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Holzschnitte von Christoph Amberger.
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welcher von Apelles bis Rernbrandt, Kubens und
Tizian stets zum Erfolge führte. Uns will es sogar
vorkommen, dass auf diesem Wege das Ziel schneller
erreicht werden kann als auf dem rein wissenschaft-
lichen mit seinen Tausenden von Versuchen, und
dass in Sachen der Technik die Tradition ein großes
Wort mitzusprechen hat. Um zu zeigen, wie sehr
die Erfahrungen unserer alten Praktiker auf die
nächste Generation zu wirken im stände ist, wollen
wir nur eine kleine Episode erwähnen, welche wir
auf dem Kongresse zu beobachten Gelegenheit hat-
ten. Ein Chemiker, welcher für die Wichtigkeit
chemischer Kenntnisse bei den Malern eintrat, machte
sich über ein gewisses Temperarezept lustig, wel-
ches aus einer Ei-Emulsion nebst Honig etc. be-
stehen sollte, und meinte, da fehlte nichts weiter als
Salz und Pfeffer, sowie noch etwas — Senf. Wäh-
rend dieser Auseinandersetzung machte jedoch das
nämliche Rezept am Präsidententische die Runde
und wurde von fast allen dort anwesenden Malern
aufnotirt, weil dasselbe vom verstorbenen Direktor
Schraudolph stammte und durch Jahrzehnte mit
bestem Erfolge angewendet worden war. Die Er-
fahrungen langjähriger Praxis sind uns eben doch
mehr wert als die unerprobten wissenschaftlichen
Theorieen!
Die Aufgaben der oben bezeichneten Versuchs-
station müssten also außer der Prüfung der Mate-
rialien zunächst auch darin bestehen, für die Erfah-
rungen der Praxis die richtigen wissenschaftlichen
Erklärungen zu geben; sonst wird ihr Bestreben
fruchtlos bleiben. Mit Recht wurde von Prof. von
Lenbach vorgeschlagen, die Künstler sollten auf-
gefordert werden, ihre praktischen Erfahrungen dieser
Anstalt mitzuteilen, damit sie nicht wieder verloren
gehen, wie schon so viele verloren gegangen sind.
Neben der Erledigung dieser großen Frage des
Kongresses traten alle anderen in den Hintergrund,
so z. B. die Festsetzung der Normalfarbenskala oder
die Resolution bezüglich der Erhaltung und recht-
zeitigen Restaurirung von monumentalen Malereien,
wie dies bei den in geschützten Räumen der Gale-
rieen untergebrachten Kunstwerken der Fall ist u. s. w.
Ein großer Reiz des Kongresses bestand in den
Vorträgen und Demonstrationen, welche im großen
als Atelier hergerichteten Hauptsaale der Ausstellung
für Maltechnik abgehalten wurden. Die geistvolle
Art, wie Prof. Lenbach über die Technik der alten
Maler sprach und seine Worte durch sich daranschlie-
ßende technische Proben illustrirte, wird für jeden
Teilnehmer des Kongresses unvergesslich bleiben;
wir möchten sogar die Behauptung aufstellen, dass
ein so instruktiver Vortrag über das Malen auf
keinem Kongresse so leicht ein Gegenstück finden
dürfte. Nicht minderes Interesse erregte auch ein
Vortrag über „Freskomalen" mit Demonstrationen
von Prof. Spieß, dem der bayerische Kultusminister
Dr. v. Müller beiwohnte, sowie derjenige über die
Maltechnik des Altertums von dem Maler Ernst
Berger.
Die Deutsohe Gesellschaft für rationelles Mal-
verfahren kann mit Befriedigung auf den Verlauf
des von ihr veranstalteten Kongresses zurückblicken,
und es ist jedenfalls ihr Verdienst, wenn auf ihre
Anregungen hin ein Institut geschaffen wird, das
längst ein dringendes Bedürfnis geworden ist; diesen
Bestrebungen seien die besten Erfolge gewünscht.
C. W.
HOLZSCHNITTE VON CHRISTOPH
AMBERGER.
VON HEINBICH ALFRED SCHMID.
Meine Studien über Hans Burgkmair haben
mich an mehreren Stellen zu der Erkenntnis ge-
führt, dass auch Amberger für den Holzschnitt thätig
war, eine Thatsache, von der schon Füssli etwas
gehört zu haben scheint (vgl. auch Heller, Geschichte
der Holzschneidekunst), während bestimmte Holz-
schnitte bisher selbst von Nagler noch nicht für den
Künstler in Anspruch genommen wurden. Folgende
Holzschnitte sind mir vorgekommen:
1) In der Holzschnittfolge von fünfzig Lands-
knechten, die von David de Negker publizirt wur-
den, befinden sich 26 Blätter, die weder von Breu
noch von Burgkmair sein können, also für den in
der Vorrede ebenfalls als Autor genannten Amberger
in Betracht kommen. Einige dieser Blätter sind
sehr roh und erinnern an Daniel Hopfer's bekannte
Landsknechte, andere mehr an Nürnberger, wie die
Beham; etwa zweiundzwanzig dürften aber mit.
Sicherheit Amberger zuzuschreiben sein, nämlich
Nr. 1, 6, 8, 13, 14, 16, 19, 23, 25, 27, 29, 35, 36,
38—42, 44, 45, 48, 50 (vergl. in Hirth's Kulturge-
schichtl. Bilderbuch Bd. I, Nr. 439, 440, 445 und 446.)
2) In der Pappenheim'schen Familienchronik
der Grafen von Waldburg auf der Münchener Hof-
und Staatsbibliothek sind 81 Holzschnitte eingeklebt,
die Vorfahren der Familie darstellen sollen und
meist Kopieen nach Burgkmair's Genealogie des
Kaisers Maximilian sind. Der drittletzte Holzschnitt
aber, Nr. 79, trägt die Bezeichnung C. A. und stimmt
Holzschnitte von Christoph Amberger.
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welcher von Apelles bis Rernbrandt, Kubens und
Tizian stets zum Erfolge führte. Uns will es sogar
vorkommen, dass auf diesem Wege das Ziel schneller
erreicht werden kann als auf dem rein wissenschaft-
lichen mit seinen Tausenden von Versuchen, und
dass in Sachen der Technik die Tradition ein großes
Wort mitzusprechen hat. Um zu zeigen, wie sehr
die Erfahrungen unserer alten Praktiker auf die
nächste Generation zu wirken im stände ist, wollen
wir nur eine kleine Episode erwähnen, welche wir
auf dem Kongresse zu beobachten Gelegenheit hat-
ten. Ein Chemiker, welcher für die Wichtigkeit
chemischer Kenntnisse bei den Malern eintrat, machte
sich über ein gewisses Temperarezept lustig, wel-
ches aus einer Ei-Emulsion nebst Honig etc. be-
stehen sollte, und meinte, da fehlte nichts weiter als
Salz und Pfeffer, sowie noch etwas — Senf. Wäh-
rend dieser Auseinandersetzung machte jedoch das
nämliche Rezept am Präsidententische die Runde
und wurde von fast allen dort anwesenden Malern
aufnotirt, weil dasselbe vom verstorbenen Direktor
Schraudolph stammte und durch Jahrzehnte mit
bestem Erfolge angewendet worden war. Die Er-
fahrungen langjähriger Praxis sind uns eben doch
mehr wert als die unerprobten wissenschaftlichen
Theorieen!
Die Aufgaben der oben bezeichneten Versuchs-
station müssten also außer der Prüfung der Mate-
rialien zunächst auch darin bestehen, für die Erfah-
rungen der Praxis die richtigen wissenschaftlichen
Erklärungen zu geben; sonst wird ihr Bestreben
fruchtlos bleiben. Mit Recht wurde von Prof. von
Lenbach vorgeschlagen, die Künstler sollten auf-
gefordert werden, ihre praktischen Erfahrungen dieser
Anstalt mitzuteilen, damit sie nicht wieder verloren
gehen, wie schon so viele verloren gegangen sind.
Neben der Erledigung dieser großen Frage des
Kongresses traten alle anderen in den Hintergrund,
so z. B. die Festsetzung der Normalfarbenskala oder
die Resolution bezüglich der Erhaltung und recht-
zeitigen Restaurirung von monumentalen Malereien,
wie dies bei den in geschützten Räumen der Gale-
rieen untergebrachten Kunstwerken der Fall ist u. s. w.
Ein großer Reiz des Kongresses bestand in den
Vorträgen und Demonstrationen, welche im großen
als Atelier hergerichteten Hauptsaale der Ausstellung
für Maltechnik abgehalten wurden. Die geistvolle
Art, wie Prof. Lenbach über die Technik der alten
Maler sprach und seine Worte durch sich daranschlie-
ßende technische Proben illustrirte, wird für jeden
Teilnehmer des Kongresses unvergesslich bleiben;
wir möchten sogar die Behauptung aufstellen, dass
ein so instruktiver Vortrag über das Malen auf
keinem Kongresse so leicht ein Gegenstück finden
dürfte. Nicht minderes Interesse erregte auch ein
Vortrag über „Freskomalen" mit Demonstrationen
von Prof. Spieß, dem der bayerische Kultusminister
Dr. v. Müller beiwohnte, sowie derjenige über die
Maltechnik des Altertums von dem Maler Ernst
Berger.
Die Deutsohe Gesellschaft für rationelles Mal-
verfahren kann mit Befriedigung auf den Verlauf
des von ihr veranstalteten Kongresses zurückblicken,
und es ist jedenfalls ihr Verdienst, wenn auf ihre
Anregungen hin ein Institut geschaffen wird, das
längst ein dringendes Bedürfnis geworden ist; diesen
Bestrebungen seien die besten Erfolge gewünscht.
C. W.
HOLZSCHNITTE VON CHRISTOPH
AMBERGER.
VON HEINBICH ALFRED SCHMID.
Meine Studien über Hans Burgkmair haben
mich an mehreren Stellen zu der Erkenntnis ge-
führt, dass auch Amberger für den Holzschnitt thätig
war, eine Thatsache, von der schon Füssli etwas
gehört zu haben scheint (vgl. auch Heller, Geschichte
der Holzschneidekunst), während bestimmte Holz-
schnitte bisher selbst von Nagler noch nicht für den
Künstler in Anspruch genommen wurden. Folgende
Holzschnitte sind mir vorgekommen:
1) In der Holzschnittfolge von fünfzig Lands-
knechten, die von David de Negker publizirt wur-
den, befinden sich 26 Blätter, die weder von Breu
noch von Burgkmair sein können, also für den in
der Vorrede ebenfalls als Autor genannten Amberger
in Betracht kommen. Einige dieser Blätter sind
sehr roh und erinnern an Daniel Hopfer's bekannte
Landsknechte, andere mehr an Nürnberger, wie die
Beham; etwa zweiundzwanzig dürften aber mit.
Sicherheit Amberger zuzuschreiben sein, nämlich
Nr. 1, 6, 8, 13, 14, 16, 19, 23, 25, 27, 29, 35, 36,
38—42, 44, 45, 48, 50 (vergl. in Hirth's Kulturge-
schichtl. Bilderbuch Bd. I, Nr. 439, 440, 445 und 446.)
2) In der Pappenheim'schen Familienchronik
der Grafen von Waldburg auf der Münchener Hof-
und Staatsbibliothek sind 81 Holzschnitte eingeklebt,
die Vorfahren der Familie darstellen sollen und
meist Kopieen nach Burgkmair's Genealogie des
Kaisers Maximilian sind. Der drittletzte Holzschnitt
aber, Nr. 79, trägt die Bezeichnung C. A. und stimmt