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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft XI (November 1908)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Für einfache Schulverhältnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0126

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reihung und Gegenüberstellung der verschiedenen Formen zu scharfer Beobachtung
in besonderem Masse angeregt wird. Die Formen nähern sich mehr und mehr
der Kugel. Unsere Lehrmittelsammlung enthält eine weissgestrichene grosse Kugel,
sowie eine Eiform. Diese werden im geeigneten Moment (vergl. Abbildung) vor
den Schülern aufgestellt, besprochen und gezeichnet. Dadurch gelangt der Schüler
ganz zwanglos, im engsten Anschluss an interessante Naturformen, zur klaren Von
Stellung dieser wichtigen Grundformen. Selbstverständlich muss jeder Kürbis, ehe
er gezeichnet wird, kurz besprochen werden nach seinen charakteristischen Merk-
malen. Man wird dabei finden, dass die Mehrzahl der Schüler Wichtiges oft über-
sieht und Nebensächliches, wie eine Narbe, besonders betont. Dann ist auch auf
den Stiel hinzuweisen, der, entgegen anderen Früchten am dicksten ist, wo er aus
der Frucht herauswächst. Auch ist er kantig und nicht rund wie der des Apfels,
der Birne oder der Zwetschge. Material: Kohle und Packpapier oder weicher Blei-
stift und weisses Papier. Abbildung 2 zeigt eine Arbeit, wie sie von einem Durch-
schnittsschüler des dritten Zeichenjahrs (bei 2stündigem Unterricht in der Woche)
gefordert werden kann. Zeit 4—5 Stunden. Methodischer Gang: Der Kürbis

Abbildung 3.


wird vor den Schülern aufgestellt und kurz besprochen. Dass er birnförmig ist,
fällt selbst dem unbegabtesten Schüler sofort auf. Nun wird der Kürbis weg-
genommen und aus dem Gedächtnis gezeichnet, (s. Zeichnung links oben.) Damit
der Schüler rasch zu einem Vergleich der Naturform mit seiner Gedächtniszeichnung
geführt wird, lasse ich — ohne Benützung des Gummis — eine ebenso grosse
Skizze nach der Natur zeichnen, (s. die mit N bezeichnete Zeichnung.) Hierauf
beginnt das eigentliche Studium, wobei dem Schüler der Darstellungsweg zu zeigen
ist, der am raschesten und sichersten zum Ziel führt und eine charakteristische
Wiedergabe gewährleistet. Das ist vor allem der Entwurf der Zeichnung in der
Blockform. Der Lehrer wird die Gesamtform unter Mitwirkung der Schüler nach
seinen Hauptbestandteilen analysieren und die Blockform mit wenigen flächigen
Linien an der Wandtafel entwerfen. Nachdem die Zeichnung ausgewischt wurde,
zeichnet nun der Schüler selbständig den Kürbis, wobei er entsprechend der Vorzeich-
nung von der Blockform auszugehen hat. Nun kann man zur Schattierung über-
gehen. Wenn ich den Schüler hier sich selbst überlasse, wie manchmal auch schon
verlangt wurde, so wird er ganz verworrene, unklare, unplastische Zeichnungen
liefern. Wie ist nun vorzugehen'? Vor allem, man lehre den Schüler den Körper-
schaften als grosse, geschlossene Masse aufzufassen und darzustellen. Das ist besonders
im Anfang durchaus nicht leicht, da wir im Schulzimmer zerstreutes Licht haben,
die Schattengrenzen also nur unbestimmt zu sehen und zu erkennen sind. Der
Schüler muss aber gerade diese Schattengrenzen des Körperschattens als bestimmte
Linie sehen und darstellen lernen. Dabei wird mir meine weissgestrichene Kugel
 
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