Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

DOI Artikel:
Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0368

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lhronik des Bayer, Kunstgewerbevereins.

Lßronik i>e§ $m. Lunflgkwkrvkvkrkin§.

Paul Merk,

^ofjnrvelier und Handelsrichter,

f den 23. August (905.

Piaul Merk war geboren den 30. Juni ;852 als
Sohn des im Jahre (890 verstorbenen Hofjuweliers
<8. Merk; da er dereinst das väterliche Geschäft über-
nehmen sollte, so führten ihn nach beendeter Lehrzeit
weitere umfassende Studien von München fort und hielten
ihn besonders in Hamburg und Wien mehrere Jahre fest.
Unterbrochen wurde sein Berufsstudium durch die Militär-
pflicht, der er im Jnfanterie-Leibregiment schon als kaum
Siebzehnjähriger nachkam; freudigen Stolzes zog er
im Kriegsjahre hinaus und beteiligte sich an allen
Kämpfen seines Regiments, bis er am 2. Dezember bei
Loigny durch eine Kugel am linken Arm schwer ver-
wundet wurde. Trotzdem er dadurch am ungehinderten
Gebrauch der linken Hand beeinträchtigt war, blieb er
seinem Handwerk treu und übernahm Z890 das väter-
liche Geschäft. Aber das allein befriedigte ihn nicht;
sein Blick ging weiter, und obgleich er alles andere eher
war als ein Streber, so konnte es doch nicht ausbleiben,
daß er mehr und mehr sich in der (Öffentlichkeit betätigte,
daß er zu Ehrenämtern — zuletzt noch als Handels-
richter — beigezogen wurde ufw. In den Ausschuß des
Bayerischen Kunstgewerbevereins wurde er schon (889
gewählt, in den Vereinsvorstand (89?, und als bei der
Vorstandswahl des Jahres Z89? der bisherige Vor-
sitzende, Direktor <£. v. Lange, eine Wiederwahl ablehnte,
die beiden anderen Vorstände, Prof. G. v. Seidl und
Magistratsrat Hergl, ihre Ämter niederlegten, da war es
zunächst Merk, auf den der Verein seine Hoffnungen
setzte; er wurde zum 2. Vorsitzenden gewählt, während
die Stelle des z. Vorsitzenden einstweilen offen blieb. In
der nun folgenden Periode hat Merk mit starker, sicherer
Hand, mit klarem Blick für das Notwendige den Verein
durch allerlei Fährlichkeiten hindurchgeleitet, und als es
im Winter darauf gelang, Prof. v. Thierfch als f. Vor-
stand zu gewinnen, da blieb Merk als treuer Berater
und nie versagender Helfer diesem zur Seite, indem er
ihm einen wohlgemessenen Teil der Arbeit abnahm und
namentlich die Lösung der finanztechnischen Fragen sich
zur Aufgabe machte. Man merkte bald, welche Arbeits-
kraft der verein in feinem 2. Vorstand befaß, und als
Prof. 0. Thierfch den Vorsitz niederlegte, da erfolgte ein-
stimmig Merks Mahl zum f. Vorstand. Unter seiner
Leitung wurde eine Reihe von Neuerungen in die Wege
geleitet, deren Vollendung er leider nur teilweise erleben
sollte; weitere Zukunftspläne, die der Verstorbene hegte,
hat der plötzliche Tod für die nächste Zeit vereitelt.

Die wiederholte einstimmige Wiederwahl Merks
zum z. Vorsitzenden war das untrüglichste Zeichen der
Anerkennung seiner rastlosen Tätigkeit. Es bereitete ihm

in den letzten Jahren Kummer, daß nicht mehr alle
Kräfte des Münchener Kunstgewerbes wie eine große
Familie zusammetlhalten wollten; aber bei allen Mei-
nungsverschiedenheiten blieb er stets sachlich, und die
Liebe zum Verein war ihm Wegweiser.

Als Regierungsvertreter für die Nürnberger Landes-
ausstellung war er eifrig bemüht, dem Münchener
Kunstgewerbe die Stellung bei der großen Schau zu er-
ringen, die ihm gebührt, — und noch wenige Wochen
vor seinem Tode hatte er die umfangreichen Arbeiten
für den Deutschen Goldschmiedetag glänzend durchgesührt.

Merk erfreute sich wegen seines offenen, recht-
schaffenen Wesens allseits der größten Achtung; in wie
hohem Ansehen er auch gesellschaftlich stand, fühlte er
sich doch stets mit Stolz als Kunsthandwerker. Und
wahrlich, ein tüchtiger Kunsthandwerker, ein trefflicher
Mensch, lein treuer Freund und Familienvater ist mit
Merk in die Ewigkeit abgernfen worden.

Die Beisetzung Paul Merks, des Vereins Vor-
standes , fand am 25. August, nachmittags.i/25 Uhr,
statt; das ungewöhnlich zahlreiche Trauergefolgc bewies,
wie der Verstorbene in allen Kreisen gekannt und geehrt
war; vom Ministerpräsidenten bis herab zum Gold-
schmiedlehrling waren alle Stände, zahlreiche gemein-
nützige und gesellige Vereinigungen im Zuge vertreten.
Zur Seite des mit dem Raupenhelm geschmückten Sarges
schritten zehn Goldschmiedlehrlinge, in den Händen ver-
goldete, mit Lorbeerkränzen umwundene und verbundene
Stäbe. Das Grab selbst war nach Angabe Prof. Fr.
v. Thierschs von Hausverwalter Mitteldorf baldachinartig
überbaut; auf dem schwarzverhängten Hintergrund zeigten
sich zwischen Lorbeerkränzen und vergoldeten Früchten
die Embleme des Kunstgewerbes, während Kandelaber
mit Feuerbecken in Gemeinschaft mit reichem Pstanzen-
und Blumenschmuck die flüchtige Dekoration vollendeten.
Ein Trauermarsch geleitete die Menge zum Grabe, wo
nach der kirchlichen Feier der 2. Vereinsvorstand, Unter-
staatssekretär z. D. Prof. Vr. Georg v. Mayr, tief-
bewegt unter Niederlegung des wohlverdienten Lorbeers
der Verdienste des Entschlafenen »m den Verein in
folgenden Worten gedachte:

— 347 -
 
Annotationen