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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0292

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Ausstellungen

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seines fünfzigjährigen Bestehens eine Ausstellung von
Kleinporträts. Zeitlich umfaßt das Unternehmen die Periode
von 1700 bis 1850, örtlich sind die südwestdeutschen und
süddeutschen Bezirke berücksichtigt worden. Vor allem
natürlich Mannheim, das auf diesem Gebiete älterer Kunst
imstande ist Erhebliches zu zeigen, während bekanntlich
unter den dortigen Denkmälern der größeren Kunst die
mancherlei Unglücksfälle gründlich aufgeräumt haben, von
denen die Stadt im Laufe der Zeit betroffen worden ist.
Die Ausstellung umfaßt gegen 1100 Nummern, von denen
eine sehr kleine Zahl auf eine eigentlich nicht zum Thema
gehörige Zusammenstellung kunstgewerblicher Gegenstände
fällt, während alles übrige mit der Kleinporträtkunst zu-
sammenhängt. Die Ausstellung befindet sich im Groß-
herzoglichen Schlosse, das ja auch sonst den dortigen
wichtigsten Sammlungen ein Heim gewährt. In einem
sehr großen Saale sind die zahlreichen Vitrinen aufgestellt,
die die Unmasse der kleinen Kunstwerke beherbergen.
Denn um solche handelt sich's nach Auffassung und Durch-
führung tatsächlich, und es ist dem Altertumsverein zum
Verdienst anzurechnen, einmal den Blick auf diesen sonst
wenig beachteten Zweig der Kunst gelenkt zu haben, die
Tätigkeit einer Menge von älteren Bildnern und Malern
zur Anschauung zu bringen, die man bisher teils gar nicht
beachtet, oder deren Wirksamkeit auf diesem Gebiete der
Kleinkunst man wenigstens nicht genügend gekannt hat.

Die Zahl der Techniken, in denen die Kleinporträts
jener Zeiten hergestellt wurden, die, zum Glück der Bild-
niskunst, noch nichts von der Photographie wußten, ist
überraschend groß. Zwar reichen die jüngsten Erzeug-
nisse bereits in die Zeiten der Photographie hinein, und
in einigen der ausgestellten Bilder sehen wir, wie sich die
Traditionen der alten Miniaturkunst mit der neuen Er-
findung zu vereinigen suchten. Es sind Photographien,
die um 1850 Johann Martin Morgenroth (1800—1859),
Porträtmaler am badischen Hofe, mit Aquarellfarben illu-
miniert hat. Aus älterer Zeit sind alle Techniken dieser
Kieinporträtkunst vertreten mit Ausnahme des Kupferstichs,
den man wohl darum ausgeschaltet hat, weil durch ihn
die Ausstellung unverhältnismäßig ausgedehnt worden wäre.
In Mannheim sehen wir zunächst eine große Gruppe von
Plastiken. Es sind in bedeutender Menge Wachsbildnisse,
zumeist polychromiert, darunter überaus feine Stücke. Er-
wähnt sei ein Porträt des Königs Max Joseph II. von
Bayern. Auf der Rückseite befindet sich eine Karte, wor-
auf gedruckt ist »IgnazHinel, Wachs-Bossierer von Mann-
heim, verfertigt Portäts nach der Natur, deren Ähnlichkeit
er verbürgt«. Hineis Tätigkeit liegt zwischen 1800 und
1825: von seinem Geschick zeugt in dieser Ausstellung
noch eine große Reihe von Werken. Besonders angesehen
war er offenbar beim besser situierten Bürgerstande, der
ja überhaupt als Abnehmer der Kleinbildnisse aller Art
vor allem in Betracht kommt. Sehr tüchtige Künstler
lernen wir auch in dem zwischen 1812 und 1852 in Mann-
heim und Eßlingen tätigen Xaver Heuberger kennen, dessen
Familienname auch sonst noch bei mehreren tüchtigen
Wachsbildnern der Zeit wiederkehrt. Ferner in Friedrich
Brechter, einem Mannheimer, Schüler von Hinel. Den
Wachsbildnissen schließen sich solche in Porzellan und
Fayence an, von denen gegen hundert ausgestellt sind,
fast durchweg Reliefs gleich denen in Ton, Gips, Marmor,
Alabaster und Stein, Metall, Elfenbein, Lava, Holz, Kristall,
Glas, geschnittenen Muscheln und anderen Materialien.
Um auch von diesem Abschnitt einige Autoren zu nennen,
so erwähne ich Anton Grassi (1755—1807), der Ende des
18. Jahrhunderts Professor und Vorsteher der Kaiserlichen
Porzellanmanufaktur zu Wien war. Ferner Johann Peter
Melchior, der 1741 in Lintorf geboren wurde und 1825 als

Angestellter der Nymphenburger Manufaktur starb. Von
ihm ist u. a. ein ausgezeichnetes Alabasterbrustbild des
Münchener Malers Georg Dillis. Von dem Karlsruher
J. Chr. Lotsch (1790—1873) finden wir eine reizende, in
Alabaster rund gearbeitete Büste des Großherzogs Ludwig
von Baden. Ferner nenne ich den Berliner Porzellan-
bildner Riese, der um 1791 tätig war. Weiter von fran-
zösischen Künstlern Bertrand Andrieux (1761—1822),
I. N. A. Brachard (1775—1826), Münzgraveur J. J. Barre
(1793—1855) und den gleichfalls in Frankreich tätigen
Italiener G. B. Nini (1717—1786). Der von Dr. Kurt Freyer
gediegen gearbeitete Katalog der Ausstellung gibt noch
über viele dieser Künstler Auskunft, und ich muß mich
darauf beschränken, auf ihn zu verweisen.

Desgleichen kann ich auch von den Malern nur wenige
der wichtigsten herausgreifen. So J. B. Isabey (1767—1855),
der besonders vorzügliche Bildnisse Napoleons I. fertigte.
H. K- Brandt (1724—1787) kam aus Wien, wirkte in Mainz,
Paris, Mannheim, war seit 1769 dortiger Hofmaler und
hat schließlich in München, ganz heruntergekommen, durch
Selbstmord geendet. J. F. Dielmann (1809—1885) war
der eine der beiden Gründer der Cronberger Malerschule.
Ich gedenke weiter in Kürze der Marie Ellenrieder, des
Sebastian Heimle, des J. Kaltner, des F. J. Kißling und
verweise auch hier im übrigen auf den Katalog. Die Zahl
der Werke, die von diesen und sehr vielen anderen Künst-
lern hier ausgestellt ist, ist ungemein groß. Ein bedeutender
Teil besteht aus jenen feinsten Werkchen, die in Aquarell
auf Elfenbein ausgeführt sind. Ich erwähne von diesen
Stücken als besonders wertvoll ein Kaltnersches Brustbild
des Kurfürsten Karl Theodor, eins des Münsterschen Dom-
dechanten v. Castell, eine Dame in rotem Kleid mit gol-
denem Haarschmuck, einen in Grisaille ausgeführten Papst
Pius VI. Keinen vollgültigen Ersatz für die Werke der
Elfenbeinmalerei geben z. T. trotz sehr guter Beschaffenheit
die Bildchen auf Porzellan. Von ihrer bedeutenden Menge
nenne ich nur das Hüftbild einer Frau Christ in weißem
Kleid mit lila Schleifen (1838). Andere Bilder sind auf
Leinwand, Pergament, Papier oder Metall gemalt oder
auch in Email ausgeführt.

Eine dritte Gruppe der Ausstellung umfaßt Silhouetten
in Papier und Glas. Als Künstler dieser Richtungen
kommen u. a. W. Waitz, M. Gütt, Gregor, C. Oberlies,
v. Seele, N. Henze in Betracht.

Weiter finden wir eine Gruppe von Bildnissen auf
Gebrauchsgegenständen. Eine große Rolle spielen dabei
die Dosen, die z. T. sehr kostbar und aus den verschieden-
sten Materialien hergestellt sind. Weiter gibt es Bildnisse
auf Gläsern, Tassen und Pfeifenköpfen, Schmuckgegen-
ständen verschiedenster Art. Dr. o. Doering-Daclmu.

X Der Salon Gurlitt in Berlin veranstaltet zurzeit
eine umfangreiche Gedächtnisausstellung von Werken der
beiden im letzten Jahre verstorbenen Simplizissimus-Zeichner
Rudolf Wilke und F. von Reznicek.

X Die Frage der französischen Ausstellung in
Berlin, die das »Deutsch-französische Annäherungs-
komitee« veranstalten will, ist noch immer nicht gelöst:
Bald heißt es, die Veranstaltung werde im Herrenhause,
bald, sie werde in der Akademie der Künste stattfinden.
Es scheint nach dem bisherigen Stande der Angelegenheit
zweifelhaft, ob das Unternehmen noch in diesem Jahre in
der Art, wie es geplant ist, und wie es allein ausgeführt
werden dürfte, gelingen wird.

HeVoux-Ausstellung. Im deutschen Buchgewerbe-
museum in Leipzig ist bis zum 15. Oktober dieses Jahres das
graphische und buchgewerbliche Werk von Professor Bruno
Heroux ausgestellt, eine reichhaltige Sammlung von Hand-
zeichnungen, Radierungen, Lithographien und Buchschmuck.
 
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