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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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NEUE KUNSTBLÄTTER.

Der Kupferstecher J. Kohlschein in Düsseldorf ist von
Kennern der Grabstichelarbeiten allgemein als vorzüglicher
Meister auf diesem Kunstgebiete anerkannt und dessen Stiche:
Die Hochzeit in Kana nach P. Veronese, die hl. Cacilia
nach Raffael, sowie die heil. Nacht nach Correggio sind als
gediegene Arbeiten seiner Hand bekannt und geschätzt.
Nun ist ein neues Werk erschienen, das der Künstler Raffael
nachgeschaft'en hat und das als Meisterwerk angenommen
werden muss. In Piacenza entstand 1515 Raffael's berühm-
tes Werk in der Kirche des hl. Sixtus, die Madonna, die
das Christkind über Wolken tragend, von den Heiligen
Sixtus und Barbara verehrend umgeben ist. Bis zum Jahre
1753 blieb das Gemälde an derselben Stelle, kein Kupfer-
stecher ahmte es nach. Nun erwarb es August III. und über-
trug das Bild nach Dresden, wo es als schätzbarstes Ge-
mälde im Museum aufgestellt wurde. Tausende von Kunst-
freunden kamen in der Folge der Jahre dahin, das Bild zu
bewundern und es als schönstes Werk der Welt zu feiern.
Dabei entstand bei den besten Kupferstechern der Wunsch,
das Bild mit ihrer Kunst zu übertragen. F. Müller, Des-
noyeurs, Moritz Steinla, J. Keller, E. Mandel u. a. machten
sich damit berühmt. Jetzt trat Jos. Kohlschein hinzu, indem
er, die genannten Künstler nachahmend, dasselbe Bild
Raffael's im Stiche nachbildete; er erreichte nicht allein die
genannten Künstler, sondern er verstand es, sie zu über-
fliegen. Der Charakter im Ausdruck der Gesichtszüge der
Madonna und des göttlichen Kindes, der beiden Heiligen
und der Engelknaben ist den Originalen des Gemäldes treff-
lich nachgebildet und besonders die leuchtenden Züge der
Madonna und des Engels, die Übergänge vom Gesichte zu
den transparent gehaltenen Gewändern, die Thätigkeit der
beiden Heiligen, alles ist vom Kupferstecher dem Original-
gemälde täuschend getreu nachgegeben, und man wird diese
treue Nachbildung, trotz der fehlenden Farben, unübertreff-
lich nennen und diesen neuen Stich des Gemäldes für den
besten aller vorhandenen ansehen. WF.SSELY.

NEKROLOGE.

%* Der Gcsclriehts-, Genre- und Bildnismaler Prof.
Karl von Blaas, der Vater der Maler Eugen und Julius
Blaas, ist am 18. März zu Wien im 79. Lebensjahre gestorben.

*»* Der Qesehichtsmaler Professor Adolf Sehmüx, der
Schöpfer der Wandgemälde im Isabellensaale des Gürzenich in
Köln, ist am 18. März zu Düsseldorf im 09. Lebensjahre
gestorben.

DENKMÄLER.

Dcnkmiilcrchronik. Das Komitee zur Errichtung
eines Denkmals für den geistlichen Liederdichter und Prä-
laten Gcrolc in Stuttgart hat den Entwurf des Professors
Donndorf angenommen und-die Anlage hinter der Schloss-
kapelle als Standort des Denkmals gewählt. — Das Pro-
fessorenkollegium der Münchener Kunstakademie als Jury
über die Entwürfe zu einem Kolumbus-Denkmal für Bremer-
haven hat den ersten Preis dem Münchener Kunstakademiker,
Bildhauer Ludwig Habich aus Darmstadt zuerkannt, dem
auch die Ausführung des Entwurfes übertragen wird. — In
Gera ist am 22. März ein Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm's I.
enthüllt worden, das nach dem Modelle des Professors G. Eber-
lein in Berlin von der Akt.-Ges. Schäffer & Walcker da-
selbst in Bronze gegossen worden ist.

= tt. Straßburg i. Eis. Dem 1841 geborenen Elsässer
Tondichter Viktor Nessler wird ein öffentliches Denkmal
errichtet werden. Dazu hat der Bildhauer Marxolff den
Entwurf zu einer auf einem Postamente aufzustellenden
Kolossalbüste geliefert. Derzeit ist die Modellskizze der
Nessler-Büste im Lokale des Kunstvereins ausgestellt und
wird vom Denkmalkomitee als gelungen bezeichnet.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

0 Die Amjelegenlieit des Erweiterungsbaues der könig-
lichen Museen in Berlin ist in der Sitzung des preußischen
Abgeordnetenhauses vom 27. Februar bei der zweiten Etats-
beratung zur Sprache gekommen. Es waren 180 000 M. zum
Neubau eines Dienstgebäudes für das Haupsteueramt für in-
ländische Gegenstände gefordert worden, das sich zur Zeit
auf dem Terrain des alten Packhofes befindet, das für
spätere Museumszwecke freigelegt werden soll. Ein Teil
der Redner trat gegen, ein anderer Teil für die Bewilligung
der Position ein, wobei übrigens von allen Rednern die Not-
wendigkeit des Erweiterungsbaues anerkannt wurde. Die

i Gegner beriefen sich nur auf die allgemeine schlechte Finanz-
lage des Staates und auf den Umstand, dass ein Plan für

I die Neubauten noch nicht feststehe. Die Forderung wurde
mit schwacher Mehrheit abgelehnt. Dagegen stimmten die
Konservativen (unter dem Eindruck des deutsch-russischen
Handelsvertrages) und die Hälfte des Centrums und der Frei-
konservativen.

*„* Die Sammlung der antiken Skulpturen im Berliner
Museum ist, wie wir der „Post" entnehmen, vor kurzem
durch ein hervorragendes Werk der attischen Schule berei-
chert worden, eine etwas überlebensgroße weibliche beklei-
dete Figur aus pentelischem Marmor. Sie ist leider nicht
ganz vollständig erhalten (der Kopf und beide Arme fehlen,
der linke auf einer Schildkröte ruhende Fuß ist ergänzt),
aber trotzdem ein Museumsstück ersten Ranges, wie es gleich-
artig keine andere Sammlung besitzt. Der Direktor der
Skulpturenabteilung, Geh. Rat Kekule, hat in einem kürz-
lich erschienenen Prachtwerk („Über eine weibliche Gewand-
statue aus der Werkstatt der Parthenongiebelfiguren", Ber-
lin bei W. Spemann), das in vier von der Reichsdruckerei
ausgeführten Lichtdrucktafeln Abbildungen der Figur von
verschiedenen Seiten bringt, die künstlerische und wissen-
schaftliche Bedeutung der Statue dargelegt. Nach seinen Aus-
führungen stellt sie Aphrodite vor, die sich links auf ein
altertümliches Idol stützte, einen Apfel und eine Taube in
den vorgestreckten Händen hielt und den linken Fuß auf
eine Gans aufsetzte. Der große Wert der Statue liegt darin,
dass sie, wie der Titel der genannten Schrift schon andeutet,
ein griechisches Originalwerk aus derselben Zeit und Werk-
statt, aus der die Giebelfiguren des Parthenon stammen,
und zwar die einzige aus dem Altertum erhaltene Einzel-
statue dieser Kunst ist und dass sie als solche von ungleich
feinerer und vollendeterer Durchbildung ist als die berühmte
Gruppe der sog. Thauschwestern, mit der sie im Stil die
größte Ähnlichkeit hat.

A. R. Die XIV. Ausstellung des Vereins der Künstle-
rinnen und Kunstfreundinnen in Berlin, die am 11. März
in den drei Ausstellungsräumen des Akademiegebäudes er-
öffnet worden ist, steht, obwohl sie sehr reich beschickt ist,

I erheblich hinter ihren letzten Vorgängerinnen zurück. Wenn
man von der, wie gewöhnlich, sehr großen Zahl von Blumen-
und Fruchtstücken und Stillleben jeglicher Art absieht, in denen
sich die koloristische Virtuosität der Damen von ihrer besten

| Seite und zum Teil auch in glänzenden Leistungen zeigt,
 
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