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Die Levantinische Ausstsllung in Düsseldorf.
erbauten Kunsthalle in Dnsseldorf, in deren Ober-
geschoß zur Zeit die .Andreas Achenbach-Aus-
stellnng stattfindet. Diese beiden Säle enthal-
ten aber kaum die Hälfte des Materials, die
größere Menge der Stücke hat in einem Schul-
hanse in der Bleichstraße in mehreren Sälen
untergebracht werden müssen.
Die Ansstellung ist sehr lehrreich in dem,
was sie bringt, nnd in dem, was sie nicht bringt.
Sein besvndcres Angcnmcrk hat Bvck natur-
gemäß wieder auf dic Webereien gerichtet.
Wir wissen, daß fast alle Prachtstoffe, welcher
sich das Mittelalter in Europa bediente, aus
dem Orient stammen, während wir nur in den
seltensten Fällen mit einiger Genanigkeit die-
jenige der vielen Kultnrstätten des Jslam an-
zugeben vermögen, der das einzelne Produkt
cntstammt. Es wäre von größter Wichtigkeit,
neben den Hunderten von Stücken, welche sich
besonders in nnseren dentschen Kirchen ans-
finden lassen, nun auch aus dem Orient ver-
wandte Stücke mittelalterlichen Ursprungs und
sicherer Provenienz zu erhalten. Wenn irgend
jemand befähigt ist, solche wenn anch noch so
unscheinbaren Reste aus verborgenen Winkeln
heranszuholen, so ist es I)r. Bock; daß die Ans-
sichten nicht groß waren, sagten wir nns ge-
mcinsam bei seiner Abreise, denn gerade an den
Orten, an welchen man produzirt, vernutzt man
auch die Waren und verwirft die gebrauchten
Reste ohne Bedenken. Trotzdem konnte es mög-
lich sein, daß an abgelegenen Stellen alte Reste
als Reliquien oder Ähnliches sich erhalten
hatten. vr. Bock setzte seine Hoffnung vornehm-
lich auf die siebenunddreißig Klöster des Berges
Athos, die seit einem Jahrtausend dort in
hermetischer Abgeschlossenheit thronen. Diese
schwer zugänglichen und uur sür einen im Kul-
tus geschulten Mann behandelbaren Stätten
waren auf einen etwaigen Bestand von alten
Kirchengewändern hin noch nie untersucht. Wir
erwarteten mit Spannung das Ergebnis — aber
es war von nur geringstem Belang. Die alte
kirchliche Vorschrift, daß Gegenstände, die zum
Knltus gedient haben und nicht mehr benutzbar
sind, vernichtet werden müssen, damit nicht Ge-
weihtes in profane Hände gerät, wird dort so
genau befolgt, daß man bis heute solche Bruch-
stücke sorgsam in das Meer versenkt.
Was vr. Bock von dort mitgebracht hat,
geht nicht über das sechzehnte Jahrhundert zu-
rück, und nur einige Bruchstücke mit griechisch-
christlichen Jnschriften und Darstellungen zeigen
uns eine Gruppe von Arbeiten, die wir sonst
nvch nicht kannten.
Auch was vr. Bock sonst auf den Bazaren
von Konstantinopel und anderweit erworben
hat, geht kaum über das fünfzehnte Jahrhun-
dert zurück undstiringt nns anch keine eigentlich
neuen Typen. Aber trotzdem ist das Material
von größter Bedentung. Jm sünfzehnten
bis sechzehnten Jahrhnndert sind imOrient
Prachtstvsfe gesertigt worden, die zum Schönsten
gehören, was die Weberei überhaupt hervor-
gebracht hat. Der Orient hatte damals lebhaste
Fühlung mit dem Abendland, besonders mit
Venedig; bei vielendieser herrlichen Samt- und
Seidenbrokate mit großgeschwungenen Gold-
mustern wissen wir nicht, ob es Arbeiten sind,
welche der Orient für Venedig oder welche
Venedig für den Orient gemacht hat, saßen doch
damals am vansls Zrauäa im bonäaoo äsi
3?urebi hunderte, ja tansende von Orientalen
mit allerlei Gewerk. Diese Muster, welche uns
auf alten Venetianer Bildern häufig begegnen,
zeigen die Fläche durch kräftige Ranken ge-
teilt, in den Feldern stehen große Blüten, teils
dem mittelalterlichen Granatapfelmnster, teils
den orientalischen Nelken und Tnlpen verwandt.
Für einzelne Stücke solcher Prachtstoffe, die zu
den größten Seltenheiten gehören, wurden auf
der Auktion Castellani 1884 in Rom über
1000 Lire gezahlt. Außer diesen Stoffen giebt
es nun anch noch gleichzeitige meist mit schwerem
Atlasgrund und reichen in Gold, Silber und
Seide ausgeführten Mnstern, wie sich svlche
genau in den Fliesenwänden von Byzanz und
Brussa finden, und die wir wohl mit Recht
als Fabrikate von Brussa, der alten Hauptstadt
der asiatischen Türkei, ansehen. Eine dritte
Gruppe, die etwa in dieselbe Zeit fällt, ist
persischen Ursprungs, mit sehr anmutigen, stili-
sirten Blütenzweigen. Von diesen verschiedenen
Gruppen, deren Produkte sehr schwer zu be-
schaffen sind, welche aber nicht nurdie reizendsten,
sondern auch die am meisten lehrreichen und
ausnutzbaren Muster enthalten, hat Bock nun
eine nnvergleichlich reichhaltigc Sammlung zu-
sammengebracht. Die Stücke sind zum Teil
sehr groß, aber selbst kleinere Bruchstücke sind
durch verständige Ergänzung — durch Malerei
— für die eigentliche Benutzung in Schule und
Werkstatt von demselben Nutzen. Diese Gruppen
werden nun noch durch eine Menge anderer
Die Levantinische Ausstsllung in Düsseldorf.
erbauten Kunsthalle in Dnsseldorf, in deren Ober-
geschoß zur Zeit die .Andreas Achenbach-Aus-
stellnng stattfindet. Diese beiden Säle enthal-
ten aber kaum die Hälfte des Materials, die
größere Menge der Stücke hat in einem Schul-
hanse in der Bleichstraße in mehreren Sälen
untergebracht werden müssen.
Die Ansstellung ist sehr lehrreich in dem,
was sie bringt, nnd in dem, was sie nicht bringt.
Sein besvndcres Angcnmcrk hat Bvck natur-
gemäß wieder auf dic Webereien gerichtet.
Wir wissen, daß fast alle Prachtstoffe, welcher
sich das Mittelalter in Europa bediente, aus
dem Orient stammen, während wir nur in den
seltensten Fällen mit einiger Genanigkeit die-
jenige der vielen Kultnrstätten des Jslam an-
zugeben vermögen, der das einzelne Produkt
cntstammt. Es wäre von größter Wichtigkeit,
neben den Hunderten von Stücken, welche sich
besonders in nnseren dentschen Kirchen ans-
finden lassen, nun auch aus dem Orient ver-
wandte Stücke mittelalterlichen Ursprungs und
sicherer Provenienz zu erhalten. Wenn irgend
jemand befähigt ist, solche wenn anch noch so
unscheinbaren Reste aus verborgenen Winkeln
heranszuholen, so ist es I)r. Bock; daß die Ans-
sichten nicht groß waren, sagten wir nns ge-
mcinsam bei seiner Abreise, denn gerade an den
Orten, an welchen man produzirt, vernutzt man
auch die Waren und verwirft die gebrauchten
Reste ohne Bedenken. Trotzdem konnte es mög-
lich sein, daß an abgelegenen Stellen alte Reste
als Reliquien oder Ähnliches sich erhalten
hatten. vr. Bock setzte seine Hoffnung vornehm-
lich auf die siebenunddreißig Klöster des Berges
Athos, die seit einem Jahrtausend dort in
hermetischer Abgeschlossenheit thronen. Diese
schwer zugänglichen und uur sür einen im Kul-
tus geschulten Mann behandelbaren Stätten
waren auf einen etwaigen Bestand von alten
Kirchengewändern hin noch nie untersucht. Wir
erwarteten mit Spannung das Ergebnis — aber
es war von nur geringstem Belang. Die alte
kirchliche Vorschrift, daß Gegenstände, die zum
Knltus gedient haben und nicht mehr benutzbar
sind, vernichtet werden müssen, damit nicht Ge-
weihtes in profane Hände gerät, wird dort so
genau befolgt, daß man bis heute solche Bruch-
stücke sorgsam in das Meer versenkt.
Was vr. Bock von dort mitgebracht hat,
geht nicht über das sechzehnte Jahrhundert zu-
rück, und nur einige Bruchstücke mit griechisch-
christlichen Jnschriften und Darstellungen zeigen
uns eine Gruppe von Arbeiten, die wir sonst
nvch nicht kannten.
Auch was vr. Bock sonst auf den Bazaren
von Konstantinopel und anderweit erworben
hat, geht kaum über das fünfzehnte Jahrhun-
dert zurück undstiringt nns anch keine eigentlich
neuen Typen. Aber trotzdem ist das Material
von größter Bedentung. Jm sünfzehnten
bis sechzehnten Jahrhnndert sind imOrient
Prachtstvsfe gesertigt worden, die zum Schönsten
gehören, was die Weberei überhaupt hervor-
gebracht hat. Der Orient hatte damals lebhaste
Fühlung mit dem Abendland, besonders mit
Venedig; bei vielendieser herrlichen Samt- und
Seidenbrokate mit großgeschwungenen Gold-
mustern wissen wir nicht, ob es Arbeiten sind,
welche der Orient für Venedig oder welche
Venedig für den Orient gemacht hat, saßen doch
damals am vansls Zrauäa im bonäaoo äsi
3?urebi hunderte, ja tansende von Orientalen
mit allerlei Gewerk. Diese Muster, welche uns
auf alten Venetianer Bildern häufig begegnen,
zeigen die Fläche durch kräftige Ranken ge-
teilt, in den Feldern stehen große Blüten, teils
dem mittelalterlichen Granatapfelmnster, teils
den orientalischen Nelken und Tnlpen verwandt.
Für einzelne Stücke solcher Prachtstoffe, die zu
den größten Seltenheiten gehören, wurden auf
der Auktion Castellani 1884 in Rom über
1000 Lire gezahlt. Außer diesen Stoffen giebt
es nun anch noch gleichzeitige meist mit schwerem
Atlasgrund und reichen in Gold, Silber und
Seide ausgeführten Mnstern, wie sich svlche
genau in den Fliesenwänden von Byzanz und
Brussa finden, und die wir wohl mit Recht
als Fabrikate von Brussa, der alten Hauptstadt
der asiatischen Türkei, ansehen. Eine dritte
Gruppe, die etwa in dieselbe Zeit fällt, ist
persischen Ursprungs, mit sehr anmutigen, stili-
sirten Blütenzweigen. Von diesen verschiedenen
Gruppen, deren Produkte sehr schwer zu be-
schaffen sind, welche aber nicht nurdie reizendsten,
sondern auch die am meisten lehrreichen und
ausnutzbaren Muster enthalten, hat Bock nun
eine nnvergleichlich reichhaltigc Sammlung zu-
sammengebracht. Die Stücke sind zum Teil
sehr groß, aber selbst kleinere Bruchstücke sind
durch verständige Ergänzung — durch Malerei
— für die eigentliche Benutzung in Schule und
Werkstatt von demselben Nutzen. Diese Gruppen
werden nun noch durch eine Menge anderer