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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft XI (November 1908)
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Umschau. Der Verein Sächsischer Zeichenlehrer
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Kolb, Gustav: Verein Württ. Zeichenlehrer
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0130

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118

„Halten Sie es für ratsam und nötig, in allen Klassen der höheren Schulen dem
Zeichenunterricht Raum zu geben“
war für mich deren Beantwortung in dem Sinne, wie er unter Nr. 125 der die einge-
gangenen Antworten enthaltenden Sammlung wiedergegeben ist, keinen Augenblick
zweifelhaft.
Wenn auch als Laie, so glaubte ich mich doch zu der in meinen Antworten zum
Ausdruck gebrachten bestimmten Stellungnahme auf Grund langjähriger Erfahrung als aka-
demischer Lehrer im In- und Auslande nicht allein berechtigt, sondern im Interesse der
Erziehung und Ausbildung unserer deutschen Jugend selbst verpflichtet.
Auch heute kann ich, meine hochgeehrten Herren, indem ich der durch Ihren Herrn
Vorsitzenden an mich ergangenen ehrenvollen Aufforderung Folge gebe, nur als Laie zu
Ihnen sprechen und könnte Ihnen in dieser Eigenschaft nur in Kürze die Erfahrungen als
Material mitteilen, wie ich sie an mir selbst und in einer mehr als zwanzigjährigen aka-
demischen Tätigkeit an deutsch- und fremdsprachigen Hochschulen Deutschlands und des
Auslandes, an einem etwa acht Nationalitäten entstammenden Schülermateriale, zu sammeln
Gelegenheit gehabt habe. (Fortsetzung folgt.)

Verein Württ. Zeichenlehrer.
Nachrufe. — Der Tod hat in den letzten zwei Monaten reiche Ernte unter den württ.
Zeichenlehrern gehalten. Wie schon in Heft X mitgeteilt wurde, starben Zeichenlehrer
H e y 1-Rottweil und Professor V o ge 1-Göppingen nach längerem Siechtum; nun müssen wir
noch den Tod des Professors H ö g g-Stuttgart berichten. Dem Andenken dieser Kollegen sollen
folgende Zeilen gewidmet sein.
Kollege Oberreallehrer Fis cli e r-Gmünd, ein Studienfreund Heyls, teilt uns mit:
„Heyl wurde 1860 in Ulm geboren, besuchte die Realschule und kam dann zum Bildhauer
und damaligen Zeichenlehrer Heyberger in die Lehre. Dann besuchte er mehrere Jahre
lang die Kunstschule in Stuttgart und hierauf die Kunstgewerbeschule, wo er 1886 die
Diplomprüfung für Zeichenlehrer machte. Er war dann bis zu seiner Anstellung 1894 in
Rottweil an der Münsterbauhütte in Ulm als Bildhauer tätig, wo er sich namentlich bei der
Ausführung des grossen Holzmodells des Münsterturms und bei der Restauration des Sakra-
mentshäuschens verdient machte. Heyl war eine stille Natur, er war in der Oeffentlichkeit
wenig bekannt, doch hatte er ein feines Kunstverständnis, das sich besonders in der Liebe
zur Kunst der Alten äusserte. Ich war mit Heyl seit der frühesten Jugend befreundet und
schätzte ihn stets als guten Freund und Kollegen. Besonderes Vergnügen machte es uns,
wenn wir in den Ferien in Ulm zusammentrafen, wo wir alle malerischen Winkel aufstöberten
und unsere sonstigen Erfahrungen austauschten. Heyl war etwa seit 5 Jahren verheiratet
und hinterlässt einen Knaben.“ Kollege Heyl war, trotzdem er 12 Jahre in Rottweil ange-
stellt war, nicht pensionsberechtigt, seine Witwe bezieht daher keine Pension, sondern nur
ein Gratial; auch ein Beitrag zur Geschichte des württ. Zeichenlehrerstandes.
Professor Vogel wurde am 30. Sept. 1833 in Bothnang geboren, absolvierte em mehr-
jähriges Studium an der Technischen Hochschule in Stuttgart und kam 1865 nach Göp-
pingen, wo er bis zu seiner Pensionierung (im Jahr 1902) eine gesegnete Wirksamkeit an
der Oberrealschule und gewerblichen Fortbildungsschule entfaltete, die seitens derGemeinde-
und Staatsbehörden und seiner zahlreichen Schüler die verdiente Anerkennung fand. Besonders
als Modelleur leistete er Hervorragendes. Seine Wirkungszeit begann während der Tätigkeit
des um das wiirttembergische gewerbliche Schulwesen hochverdienten Präsidenten der
Zentralstelle v. Steinbeis. Dieser weitschauende Mann brachte den Zeichenlehrern grossse
Wertschätzung entgegen, was überall zum Ausdruck kam. Wie sehr ihm die Fortbildung
der Zeichenlehrer am Herzen lag, geht daraus hervor, dass er gemeinschaftlich mit denselben
Studienreisen unternahm. Von einer solchen nach Genf und Wien erzählte Prof. Vogel noch
in seinen alten Tagen mit Begeisterung. Leider geriet nach dem Tode Steinbeis’ das gewerb-
liche Schulwesen in einen Zustand der Erstarrung, was sich überall bemerkbar machte, auch
in der Stellung der Zeichenlehrer, die es zu keiner Regelung ihrer Gehalts- und dienstlichen
Verhältnisse bringen konnten. Wie sehr der Einzelne unter dieser verworrenen Lage zu
leiden hatte, davon konnte der Verstorbene ein Klagelied singen. Er musste jahrzehntelang
einen Kampf mit Gemeinde- und Staatsbehörden führen, bis ihm die pensionsberechtigte
Anstellung, gewährt wurde, die sonst jedem Beamten und Lehrer mit seiner definitiven
Anstellung von selbst zufällt. Dabei war dem Verstorbenen ein besonders reiches Mass an
Pflichten zugeteilt. Er hatte viele Jahre lang 30 Wochenstunden zu erteilen und den
„offenen Zeichensaal“ zu leiten. Ein grosser Bruchteil dieser Stunden, beinahe die Hälfte,
bestand zudem noch in Nacht- und Sonntagsunterricht; kein Wunder, wenn der geplagte
Mann mit zunehmendem Alter diese ungewöhnliche Arbeitslast als eine schwere Bürde
empfand, die seine Gesundheit fühlbar beeinträchtigte. Prof. Vogel war ein biederer, offener
und nobler Charakter. Besonders ausgeprägt war seine Gerechtigkeits- und Wahrheitsliebe.
Sein Tod, dem eine lange, schwere Leidenszeit vorausging, erfolgte während der Sommer-
ferien (30. Ang.). Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, dass bei derBeerdigung der Verein Württ.
 
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