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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischtes.

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„Freien Vereinigung" angehören. Nach der Mappe von Ra-
dirungen, die der Lukasklub zu Weihnachten 1892 ausgegeben
hat, war man auf eine Sippe von Revolutionären im Stile
der „Elf" gefasst; die zwölf Schutzgenossen des hl. Lukas
bieten aber auch in ihren verwegensten Äußerungen nichts,
was ein durch die Offenbarungen der „neuen Kunst" bereits
abgehärtetes Gemüt zu außergewöhnlicher Entrüstung reizen
könnte. Da die Anhänger des „neuen Kurses" in der Malerei
bereits selbst über den Skizzenunfug und die zwecklose, des
Absatzes unfähige Massenproduktion eifern, wollen wir uns
bei den teils unreifen, teils für die Urheber wenig charakte-
ristischen gemalten, gezeichneten, aquarellirten und in Kupfer
radirten Studien, Skizzen und Einfällen von Gerhard Janssen,
Olaf Jernbcrg, Eugen Kampf, Helmuth Liesegang, Heinrieh
Hermanns, Willy Spatx, Gustav Wendling, Anton Henke
und Emil Zimmermann nicht weiter aufhalten. Wenn wir
diese im Schöße des Lukasklubs vielleicht sehr fein ersonnenen,
aber sehr mäßig zur Erscheinung gebrachten Absichten auf
das ferne Ziel einer neuen Kunst ernsthaft nähmen, würden
am Ende die Urheber am meisten darüber lachen, dass ihnen
der Spaß so schön gelungen ist. Etwas wirklich Ernst-
haftes und gründlich Durchgearbeitetes haben nur drei Mit-
glieder des Klubs zu dieser Sonderausstellung beigesteuert:
Arthur Kampf mit einem seiner Bilder aus dem Elend und
der Not des Lebens, einem neuen Kapitel aus dem Tanz des
Todes, der diesmal einen jungen Bauersmann vor seiner
Hütte mit dem Todeskuss berührt, während der neugeborene
Sprössling des dem Tode Verfallenen neben ihm im Schöße
eines Großvaters selig ruht, Theodor liocholl mit einem seiner
prächtigen Bilder aus dem Leben des preußischen Militärs,
der Rast eines Kürassiers, der sein Ross nach heißem Ritt
in einem Waldbache trinken lässt, und der zum Teil von
Böcklin beeinflusste Alexander Erenz., dessen „Sirenen", die
von einem Felseneilande ihren Opfern auflauern, freilich einen
durchaus modernen Zug haben, der jede Romantik und Sym-
bolik völlig ausschließt. — Ein Mystiker von reinstem Wasser
ist dagegen der Pariser Henri Martin, der den Hauptraum
der Gurlitt'schen Ausstellung mit einer großen Zahl von
Bildern und Studien gefüllt hat, die zum Teil in Öl, zum
Teil aber in Pereirafarben oder doch in Tempera gemalt
sind. Martin gehörte bis vor kurzem der wunderlichen, von
Sar Peladan gegründeten Malersekte der Rosenkreuzer (Rose
+ Croix) an, und damit ist für den Kenner der Pariser Kunst-
vcihiiltnisse sein Standpunkt ausreichend gekennzeichnet.
Für den nicht Eingeweihten bemerken wir, dass Henri Mar-
tin eine seltsame Mischung zwischen der Naivetät und Be-
fangenheit Giotto's und seiner Nachfolger, der modernen
Hellmalerei, die keine Perspektive kennt, und dem Impres-
sionismus oder vielmehr der Punktmalerei (Pointillisme) dar-
stellt. Er hat Landschaften und Innenräume mit Figuren
gemalt, die dem Beschauer ganz oder nur zur Hälfte ent-
gegentreten: Kinder, die auf einer Wiese spielen, Schäfer
mit ihren Herden, eine Madonna mit dem Kinde, Christus
und das Weib von Samaria, Prometheus am Felsen geschmie-
det u. dgl. m., mit starker Vorliebe für gebrochene Farben
wie rosa, helllila, graublau, lichtgrün u. s. w. Bisweilen ist
die Farbe nur in Punkten aufgesetzt, so dass der Malgrund
hell hindurchscheint und das Ganze etwas Flimmerndes er-
hält, wodurch der Eindruck des Mystischen vermutlich erhöht
werden soll. Es verlohnt nicht der Mühe, sich noch weiter
mit dieser neuen Krankheitserscheinung in der Bewegung
der modernen Kunst zu beschäftigen. In einer zweiten Son-
derausstellung bei Gurlitt führt der Münchener Naturalist
oder, wie ihn seine Verehrer nennen, der „Neu-Idealist" Ju-
lius Exter einen großen Teil seiner Werke vor, deren gemein-

sames Kennzeichen ein beständiges Hin- und Herschwanken
zwischen Uhde, Böcklin, Klinger, Besnard, Skarbina und an-
deren „Modernen" dieser Richtung ist. Das Beste unter diesen
Bildern ist der von der Münchener Ausstellung von 1890 be-
kannte „Kinderspielplatz", der sich an die neuere Manier
Uhde's anschließt, aber im einzelnen von selbständigen Beob-
achtungen zeugt. Von einer im guten oder schlechten Sinne
scharf ausgeprägten Persönlichkeit kann aber zur Zeit bei
Exter noch nicht die Rede sein. — Bei Amsler & Ruthardt
hat der Berliner Tiermaler H. Sperling eine Anzahl Ölge-
mälde, Pastellzeichnungen und Studien ausgestellt, in denen
sich eine große Sorgfalt der Ausführung mit einer sehr gründ-
lichen, durch Jahrzehnte lange Studien gewonnenen Kennt-
nis des Lebens der Haustiere, insbesondere der Pferde und
Hunde, und des Jagdsports paart. Als Hundemaler insbe-
sondere ist Sperling eine Spezialität, die in Deutschland nicht
ihresgleichen hat. — Der Vollständigkeit wegen erwähnen
wir noch, dass die „Deutsche Schriftstellergenossenschaft" im
Festsaale des Rathauses eine Berlinische Kunstausstellung ver-
anstaltet hat, die vom 24. März bis 10. April dauerte. Sie ent-
hielt gegen 350 Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen und
Studien jeglicher Art, die sich auf Berlin und seine Um-
gebung bezogen. Da die Ausstellung sehr hastig und planlos
ins Werk gesetzt war, bot sie weder etwas Neues, noch etwas
Vollständiges oder doch Charakteristisches. Die meisten
Künstler hatten aus ihrem Vorrat hergegeben, was sie noch
nicht verkauft hatten, und manche hatten dabei bis auf 25
und mehr Jahre zurückgegriffen. Der Versuch soll im näch-
sten Jahre wiederholt werden, hoffentlich mit besserem
Erfolg.

* In Lemberg findet diesen Sommer eine polnische Kunst-
und Industrieausstellung statt, deren Beginn für den 15. Juni
in Aussicht genommen ist. Man macht große Anstrengungen,
um besonders die polnische Malerei ungefähr seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts bis zur Gegenwart so vollständig
wie möglich zu repräsentiren. Matejko bekommt einen be-
sonderen Pavillon.

H.A.L. Die Königl Gemäldegalerie in Dresden ist in letz-
ter Zeit teils durch Ankauf, teils durch Übermachung und Ver-
mächtnis um einige interessante Bilder älterer Meister be-
reichert worden. Angekauft wurde ein 1643 gemaltes Seestück
des bekannten Antwerpener Seemalers Buonorentura Peters
(1614—1652). Der Meister gehört zu den angesehensten nie-
derländischen Marinemalern der besten Zeit; das erworbene
Gemälde gehört der frischesten Zeit des Meisters an. Vom
Kriegsministerium wurde der Galerie ein Bildnis des berühm-
ten Generals und Baumeisters Jan de Bodt, 1729 vom säch-
sischen Oberhofmaler Louis de Silvestre gemalt, überwiesen.
Vermacht wurde der Galerie durch den am 8. Sept. 1893 in
Dresden verstorbenen Rechtsanwalt und Justizrat Bahr ein
von dessen Vater, dem 1869 verstorbenen Dresdener Akademie-
professor Carl Johann Bähr herrührendes Brustbild des be-
rühmten Altdresdener Landschaftsmalers Kaspar David
Friedrich (f 1842). Beide Bildnisse sind wertvolle Denk-
mäler der Dresdener Kunstgeschichte.

VERMISCHTES.

H. A. L. Nach einer Mitteilung der Dresdener Anzeigen
vom 17. März hat der unlängst in Düsseldorf verstorbene
Bildhauer Wittig, der am 23. März 1823 in Meißen geboren
war, letztwillig seiner Vaterstadt eine Anzahl Bronzeabgüsse
seiner Werke vermacht. Die Hauptstücke der Stiftung sind
die Gruppe Hagar und lsmael, eine Charitas, die Grablegung
Christi und drei Reliefs: Ganymed, der dem Adler Jupiter's
 
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