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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft I (Januar 1908)
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Kolb, Gustav: Einladung zum Bezug von "Kunst und Jugend"
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Kolb, Gustav: Die Reorganisation unseres gewerblichen Fortbildungsschulwesens: ihre Bedeutung für das kunstgewerbliche Fachgebiet und dessen Lehrer, [1]: (Vortrag auf der Generalversammlung der Württ. Zeichenlehrervereine in Stuttgart am 30. Dezember 1907)
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0006

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klären suchen. Unsere Leser kennen den Standpunkt der Schriftleitung. Es ist
der einer entschiedenen aber doch zugleich massvollen Reform, entschieden hin-
sichtlich des Standpunkts, aber massvoll in den Forderungen. Alle ungesunden
Bestrebungen und übertriebenen Forderungen müssen bekämpft werden. Anderer-
seits muss aber auch die ganze Kraft eingesetzt werden, dass wir des so schwer
errungenen Guts nicht wieder verlustig gehen, dass wir nicht wieder zurücksinken
in den öden Schematismus früherer Zeiten.
Es gilt nun vor allem, unsere Bestrebungen in ein breiteres Bett überzuleiten.
Das letzte Jahr hat behördliche Massnahmen gebracht, die dies ermöglichen wer-
den. Sowohl in Württemberg wie in Baden wurde der obligatorische Zeichen-
unterricht für die Volksschulen festgelegt. Das bedeutet einen grossen Fort-
schritt. Nunmehr tritt aber an die Lehrer dieser Schulen mit zwingender Not-
wendigkeit die Forderung heran, sich mit den neuzeitlichen Zeichenunterrichts-
bestrebungen auf dem Laufenden zu erhalten. Die ,,Kunst und Jugend“ will hierauf
ein besonderes Augenmerk richten und in jeder Nummer ein Lehrbeispiel „für
einfache S chu 1 verhältniss e“ in Wort und Bild vorführen. Sie hofft damit,
vor allem auch dem unerfahrenen Lehrer, einen Dienst zu erweisen und ihm eine
sichere Wegleitung zu bieten. Der neue Jahrgang wird neben den schwarzweissen
und tonigen Illustrationen auch einige farbige Beilagen bringen, die ebenfalls
der „Kunst des Kindes“ entnommen sind. Es werden dabei keine Kosten ge-
scheut, und das Beste wird geboten werden, was die neuzeitliche Vervielfältigungs-
technik zu leisten imstande ist. So hoffen wir, unsere Wirksamkeit stets reicher zu
gestalten, damit wir dem Ziele immer näher kommen, dass es in Zu-
kunft kein Schulhaus mehr gebe, in dem die Kunst der Jugend vor-
enthalten wird. Die Schriftleitung.

Die Reorganisation unseres gewerblichen Fortbildungsschul-
wesens. Ihre Bedeutung für das kunstgewerbliche Fachgebiet
und dessen Lehrer.
(Vortrag’ auf der Generalversammlung der Württ. Zeiclrenlehrervereine in Stuttgart
am 30. Dezember 1907.)
Verehrte Anwesende! Wer die kulturelle Entwicklung Frankreichs an der
Hand seiner Geschichte verfolgt, wird sich auch für die Frage interessieren, warum
und wieso es gekommen ist. dass dieses Land jahrhundelang das künstlerische
und materielle Uebergewicht über alle anderen Nationen besass.
Die Antwort hierauf gibt uns die Geschichte Ludwig XIV, dessen Minister
Colbert durch seine beispiellose Organisationstätigkeit auf dem Gebiet der Kunst
und des Gewerbes Frankreich emporgehoben hat.
Wir lesen von seiner diesbezüglichen Tätigkeit: „Das Handwerk und die
Kunst wurden organisiert. Die Zünfte erhielten besondere Vorrechte. Die Anzahl
der Lehrlinge, die ein Meister halten durfte, wurde beschränkt, Vorschriften über
Gesellen- und Meisterprüfungen erlassen und besondere Bestimmungen getroffen
gegen die Verlotterung der Technik. Die bestmögliche Ausführung der Erzeugnisse
wurde durch Staatsedikte gefördert. Inspektoren sorgten für die Durchführung
dieser Gesetze. Jährlich traten Fabrikanten und Handwerker im Conseil de Com-
merce zur Beratung zusammen. Um vorbildliche Arbeit zu schaffen, neue Versuche
anzustellen, richtete er Staatsateliers und Manufakturen ein, die noch heute Welt-
ruf haben wie z. B. die Manufaktur der Gobelins und diejenige von Sevres. Beson-
ders lag ihm aber die Heranbildung des Nachwuchses am Herzen, für den er durch
die Errichtung von Schulen sorgte. Weltberühmt ist die Ecole royale des meubles
de la couronne geworden, von der eine wahrhaft verschwenderische Befruchtung
auf alle Gebiete der Industrie des Landes sich ergoss.“
V. A.! An diese Bestrebungen Colbert’s werden wir lebhaft erinnert, wenn
wir unsere staatlichen Organisationsbestrebungen der letzten Jahre auf dem Gebiet
der Kunst und des Gewerbes ins Auge fassen. Der Parallelen gibt es da so viele,
 
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