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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0032

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45 Vermischtes. —

Spitze des künstlerischen Fortschritts marschiren, wodurch
lediglich ein Proletariat geschalten wird, geistig und physisch.
Nur dem Schönen gehört die Zukunft. Dazu kommt der
Wahnsinn, die erdrückende Last der Ausstellungen, früher
prunklose, heute prunkvolle Beerdigungsanstalten, welche
die Kunstproduktion entwerten und eine Menge von Künst-
lern dem Verfall 'entgegentreiben. Wenn ich 2000 Bilder
anschaue, so ist es gerade, wie wenn ich 2000 Musikinstru-
mente höre. Mehr praktische Schulung ist notwendig. Wer
nur theoretisch das Schwimmen gelernt hat, wird im Wasser
untergehen. Wenn praktische Aufgaben herantreten, wie in
letzter Zeit die Anfertigung der Dekorationen zu den Wagner-
Opern, so müssen, obwohl München über 2000 Maler hat,
diese Bestellungen in Wien gemacht werden."

*** Gegen die modernen Naturalisten hat sich Ge-
heimrat Dr. Max Jordan, der kommissarische Direktor der
Berliner Nationalgalerie und Dezernent für Kunstangelegen-
heiten im Kultusministerium, in einer Rede scharf ausge-
sprochen, die er am 15. Oktober bei der Einweihung des neuen
Heims des Vereins der Künstlerinnen in Berlin gehalten hat.
Nachdem er die Wichtigkeit der Tradition in der Kunst be-
tont und dargelegt hatte, wie in Deutschland sich häufig
Gegensätze abgelöst, fuhr er fort: „Es gewinnt jetzt den An-
schein, als ob eine junge Generation, eine eigentümlich al-
ternde Jugend, sich wiederum von allen Traditionen loslösen,
einen direkten Weg bloß durch die Natur zur Kunst finden
wolle. Es sind dies die Propheten der Hässlichkeit, des Kleinen
und Nebensächlichen, die sich lediglich auf Nachahmung der
Natur berufen. Die Nachahmung aber bleibt immer unter dem
Original und ist schließlich zwecklos. Man sollte fast meinen,
als wollte uns diese Richtung glauben machen, es gebe über-
haupt ein Kunstwerk, ohne dass der menschliche Geist und
das menschliche Herz daran mitgewirkt haben. Ich glaube,
man kann dieser irregehenden Richtung unserer Tage nicht
besser begegnen, als indem man die Kunstlehre des Lionardo
da Vinci im Vergleich mit dem, was er als Künstler geleistet,
ihr entgegenhält. Lionardo da Vinci ist der modernste aller
Maler, die es giebt; an Zeichnung ein Menzel, an Größe der
Auflassung nur mit den ersten Größen vergleichbar, hat er
in seiner Kunstlehre die Natur zur alleinigen Richtschnur
gemacht. Studiren soll der Künstler alles in der Natur,
aber gebrauchen kann er nur das große Allgemeine, das für
seine geistigen Zwecke dienlich ist. Alle die Feinheiten, die
heute als neue Entdeckungen gepriesen werden, Pleinair und
was alles dazu gehört, hat schon Lionardo da Vinci beob-
achtet; aber er wusste sehr wohl, dass der Künstler, um ein
Kunstwerk zu schaffen, nicht sein unmittelbares Studium
verwenden kann, und darum atmen seine Werke, obgleich
die Natur ihnen als Vorbild gedient, trotzdem die höchste
Idealität. In unserer heutigen modernen Richtung liegt ein
Verwechseln des geschichtlichen Interesses an der Erschei-
nung mit dem künstlerischen, und erst wenn das überwunden
ist, können wir hoffen, dass diese jungen Kräfte als er-
frischende Elemente in den Gang der Entwickelung eingreifen
werden."

%• Bei dem kaiserlich deutschen Archäologischen In-
stitut werden alljährlich vier Reisestipendien für klassische
Archäologie vergeben. Diese Stipendien waren bisher nur
innerhalb dreier Jahre nach abgelegtem Oberlehrer- oder
Doktorexamen oder nach dem zuletzt von diesen beiden ab-
gelegten Examen zugänglich. Soweit es statutenmäßige Ab-
sicht war, die Stipendien auch an Gymnasiallehrer zu ver-
leihen, erschien diese Präklusivfrist nach den im Laufe der
Jahre gemachten Erfahrungen nicht immer zweckmäßig. Es
hat daher, wie der „Reichsanzeiger" mitteilt, mit Geneh-

Vom Kunstmarkt. 4g

migung des Kaisers das Statut bis auf weiteres eine Ände-
rung dahin erfahren, dass alljährlich eins der vier genannten
Stipendien mit Wegfall jener Präklusivfrist an Gymnasial-
lehrer vergeben werden kann, die an einem öffentlichen
Gymnasium des Deutschen Reichs fest angestellt und in
Lehre und Wissenschaft besonders bewährt sind. Das Sti-
pendium kann zu diesem Zwecke in zwei halbjährige, jedes
zu 1500 M., zerlegt werden zu einer im Wintersemester
spätestens am 1. Dezember anzutretenden halbjährigen Stu-
dienreise. Anstatt der von den übrigen Bewerbern gefor-
derten Zeugnisse von Universitäten oder Professoren hat der
Bewerber um dieses Halbjahrsstipendium ein Zeugnis seiner
vorgesetzten Behörde sowohl über seine bisherige Amtswirk-
samkeit, als auch darüber beizubringen, dass im Falle der
Stipendienverleihüng auf die Erteilung des erforderlichen Ur-
laubs gerechnet werden könne. Die Bewerbungen um das
am 1. Oktober jeden Jahres fällige Stipendium müssen vor
dem vorangehenden 1. Februar an die Centraidirektion des
kaiserlichen Archäologischen Instituts (Berlin, W. Cornelius-
straße 2J eingesandt werden.

VOM KUNSTMARKT.

x. Der Kunsthändler Franz Meyer in Dresden hat soeben
einen Katalog seines Kunstlagers erscheinen lassen, der eine
reiche Sammlung von Kupferstichen, Radirungen und Holz-
schnitten aus verschiedenen Schulen und Zeitepochen ent-
hält und den Kunstsammlern jedenfalls ein angenehmes Aner-
bieten machen dürfte. Es ist wahr, dass manche Preise
nicht billig erscheinen, aber man muss bemerken, dass sehr
seltene, kostbare und schön erhaltene Blätter solche Preise
im allgemeinen in die Höhe bringen. Dagegen finden Sammler,
die nach Seltenheiten nicht jagen, in den reichen Samm-
lungen auch treffliche geschätzte Abdrücke für entsprechend
billige Preise. Unter den kostbarsten Blättern der frühen
Zeit findet man viele Schönheiten, wie z. B. unter den deut-
schen Meistern von Dürer, Holbein, den Kleinmeistern, von
holländischen und italienischen Stechern eine reiche Anzahl
der herrlichsten Blätter.

Der Antiquar K. W. Ricrscmann in Leipzig versendet
soeben einen Katalog (Nr. 114) über Trachtenkunde, der in
seiner bekannten gefälligen Ausstattung nicht verfehlen
wird, bei allen Büchelsammlern Interesse zu wecken. —
Der Katalog gliedert sich in folgende Abschnitte: 1. Allge-
meine Werke zur Trachtenkunde. 2. Historische Trachten
3. Volkstrachten. 4. Trachten des europäischen Orients und
der außereuropäischen Länder. 5. Phantasie-, Theater- und
Maskenkostüme. Jede Abteilung tritt in gleichmäßiger Reich-
haltigkeit auf; bei dem Obergreifen der Trachtenkunde in
das große Gebiet der allgemeinen Kulturgeschichte (von den
älteren Kostümwerken sind doch nur wenige ad hoc gear-
beitet), findet auch der Sammler kulturgeschichtlicher
Denkmale in dem Katalog genug des Begehrenswerten. Be-
sonders wollen wir aber auch auf die Prachtstücke hinweisen,
deren jede Abteilung einige enthält; es sind Sachen darunter
die das Entzücken jedes Bibliophilen bilden: Die famose
Galerie agreable du Monde (1729 bei v. d. Aa in Leiden er-
schienen), heute fast ein Unikum zu nennen; die mittelalter-
lichen Miniaturwerke, das Ceremonial of the royal coronation
of George IV. u. s. w. — Schließlich wollen wir noch der
trefflichen Kollektion in- und ausländischer Modezeitungen
und Kalender gedenken, die der 2. Abschnitt bringt.
 
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