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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Vom Büchermarkt
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Vom Büchermarkt.

leitende Ausruf wohl be-
rechtigter lauten: Endlich
wieder einmal eine kunst-
wissenschaftliche Zeit-
schrift! Es sei von vorn-
herein betont, daß wir
die Vorzüge der am
meisten gelesenen deut-
schen Publikationen dieser
Art, das „Repertorium"
und die „Zeitschrift für
bildende Aunst" keines-
wegs unterschätzen; trotz-
dein ist aber auch der
Schattenseiten derselben
zu gedenken; diese be-
ruhen vorwiegend auf
der illustrativen Seite.
Die moderne Aunst-
sorschung bedarf als des
wichtigsten Hilfsmittels
eines ausgiebigen Ma-
terials an bildlichen Bei-
gaben, ein noch so be-
scheidenes Klischee sagt
mehr als die geistreichste Beschreibung. Nun bietet
aber das inhaltlich so reiche und wertvolle Reper-
torium in den allerseltensten Fällen eine Abbildung,
die Zeitschrift für bildende Aunst stattet zwar die
Aufsätze entsprechend aus, bietet auch zahlreiche
Neuschöpfungen der graphischen Aunst, kann aber
infolge der gesteckten Größenverhältnisse doch nur
einer beschränkten Anzahl von Abbildungen seine
Spalten öffnen, und nicht zum wenigsten scheint
hierdurch die Forschung deutscher Aunst zu leiden.
„Helbings Monatshefte für Aunst und Aunstwiffen-
fchaft", die berufen gewesen wären, eine empfind-
liche Lücke auszufüllen, stellten bedauerlicherweise
nach drei Zähren ihr Erscheinen wieder ein. Das
„Jahrbuch der preußischen Aunstsanimlungen" und
jenes der „Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses" nehmen eine Sonderstellung ein, sodaß sie
hier nicht weiter zu berücksichtigen sind. Nach dem
Gesagten erscheint es gerechtfertigt, von einein aus-
gesprochenen Bedürfnis nach einer kunstwissenschaft-
lichen Zeitschrift bedeutenderen Umfangs, größerer
Vielseitigkeit und umfassenderen Bildermaterials zu
sprechen.

Die neue Zeitschrift, der diese Zeilen sich wid-
men, zeigt, wie man im Auslande solchen Forde-
rungen gerecht zu werden sich bemüht und es dürfte
angezeigt fein, so lange wir etwas ähnliches ihr
nicht an die Seite zu stellen vermögen — und das

scheint vorerst noch gute Wege zu haben — mit
Nachdruck auf diese neue Publikation hinzuweisen.

The Burlington Magazine bietet in den seit
März sßOZ erschienenen Monatsheften eine fast un-
erschöpfliche Fülle interessanter Untersuchungen aus
den verschiedensten Gebieten der Aunst und des Aunst-
gewerbes. Um letzteres vorweg zu nehmen, sei
auf außerordentlich wertvolle Abhandlungen über
Spanisch-Maurische Töpferei, über Trinkgläser, Silber-
arbeiten, Porzellan, Erzeugnisse der Fabrik Stafford-
shire, Spitzen u. a. hingewiesen. Uber Buchillustra-
tion bietet Penell treffliche Aufsätze. Eine Abhand-
lung über orientalische Teppiche führt zu iuteressanten
ornamentalen Entwicklungssragen betr. der Suastika,
des Lebensbaumes, des Lotus und ähnlicher weit-
verbreiteter Ulotive. Ein reiches Abbildungsmaterial,
in verschiedenen zweckentsprechend gewählten Repro-
duktionsarbeiten unterstützt das geschriebene Mort.

Nicht weniger reich und mannigfaltig erweist
sich The Burlington Magazine Hinsichtlich der Ab-
handlungen über Malerei. Der Erkenntnis der
frühen Niederländer widmet sich ein reich illustrierter
Aufsatz über die Ausstellung in Brügge von U). h.
James lVeale. Der vortreffliche Berenson behandelt
den Alunno di Domenico, Mason perkins den
Sieneser Andrea Vanni. Von ganz besonderem
Werte muß uns aber die neue Zeitschrift deshalb
erscheinen, weil der deutschen Aunst ein verhältnis-
mäßig großer Anteil eingeräumt ist. Es sind hier
besonders die Untersuchungen Tampbell Dodgsons,
dem wir gleich Berenson und U)eale gelegentlich
auch im Repertorium begegnen, hervorzuheben. Er
befaßt sich mit den Holzschnitten des paus v. Aulm-
bach, bzw. des £). Knoblauch, dann mit p. S. Beham.
Das größte Interesse beansprucht er mit einer Unter-
suchung über zwei pandzeichuungen Dürers, Porträts
der Schwester des Markgrafen Kasimir von Aulmbach
und der Susanna, der Gemahlin Mit Heinrichs. Ulan
muß es aufrichtig bedauern, daß derartige Abhand-
lungen, die doch von hervorragender Bedeutung für
die deutsche Kunstgeschichte sind, nicht durch Publi-
kation in deutschen Zeitschriften die gewünschte Ver-
breitung finden, um so mehr aber erscheint es darum
gerechtfertigt, The Burlington Magazine den kunst-
liebenden, kunstpflegenden und kunstforschenden unserer
Leser wärmstens zu empfehlen. Neben der Kunst
älterer Epochen findet auch die neuere Berücksich-
tigung.

Es war uns nur darum zu tun, eine Übersicht
über das wichtigste des Inhaltes der neuen Zeit-
schrift zu geben; sie konnte nur eine ganz flüchtige,
oft nur eine summarische sein, in Anbetracht der Fülle
des Gebotenen. Die Ausstattung hinsichtlich Druck

s-ty. Entwurf zu einem
Siegelstock in Bronze von
3. !Vackerle, München.
 
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