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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0369

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Hochausehnliche Trauerversammlung I Tieferschüttert
ergreife ich als Mitglied der verwaisten Vorstandschaft
das Wort, um im Namen des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins, dessen mitten aus vollster Lebensbetätigung vom
unerbittlichen Tod dahingcrafften ersten Vorstand, un-
serem lieben paul Merk, den letzten Scheidegruß zuzu-
rufen. Seit dem Tage, da unser unvergeßlicher Herr
v. Miller, der Vater unseres heutigen, blühenden baye-
rischen Kunstgewerbes, in die Gruft gesenkt wurde, hat
nicht wieder gleiche, tiefe Trauer um den Verlust des
geistigen Hauptes unseres Vereins uns alle erfüllt. Und
gerecht ist heute unser Schmerz. Unser fein- und ge-
meinsinniger Mitbürger Merk hat sein Wissen, Können
und sein ganzes geistiges und gemütvolles Sein in
treuester Hingebung in den Dienst des Bayerischen Kunst-
gewerbevereins gestellt. Seit nahezu zwanzig Jahren ist
er der unsere, schon im Jahre ,88A wurde er in den
Ausschuß gewählt, seit ;8Y? gehört er der Vorstand-
schaft an, zunächst als II. Vorstand und seit zyoz als
I. Vorstand. Nicht leicht war die Aufgabe, die unserem
Merk bei der Übernahme der Leitung des Vereins zu-
gefallen ist. Mancher Wandel der Strömungen und der
Strebungen hat sich seit den drei Jahrzehnten vollzogen,
in denen ich unser vereinsleben teils aus der Nähe,
teils aus der Ferne zu verfolgen Gelegenheit hatte.
Zur Zeit unseres vorhin schon erwähnten lieben alten
Herrn v. Miller, da war — wenn ich's in kurze Worte
kleiden darf — das alle unentwegt erfüllende Streben :
vereint niarschieren und vereint schlagen I Heute hat
sich der Baum der kunstgewerblichen Entfaltung mannig-
faltig und reichlich' verästelt; zuweilen braust es wie
Wirbelwind in dessen Zweigen, so daß die einen hier-
her, die anderen dorthin sich neigen. Mehr und mehr
drängt sich die neue Devise in den Vordergrund: Ge-
trennt marschieren, aber vereint schlagen l Zu Ehr' und
Lob unseres Paul Merk muß hervorgehoben werden,
daß er nicht bloß die Bedeutung dieser Entwickelung
erkannt, sondern mit vollster Überzeugung und treuester
2trbeit dafür eingetreteu ist, daß das, was das Knnst-
gewcrbe, was insbesondere das bayerische Kunstgewcrbe
einigt, mit Energie hochgehalten werde. So zu streben
und zu wirken, war niemand mehr berufen, als das
Hauxt eines der Förderung des bayerischen Kunst-
gewerbes gewidmeten Vereins, der auf eine lauge segens-
reiche geschichtliche Entwickelung zurückblicken darf.

Im einzelnen die reiche Arbeitstätigkeit unseres
Heimgegangenen Leiters darzulegen, ist hier nicht der
Grt. Nur darauf fei in Kürze hingewiesen, daß eine
reiche Fülle von Arbeit, darunter vieles, was seiner
eigenen kraftvollen Initiative entsprang, auf ihr lastete.
Nicht jedes Saatkorn kann reiche Frucht bringen: so
war es gewiß auch unserem Merk ein schmerzlicher Aus-
gang der in unserem Verein lange und ernstlichst ge-
hegten Pläne einer tieuen großen Heerschau des baye-
rischen Kuustgewerbes in München, als diese Pläne
schließlich sich nicht verwirklichen ließen. Aber unent-
mutigt hat der verstorbene noch in den letzten Monaten
seines Wirkens als Vertrauensmann des bayerischen und
insbesondere des Münchener Kuustgewerbes das Scinige

dazu getan, unr eine würdige Vertretung desselben auf
der nächstjährigen Nürnberger Zentenarausstellung in
die Wege zu leiten.

Ein äußerlich sichtbarer Erfolg des zielbewußten
Wirkens unseres Merk ist in der in so gelungener Weise
erfolgten Umgestaltung unserer Ausstellungshalle gegeben.
Diese Frucht vieler Mühe und Arbeit durfte der verlebte
noch voll heranreifen sehen — wohl mochte er gedacht
haben und wir mit ihm, daß er in den prächtigen und
zweckmäßigen Räumen mit samt dem trauten Gärtchen
noch viele Jahre Einkehr halten werde! — Gott hat
es anders gewollt. —

Nicht minder gewaltig, wie solche äußerlich sich
kristallisierende Eiuzelarbeit, ist aber die fortlaufende
Gesamtarbeit unseres Merk für den Verein, für sein
Blühen und Gedeihen i>u Einfluß auf die gesamte Aus-
gestaltung des Vereinslebens gewesen. Hier kam sein
durchdringender Verstand, seine künstlerische Begabung,
das Geschick des Kunsthandwerkers und die ganze Fülle
des Einflusses, den die charaktervolle Persönlichkeit zu
äußern vermochte, zur vollen Geltung.

Trauernd steht der verein am Grabe des Mannes,
der ihm ein Stück seiner besten Lebensarbeit gewidmet
hat. Aber wie die Sonne über die Wolken, so siegt über
die Trauer die überwältigende Empfindung des Dankes,
den wir für alle Zeit dein teueren Heimgegangenen
schulden. Wir wissen, daß wir in seinem Sinne
handeln, wenn wir im Schmerz uns aufraffen und an
seinein Grabe das Gelöbnis unentwegten treuen Strebeus
für das Wohl des bayerischen Kuiistgewerbes ablegen.
Unser iiinigstes Lmpfindeii aber ist es weiter, dem
teueren verlebteil besonders heute in dieser schwereil
Stunde den Zoll unserer unauslöschlichen Dankbarkeit zu
entrichten. Als äußeres Zeichen lege ich diescii wohl-
verdienten Lorbeer im Nainen des Bayerischen Kunst-
gewerbevereius am Grabe unseres Paul Merk nieder!

Möge Dir die Erde leicht seiii. — Nach rastloser
Arbeit ruhe aus in Frieden I


Gewerbestipendien. Aus einer iiiiter Verwaltung
des Magistrats steheildeii Stiftung gelangen für das
laufende Jahr an derzeitige oder ge we seiie Real-
schüler, die in Gberbayern beheimatet sind, Stipendien
von 50—200 M. zur Verteilung. Über die speziellen
Voraussetzungen, über die vorzulegenden Zeugnisse usw.
gibt das Ausschreiben, das uiisere vereiusmitglieder im
Vereinssekretariat einsehcn können, genaue Auskunft.
Gesuche um Zuteilung von Stipeildien muffen bis
spätestens ;o. November d. I. eingereicht werden.

verantw. Red.: j)rof. £. Gmelin. — herausgegeben von: Bayer. Aunstgewerbeoerein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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