Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

DOI Artikel:
Die Ausstellung und der Kongress für Maltechnik in München
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0035

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
51

Die Ausstellung und der Kongn

•ess für Maltechnik in München.

52

wenn, wie z. B. in München, Kunstwerke an Außen-
wänden von Gebäuden angebracht wurden. Von
den Fresken, die der kunstsinnige König Ludwig I.
vor etwa 50 Jahren hat anfertigen lassen, ist bald
gar nichts mehr zu sehen; die großartigen Land-
schaften von Rottmann gehen dem gewissen Unter-
gang entgegen, obwohl dieselben in den Arkaden
des Hofgartens doch ungleich mehr vor Witterungs-
einflüssen geschützt sind als z. B. die Fresken an
der Hoftheaterfront, am Maximilianeum oder an der
neuen Pinakothek; von diesen sieht man fast gar
nichts mehr und bald werden sie spurlos ver-
schwunden sein. Man wagt sich auch nicht an eine
Erneuerung heran, aus Furcht, dass dasselbe Schick-
sal nach einigen Jahren wieder eintreten könnte.
Beim Hoftheaterbau hat sich die Regierung nun-
mehr zur Herstellung von Mosaiken an Stelle der
Fresken entschlossen; aber ist es auch sicher, dass
diese Art sich auf lange Dauer halten wird? Sind
nicht auch die prächtigen Mosaiken, welche nach
Kartons von Paolo Veronese und anderen Künstlern
an der Westseite der Markuskirche in Venedig an-
gebracht worden, doch zu Grunde gegangen! Unter
solchen Umständen muss es als nicht rationell be-
zeichnet werden, wenn in unserem so wechselnden
Klima überhaupt Fresken an Außenseiten von Ge-
bäuden ausgeführt werden ; es ist sogar entschieden
davon abzuraten, eine Art der Malerei, die in
Italien einige Jahrhunderte länger sich erhalten
kann, auf unseren nordischen Boden zu verpflanzen.

In der Ausstellung für Maltechnik waren einige
Stücke der jetzt in Reparatur begriffenen Arkaden-
bilder, welche Motive aus der Geschichte Bayerns
darstellen, zu sehen, und man konnte daran die
zerstörende Wirkung der atmosphärischen Luft an
den Abblätterungen deutlich erkennen; in demselben
Kasten waren römische und pompejanische Reste
von Malerei, die schon fast 2000 Jahre alt sind,
ausgestellt, deren Farbe sich tadellos erhalten hat.
Durch die neuesten Forschungen und Versuche,
welche der Maler Ernst Berger (München) in seiner
interessanten Kollektion „ Versuche zur Rekonstruk-
tion der Maltechniken des Altertums" veröffentlicht
hat, werden wir darüber aufgeklärt, worin die
große Haltbarkeit der antiken Malereien besteht,
dass es die unlösliche Verbindung, welche das sog.
Punische Wachs mit dem Kalk der Mauer eingeht,
ist, durch welche sich eine so große Widerstands-
fähigkeit erklären lässt. Wir müssten aber auch
darüber Versuche machen, ob die für den sonnigen
Süden vortreffliche Malweise für unser Klima sich

ebensogut eignet, bevor wir uns zur Anwendung
dieser wiedergefundenen Technik an Außenwänden
entschließen. Solche Forschungen und Versuche
müssten, in Bezug auf alle Arten der Technik sy-
stematisch fortgesetzt, auf gründlichen wissenschaft-
lichen Prinzipien aufgebaut und durch Thatsachen
ergänzt werden; dann würden wir vielleicht zur
Einsicht kommen, wo das Fehlerhafte unserer Mal-
weise zu suchen ist; wir würden zur Erkenntnis
gelangen, wo wir einsetzen müssen, um wieder
unsere Malteehnik auf den Standpunkt zu bringen,
damit den Meisterwerken unserer Zeit eine unbe-
grenzte Dauer beschieden sei.

Ebenso wie um die Herstellung sich tadellos
erhaltender neuer Gemälde muss unsere Sorge da-
hin gehen, den Bestand an Kunstschätzen älterer
Zeit in gutem Zustand zu erhalten; es ist die un-
abweisbare Pflicht unserer Galerieleitungen, die
Zeugen vergangener Kunstperioden den nachfol-
genden Generationen intakt zu übergeben. Unseren
Restauratoren fällt eine ungeheure Verantwortung
zu, wenn sie, anstatt ein Bild in seinem Zustand zu
erhalten, es oft verbessern wollen; und was wurde
nicht alles unter Verbessern verstanden; wie viele
bedeutende Werke sind bei solchen Schlimmbesse-
rungen nicht ganz zu Grunde gegangen!

Diese und ähnliche Gesichtspunkte wurden auf
dem Münchener Kongress für Malteehnik geltend
gemacht. Der erste. Vorsitzende, Prof. von Lenbach,
bemerkte in seiner scharf pointirten Rede über den
Punkt der Tagesordnung: „Beratung und Beschluss-
fassung über eine zweckmäßige Berücksichtigung
der Maltechnik im Kunstunterrichte", er habe sich
hauptsächlich das Ziel gesetzt, auf Wiederherstellung
der schönen alten Malverfahren hinzuarbeiten. Der
Drang nach einer Wandlung zeige sich überall um
so lebhafter, als eine gewisse Unzufriedenheit mit
der modernen Malweise auch bezüglich der Technik
vorhanden sei. Die Tradition sei verloren gegangen,
und während auf allen Gebieten des menschlichen
Geistes auf den Errungenschaften der Vergangenheit
gefußt und weitergebaut wird, glaubt man heutzu-
tage in Sachen der Technik nach eigenem Ermessen
und mit Verachtung des früher Gewonnenen vor-
gehen zu können. „Wir können kein Licht auf die
Palette spritzen, sondern nur Farbe; der Künstler
kann das in der Natur Geschaute nur übersetzen
in die Sprache seiner Farben und diese Sprache
will gelernt sein." In herben Worten sprach sich
Lenbach über den jetzt üblichen Studiengang an
den Akademieen aus, wo mit fortgesetztem Studien-
 
Annotationen