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Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften.
406
Marmorpostamente mit Bronzebüste, welche der Bildhauer
Baerwald in Schwerin modellirt hat.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.
= tt. Basel. Am '_M. April wurde das aus eigener Kraft
gegründete historische Museum in der ehemaligen Barfüßer-
kirche und ihren zweckdienlichen Anhauten, sowie Kloster-
gärten unter entsprechender Feierlichkeit geöffnet. Die neue
Stiftung umfasst die ganze Kultur von der Römerzeit und
dem Mittelalter Iiis an die Grenze der Gegenwart, sowohl
in profaner, als auch in kirchlicher Richtung und vertritt in
übersichtlicher Aufstellung unzählige Repräsentanten.
0 Über die Gemäldegalerie des Grafen Schock sind
nach der Eröffnung des Testaments viele einander wider-
sprechende Versionen in Umlauf gebracht worden, von
denen wir jedoch keine Notiz mehr zu nehmen brauchen,
weil die Angelegenheit, die nach den Bestimmungen des
Testators anfangs etwas verworren erschien, inzwischen durch
einen raschen Entschluss des deutschen Kaisers geklärt wor-
den ist. Das in der Brienner Straße in München gelegene
Gebäude, in dem sich die Galerie befindet, hatte der Bruder
des Verstorbenen, Graf Rudolf von Schack, geerbt. Dadurch
war eine Raum- und Ortsfrage entstanden, die jetzt so
gelöst worden ist, dass der Kaiser mit dem Grafen Rudolf
von Schack eine Vereinbarung getroffen hat, nach der das
Schack'sche Haus in München in den Besitz des Kaisers über-
geht. Die Galerie bleibt also in ihrer Heimstätte und wird
dem Publikum wie früher geöffnet sein.
O Der Katalog der großen Berliner Kunstausstellung
ist auch in diesem Jahre im Verlage von Rudolf Schuster
in Berlin in zwei Ausgaben von gleichem bequemen Taschen-
format erschienen. Die Illustrationen sind gesondert, so dass
der Besitzer des illustrirten Katalogs beide Hälften trennen
kann, was in diesem Jahre besonders empfehlenswert ist,
weil die Zahl der Illustrationen auf 240 gebracht worden
ist. Das ist eine ganz außergewöhnliche Leistung, wenn
man in Betracht zieht, dass sich die Zahl der ausgestellten
Kunstwerke, die für die Reproduktion in Betracht kommen,
auf 2113 belief. Die Illustrationen veranschaulichen also
etwa den neunten Teil. Da nach Abschluss des Katalogs
noch zahlreiche Nachzügler eingetroffen und noch viele
andere angemeldet worden sind, darf man den Bestand der
Ausstellung auf mindestens 3000 Nummern schätzen.
VERMISCHTES.
Q Ein neuer Brief von Raffael. Am 21. Mai wird
durch das Antiquariat von Albert Colin in Berlin, Mohren-
straße 53, eine Sammlung von Autographen versteigert werden,
in der sich auch ein bisher noch nicht veröffentlichter Brief
von Raffael befindet. Der Katalog giebt, wie es üblich ist,
nur eine französische Ubersetzung des Originals (nur den
Schluss italienisch), die wir hier im Interesse der Wissen-
schaft reproduziren: „Mon tres honore Monsieur Juliano. Je
vous envoie le dessin de votre corniche avec les mesures
faites par maitre Jacouo. Veuillez avoir pitie de moi, car
le travail de ces pilastres m'occupe jour et nuit. Maitre
iachouo va s'engager par ecrit devant mess. Joane ghay,
notaire de l'auditoire, de construire aussi les murs de l'escalier
de S. Marie avec deux voütes et de mettre le toit au dessus
du dit escalier, et pour paiement de tous ces travaux vous
aurez ä lui donner 100 ducats („duch. 160 de charlini") dont
un tiers aussitöt et les deux tiers qui restent au für et ä
mesure de la continuation de travaux. Jannantonio el
Foglieta fait promesse de travailler ä son pilastre de S.
Pierre tout oomme le maitre Giorgio travaille au sien et il
promet d'employer autant d'ouvriers que le maitre Giorgio.
E sta bene nö altro. Da V. S. me ricomando. De roma Ii
XVI. de gienaro Iluostro Raphaello santi." Der Brief ist
vom 16. Januar 1510 datirt und bezieht sich auf Raffael's
Thätigkeit als Baumeister der Peterskirche. Der Adressat
ist Giuliano Leno, der Schatzmeister von San Pietro. Die
drei in dem Briefe erwähnten Künstler sind offenbar Werk-
meister und Steinhauer, über die auch andere Nachrichten
und Urkunden bekannt sind. Zu dem Briefe Raffael's gehört
zu seiner weiteren Beglaubigung eine Urkunde des Notars
Ghay oder Gais, in der die in dem Briefe Raffael's erwähn-
ten Werkmeister das Schreiben Raffael's durch ihre Unter-
schrift bekräftigen.
Schleswig. Die von der Kaiserin für den Chor des
restaurirten Domes geschenkten drei großen Mittelfenster
gehen jetzt in der königlichen Glasmalerei zu Charlotten-
burg ihrer Vollendung entgegen. Sie sind über neun Meter-
hoch und enthalten, in den unteren und oberen Partieen
durch Teppichmuster und architektonische Teile zusammen-
gestellt, in Zweidrittelhöhe Darstellungen aus dem Gebiete
der biblischen Geschichte. Das mittlere Fenster stellt die
Taufe nach Raffael dar, das Bild ist eine gelungene Kopie
aus dem berühmten Deckengemälde aus dem Vatikan. Die
zwei anderen Chorfenster, in deren ornamentalen Füllungen
im Vergleich zu dem ersteren, rot gehaltenen, ein grüner
Farbenton vorherrscht, zeigen die Apostel Petrus und Jo-
hannes, sowie Markus und Matthäus. Sie sind Kopieen nach
Dürer'schen Bildern, die sich in der Pinakothek zu München
belinden. Im unteren Teile des Mittelfensters ist das Wap-
pen und Namenszug der Kaiserin, sowie die Jahreszahl der
Stiftung angebracht. Die weiteren 28 Fenster für den alten
Dom, der, beiläufig bemerkt, eine Geschichte von 858 Jahren
hinter sich hat, waren bei Henning und Andres zu Hannover
angefertigt. Die Anordnungen zu dem künstlerischen Aus-
schmuck obiger drei Fenster rühren von der Kaiserin selbst
her. (Münch. Neueste Nachr.)
VOM KUNSTMARKT.
München. Ende Mai gelangen durch die Kunsthand-
lung von H. Helbing die Sammlungen des Architekten
F. Ilasselmann in Offenstetten zur Versteigerung. Dieselben
enthalten in ihrer ersten Abteilung Ölgemälde, Pergament-
miniaturen und Kupferstiche alter Meister, Handzeichnungen
und Aquarelle alter und moderner Meister, in ihrer zweiten
Abteilung ägyptische, germanische, griechische und römische
Altertümer. Der Katalog wird franko und gratis von der
genannten Kunsthandlung versandt.
ZEITSCHRIFTEN.
Allgemeine kunstchronik. 1894. Nr. 9.
Uber die verschiedenen von mir vorhandenen Porträts. Von
A. F. Graf v. Schack. — In Athen. — Das Bodenstedt-Denkmal
in Wiesbaden und sein Schopfer Hugo Berwald-Schwerin. Von
O. W eddigen.
Anzeiger fitrScliTveizerischeAltertumskunde. 1894. Heft2.
Gräberfunde in Wiedikon-Zürich. III. Von J. Heierli. — Zu
den Inschriften von Baden und Avenches. Von Dr. K. Meister-
hans. — Inschriften aus Italien inSolothurn. Von Dr. K. Meiste r-
hans. — Das Castrum Vindonissense. Von Dr. Th. Eckinger.
— Nachtrag zu Fr. Jecklin's Artikel: Zum Burweinerfund. Von
Dr. E. Haf fter. — Sigille schwäbischer Herzoge. Von J. Morel.
— Mittelalterliche Textilüberreste. Von E. A. Stück Biberg.
— Zur Geschichte des Berner Münsterturms. Von K. Stehlin.
— Die Altargemälde in der ehemaligen Abteikirche zu Muri.
(Schluss.) Von H. Lehmann. — Zur Statistik schweizerischer
Kunstdenkmäler. Von J. K. Kahn: Kanton Solothurn.
Gazette des Beaux-Arts. Kr. 443. Mai 1894.
Artistes contemporains: Max Klinger et son oeuvre. Von
E. Michel. — La sculpture florentine au XIV. et au XV. siecle.
(IV.) Von M. Reymond. — Les collections d'armes du Musee
d'artillerie. (III.) Von M. Maindron. — Vittore Pisano. III. Von
G. Gruyer. — Le tresor de la Pyramide de Dahchour. Von
AI. Gayet, — Un document sur Nattier. Von B. Prost.
Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften.
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Marmorpostamente mit Bronzebüste, welche der Bildhauer
Baerwald in Schwerin modellirt hat.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.
= tt. Basel. Am '_M. April wurde das aus eigener Kraft
gegründete historische Museum in der ehemaligen Barfüßer-
kirche und ihren zweckdienlichen Anhauten, sowie Kloster-
gärten unter entsprechender Feierlichkeit geöffnet. Die neue
Stiftung umfasst die ganze Kultur von der Römerzeit und
dem Mittelalter Iiis an die Grenze der Gegenwart, sowohl
in profaner, als auch in kirchlicher Richtung und vertritt in
übersichtlicher Aufstellung unzählige Repräsentanten.
0 Über die Gemäldegalerie des Grafen Schock sind
nach der Eröffnung des Testaments viele einander wider-
sprechende Versionen in Umlauf gebracht worden, von
denen wir jedoch keine Notiz mehr zu nehmen brauchen,
weil die Angelegenheit, die nach den Bestimmungen des
Testators anfangs etwas verworren erschien, inzwischen durch
einen raschen Entschluss des deutschen Kaisers geklärt wor-
den ist. Das in der Brienner Straße in München gelegene
Gebäude, in dem sich die Galerie befindet, hatte der Bruder
des Verstorbenen, Graf Rudolf von Schack, geerbt. Dadurch
war eine Raum- und Ortsfrage entstanden, die jetzt so
gelöst worden ist, dass der Kaiser mit dem Grafen Rudolf
von Schack eine Vereinbarung getroffen hat, nach der das
Schack'sche Haus in München in den Besitz des Kaisers über-
geht. Die Galerie bleibt also in ihrer Heimstätte und wird
dem Publikum wie früher geöffnet sein.
O Der Katalog der großen Berliner Kunstausstellung
ist auch in diesem Jahre im Verlage von Rudolf Schuster
in Berlin in zwei Ausgaben von gleichem bequemen Taschen-
format erschienen. Die Illustrationen sind gesondert, so dass
der Besitzer des illustrirten Katalogs beide Hälften trennen
kann, was in diesem Jahre besonders empfehlenswert ist,
weil die Zahl der Illustrationen auf 240 gebracht worden
ist. Das ist eine ganz außergewöhnliche Leistung, wenn
man in Betracht zieht, dass sich die Zahl der ausgestellten
Kunstwerke, die für die Reproduktion in Betracht kommen,
auf 2113 belief. Die Illustrationen veranschaulichen also
etwa den neunten Teil. Da nach Abschluss des Katalogs
noch zahlreiche Nachzügler eingetroffen und noch viele
andere angemeldet worden sind, darf man den Bestand der
Ausstellung auf mindestens 3000 Nummern schätzen.
VERMISCHTES.
Q Ein neuer Brief von Raffael. Am 21. Mai wird
durch das Antiquariat von Albert Colin in Berlin, Mohren-
straße 53, eine Sammlung von Autographen versteigert werden,
in der sich auch ein bisher noch nicht veröffentlichter Brief
von Raffael befindet. Der Katalog giebt, wie es üblich ist,
nur eine französische Ubersetzung des Originals (nur den
Schluss italienisch), die wir hier im Interesse der Wissen-
schaft reproduziren: „Mon tres honore Monsieur Juliano. Je
vous envoie le dessin de votre corniche avec les mesures
faites par maitre Jacouo. Veuillez avoir pitie de moi, car
le travail de ces pilastres m'occupe jour et nuit. Maitre
iachouo va s'engager par ecrit devant mess. Joane ghay,
notaire de l'auditoire, de construire aussi les murs de l'escalier
de S. Marie avec deux voütes et de mettre le toit au dessus
du dit escalier, et pour paiement de tous ces travaux vous
aurez ä lui donner 100 ducats („duch. 160 de charlini") dont
un tiers aussitöt et les deux tiers qui restent au für et ä
mesure de la continuation de travaux. Jannantonio el
Foglieta fait promesse de travailler ä son pilastre de S.
Pierre tout oomme le maitre Giorgio travaille au sien et il
promet d'employer autant d'ouvriers que le maitre Giorgio.
E sta bene nö altro. Da V. S. me ricomando. De roma Ii
XVI. de gienaro Iluostro Raphaello santi." Der Brief ist
vom 16. Januar 1510 datirt und bezieht sich auf Raffael's
Thätigkeit als Baumeister der Peterskirche. Der Adressat
ist Giuliano Leno, der Schatzmeister von San Pietro. Die
drei in dem Briefe erwähnten Künstler sind offenbar Werk-
meister und Steinhauer, über die auch andere Nachrichten
und Urkunden bekannt sind. Zu dem Briefe Raffael's gehört
zu seiner weiteren Beglaubigung eine Urkunde des Notars
Ghay oder Gais, in der die in dem Briefe Raffael's erwähn-
ten Werkmeister das Schreiben Raffael's durch ihre Unter-
schrift bekräftigen.
Schleswig. Die von der Kaiserin für den Chor des
restaurirten Domes geschenkten drei großen Mittelfenster
gehen jetzt in der königlichen Glasmalerei zu Charlotten-
burg ihrer Vollendung entgegen. Sie sind über neun Meter-
hoch und enthalten, in den unteren und oberen Partieen
durch Teppichmuster und architektonische Teile zusammen-
gestellt, in Zweidrittelhöhe Darstellungen aus dem Gebiete
der biblischen Geschichte. Das mittlere Fenster stellt die
Taufe nach Raffael dar, das Bild ist eine gelungene Kopie
aus dem berühmten Deckengemälde aus dem Vatikan. Die
zwei anderen Chorfenster, in deren ornamentalen Füllungen
im Vergleich zu dem ersteren, rot gehaltenen, ein grüner
Farbenton vorherrscht, zeigen die Apostel Petrus und Jo-
hannes, sowie Markus und Matthäus. Sie sind Kopieen nach
Dürer'schen Bildern, die sich in der Pinakothek zu München
belinden. Im unteren Teile des Mittelfensters ist das Wap-
pen und Namenszug der Kaiserin, sowie die Jahreszahl der
Stiftung angebracht. Die weiteren 28 Fenster für den alten
Dom, der, beiläufig bemerkt, eine Geschichte von 858 Jahren
hinter sich hat, waren bei Henning und Andres zu Hannover
angefertigt. Die Anordnungen zu dem künstlerischen Aus-
schmuck obiger drei Fenster rühren von der Kaiserin selbst
her. (Münch. Neueste Nachr.)
VOM KUNSTMARKT.
München. Ende Mai gelangen durch die Kunsthand-
lung von H. Helbing die Sammlungen des Architekten
F. Ilasselmann in Offenstetten zur Versteigerung. Dieselben
enthalten in ihrer ersten Abteilung Ölgemälde, Pergament-
miniaturen und Kupferstiche alter Meister, Handzeichnungen
und Aquarelle alter und moderner Meister, in ihrer zweiten
Abteilung ägyptische, germanische, griechische und römische
Altertümer. Der Katalog wird franko und gratis von der
genannten Kunsthandlung versandt.
ZEITSCHRIFTEN.
Allgemeine kunstchronik. 1894. Nr. 9.
Uber die verschiedenen von mir vorhandenen Porträts. Von
A. F. Graf v. Schack. — In Athen. — Das Bodenstedt-Denkmal
in Wiesbaden und sein Schopfer Hugo Berwald-Schwerin. Von
O. W eddigen.
Anzeiger fitrScliTveizerischeAltertumskunde. 1894. Heft2.
Gräberfunde in Wiedikon-Zürich. III. Von J. Heierli. — Zu
den Inschriften von Baden und Avenches. Von Dr. K. Meister-
hans. — Inschriften aus Italien inSolothurn. Von Dr. K. Meiste r-
hans. — Das Castrum Vindonissense. Von Dr. Th. Eckinger.
— Nachtrag zu Fr. Jecklin's Artikel: Zum Burweinerfund. Von
Dr. E. Haf fter. — Sigille schwäbischer Herzoge. Von J. Morel.
— Mittelalterliche Textilüberreste. Von E. A. Stück Biberg.
— Zur Geschichte des Berner Münsterturms. Von K. Stehlin.
— Die Altargemälde in der ehemaligen Abteikirche zu Muri.
(Schluss.) Von H. Lehmann. — Zur Statistik schweizerischer
Kunstdenkmäler. Von J. K. Kahn: Kanton Solothurn.
Gazette des Beaux-Arts. Kr. 443. Mai 1894.
Artistes contemporains: Max Klinger et son oeuvre. Von
E. Michel. — La sculpture florentine au XIV. et au XV. siecle.
(IV.) Von M. Reymond. — Les collections d'armes du Musee
d'artillerie. (III.) Von M. Maindron. — Vittore Pisano. III. Von
G. Gruyer. — Le tresor de la Pyramide de Dahchour. Von
AI. Gayet, — Un document sur Nattier. Von B. Prost.