu kopieren.

Bevor wir nun eine Skizze des Innern zeichnen,
möchten wir noch auf einige praktische Neuerungen
im Theater aufinerksam machen. So wurde dem
Parkett eine größere als die sonst übliche
Steigung gegeben und die bis zum Proszenium
laufenden seitlichen Ränge vermieden. Der erste
Rang ist m vor dem proszeniumsbogen abge-
brochen und dadurch sind gerade an den Enden
desselben die allerbesten Plätze gewonnen
worden, während man sonst auf den Seiten-
plätzen derRänge nur mühsam einen Blick
auf die Bühne erhaschen kann.

Was das Innere des Theaters anlangt, so ist
es vielleicht am besten damit (und ebenso wie das
Theater) charakterisiert, wenn gesagt wird, die Hand-
schrift eines gewandten, eleganten, liebenswürdigen

Weltmannes tritt an ihn, deutlich hervor. Littmann
gibt sich näinlich da als solchen, und man sieht ihn auch
überall für eine Welt, die sich nicht langweilt (oder
wenigstens nicht langweilen möchte) denken, anordnen,
arbeiten. In ganz besonderer Weise hat er durch
seine Farbenauswahl die einzelnen Räume auf
ein Niveau erhoben, das am allerwenigsten mit dem
Worte gewöhnlich bezeichnet werden kann. Ich er-
wähne das Kassenvestibül, dessen Wände in silber-
grauer Terranova vorzüglich mit den rötlichen Sand-
steinplatten des Bodens Zusammengehen. Die Um-
gänge des Parketts, deren Wände in einem stumpfen
grünen Ton austreten, von dem sich die in italie-
nischem Nußbaumholz besonders sorgfältig durchge-
sührten Türen wirkungsvoll abheben, verdienen
ebenfalls Erwähnung. Weißgetönte Treppenhäuser,
blaugrüne Läufer, seidene Vorhänge an den Fenstern
und Vasen auf Podesten, Vornehmheit und edler
Schmuck begleiten uns des ferneren. Und treten wir

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