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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft IX (September 1908)
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Hahn, Robert: Dritter Internationaler Kongress zur Förderung des Zeichenunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0096

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86

wärmenden Sonnenschein. Als wir erwachen, ist bereits Englands Küste sichtbar.
Hell leuchten die Kreidefelsen herüber. Hunderte von Schiffen tauchen auf; viele
kreuzen unsern Weg. Ein golden glühender Streifen legt sich zwischen uns und das
Land. Er rührt von einer Sandbank. Drei Masten ragen daraus hervor. Es sei
ein grösseres Frachtschiff, das vor einigen Tagen hier im Nebel mit einem Dampfer
zusammengestossen und untergegangen. Endlich nach acht Stunden Queenboro,
das Ziel unserer Fahrt. Es ist Ebbe eingetreten und so müssen wir vom obersten
Deck aus an Land gehen. Der Zug steht schon lange bereit. Endlich gehts hinaus!
Das also ist das stolze Eiland! Zunächst geht’s durch Düne, Sumpf undHeide.
Der Abend ist wun-
derbar. Eben taucht
der glühende Son-
nenball in den Dunst
am Horizont, in der
Lagune sich spie-
gelnd. Dann fährt
man lange durch
Obstgärten, aber die
Bäume stehen heuer
leer. Gehöfte und
Dörfer beleben die
weichen Linien der
Landschaft. Charak-
teristisch treten die
altersgrauen stump-
fen Kirchtürme her-
aus, die wie trutzige
Bergfriede unserer
mittelalterlichen
Burgen aussehen.
Jetzt ist der Bahn-
körper lange in Fel-
sen gehauen. Plötz-
lich funkeln zu un-
seren Füssen die
Lichter von Chat-
ham. Dann stille
Landschaft. Inzwi-
schen ist es völlig
Nacht geworden.
Jetzt wieder Lichter,
links und rechts.
Immer intensiver
wird das Gefunkel,
immer lauter das
Kauschen, immer geschäftiger das Treiben in den Strassen zu unsern Füssen. Das
muss die Weltstadt sein, die wir als Ziel erkoren. Endlich Viktoria-Station!
Kichtig, da steht auch schon unser wackerer Mr. St. aus Aalen. Nach kurzer
Begrüssung steigen wir in ein Auto und hinaus geht’s in ein Gewühl von Menschen,
Pferden und Wagen, wie es die Welt nirgends wieder kennt. Doch in aller Seelen-
ruhe raucht der Führer seine kurze englische Pfeife, und mit sicherer Hand bringt
er uns zum Ziele.
Den kommenden Tag (Samstag) nutzen wir dazu, um uns in London ein
wenig umzusehen. Erste Enttäuschung: nirgends ein wirklich moderner Bau! Was
bieten in dieser Beziehung Stuttgart und Karlsruhe! Immerhin fanden wir unter
Mr. St. sachkundiger Führung gutes Bayrisches im Gambrinus. — Nachmittags

Figur 1.
 
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