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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft XII (Dezember 1908)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Für einfache Schulverhältnisse
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Das deutsche Bilderbuch von heute
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0141

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127



Abbildung 5.

Abbildung 6.

sie auch in einfachen Schulverhältnissen
Man versuche es einmal zunächst mit besseren Schülern,
entsprechend, die weit ins graue Heidenheim
und
der
Das
und

selbst. Wir wissen ja: das Verständnis der Kunst führt zu dem der Natur, und noch mehr
umgekehrt; wer Kunstwerke verstehen lernen will, muss zunächst die Schönheit der Natur
sehen und fühlen lernen. Deshalb führe ich meinen Schülern im Zusammenhang mit den
Zeichenübungen gute Winterbilder vor wie z. B,
Bieses wundervolle Kapelle, um die die schnee¬
bedeckten Bäume stehen. Grossen Wert legen
wir auf Spaziergänge, die man mit den
Schülern unternimmt. Wem es irgendwie möglich
ist, der sollte dies auch im Winter nicht unter¬
lassen. Man merkt dabei, wie wenige Kinder auf
dem Land und in der Stadt mit sehenden Augen
die Welt um sie her betrachten. Wie wenige
beobachten von sich aus, dass ein Schneefeld bei¬
spielsweise nicht weiss ist, sondern alle Farben
des Sonnenlichtes oder der Wolken, die über ihm
schweben, reflektiert, wie wenige sehen — obwohl
dies auffallend genug ist — dass an sonnigen
Tagen die auf das Schneefeld fallenden Schlag-
schatten der Gegenstände ausgesprochen blau sind,
eben weil sie ein Spiegelbild des blauen Himmels
sind. Wie wenige kennen dann den Zauber eines
Winterabends, wenn die ersten Sternlein zu
flimmern beginnen und die heimatlichen Woh¬
nungen friedlich eingebettet im weiten Schneefeld
liegen! Wie traulich schimmern die Lichter der
hellerleuchteten Fenster durch die Dunkelheit und
wie wohlig ist dann das Gefühl, eine solche warme
liebe Heimstätte zu haben. An solchen Winter¬
abenden sind die meisten unserer schwäbischen
Dörfer voll lieblicher Poesie, und derartige An-
blicke gehören zum holdesten, was die deutsche
Landschaft bietet. Zum Schluss sei noch auf
Abbildung 9 hingewiesen. Diese Pflanze, die in¬
mitten der schlafenden Natur frisch und grün
geblieben ist, hat so klare einfache Formen, dass
mit Erfolg gezeichnet werden kann.
In England hängt man, einer uralten Sitte
zurückreicht, den Mistelzweig über die Türe
wer diese Schwelle überschreitet, dem gilt
fromme Wunsch: „Friede sei mit Dir!“
möchte auch der Schriftleiter von „Kunst
Jugend“ am Schluss dieses Jahrganges angesichts
des nahenden Weihnachtsfestes allen lieben Lesern
zurufen. _ G. Kolb.

Das deutsche Bilderbuch von heute.
Dass unsere Augenkultur nach einer Periode des
entsetzlichsten Tiefstands auf verschiedenen Ge¬
bieten in aufsteigender Linie sich bewegt, das
lehrt uns auch ein Blick auf den Bilderbuch¬
markt, den das herannahende Weihnachtsfest
vor unsern Augen erstehen lässt und der besonders
diesmal sehr erfreuliche Erscheinungen auf weist.
Wenn Künstler vom Rufe eines Hans Thoma es
nicht gering achten, ihre hohe Kunst in den Dienst
des Kindes zu stellen, dann muss das künstlerische
Niveau eines Gebietes steigen, das noch vor nicht
gar langer Zeit nur der Tummelplatz einiger
trockener Philister und unzulänglicher Dilettanten
war. Frankreich und besonders England waren
im Bilderbuch uns immer voran, und wurden darum
häufig bei uns auch nachgeahmt; nun aber hat die
deutsche Kunst Werte geschaffen, die sich neben
diesen fremden kecklich sehen lassen können, und
das beste daran ist; es sind durchaus eigene
Werte. Aber nicht nur in künstlerischer
Richtung hat das deutsche Bilderbuch solch grossen
Fortschritt gemacht, das hätte nicht genügt, denn dieses Gebiet ist zunächst für das
Kind da und nicht für die Erwachsenen. Ebenso gross ist der pädagogische Fortschritt,
der aber diesmal, wie immer bei Reformen, weit abführt von der herkömmlichen Pädagogen-
 
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