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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Glasgemälde im Kreuzgange des ehem. Klosters Wettingen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0121

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Von H. E. v. Berlepsch.

U1

deutschen Schweiz 110 Glasmater uamhaft
isemacht, eiue Zahl, die das Blühen dieser
Techuik aufs beste illustrirt.

Der Grund, der fiir dieses ganz almorme
Wachsen eines einzelnen Zweiges der dekora-
tiven Kunst aufgeführt werden muß, liegt in
der obeu erwähnten Sitte, die in ihrer lokalen
Ausdehnung wohl einzig dastehen dürfte. Denn
Privatleute sowohl wie Korporationen und
Behörden traten in einen förmlichen Wetteifer
des gegenseitigen Schenkens, dessen Resultat
fast in allen Fällen aufs genaueste das Ver-
hältnis des Beschenkten zum Schenker klar er-
kennen läßt. Der Usus schritt natürlich bis zu
einem bestimmten Höhe-, ich möchte sagen, Sät-
tignngspunkte, und von da an tritt eine Ver-
minderung der Nachfrage, ein Znrückgehen der
Technik gleichzeitig mit der Abnahme der ans-
übenden Künstler ein, bis sie denn überhaupt
ganz verschwindet. Der Kulminationspunkt
liegt vor dem Beginne des zweiten Drittels
des 17. Jahrhnnderts.

Jch führe der kürzeren und präziseren
Darstellung wegen hier gleich eine Stelle aus
dem Meyerschen Buche wörtlich an, nm dann
direkt auf unser Thema, das hier als charakte-
ristisches Beispiel gelten kann, überzugehen.

(S. 7.) „Laut Gesuchen nnd Beschlüssen
erbittet und gewährt man ,ein Fenster mit dem
Wappenh oder ,samt dem Wappenh ,ein Fenster
und Wappenh ,ein Fenster mit der Land
schafth ,ein Wappenfensterh ,gemalte Fenster-
scheiben'. Zu Zürich, als die Schenkungen
des Rates in vollem Gange sind, läßt sich
derselbe die zn verschenkenden Züricher Standes-
wappen von den daselbst lebenden Glasmalern
partienweise im Vorrat liefern. Das
Wappendepot befindet sich anf dem Rathause
nnd wird vom Großwaibel oder obersten Knecht
verwaltet ,als der solche Wappen nff miner
Herren Geheiß ußzutheilen bh Handen hat'.
Dort liegen sie nun also in verschiedenen Größen
und Formaten, Gevierte und Rundelen, Bogen,
anderthalb und zwei Bogen groß bis hinunter
zu Halbbogen — und weckengroß. Von Zeit
zu Zeit werden sie revidirt, zu Schaden ge-
kommene ausgebessert, der unverwendet geblie-
bene Rest (soweit er Jahreszahlen trägt) bei
Beginn des neuen Jahres dnrch Ändcrnng des
Datums an oonra.nt gebracht. Jst ein Gesuch
bewilligt, so erhält der Gesuchsteller (durch
die Organc des Stadtschreibers »nd Säckel-

meisters) fürs erste eine Anweisung, anf die
hin er beim obersten Knecht ein Standeswappen
aus dcm Depot ansgelicfert erhält, fürs zweite
einc Barzahlnng ,für das Fenster'. Norm:
6 Pfnnd. Daraus ergiebt sich, daß Fenster
einerseits, Wappen andererseits ganz getrennte
Dinge sipd, ersteres keineswegs etwa das Cor-
pus, anf dem letzteres gemalt wäre."

Es lag in der Sitte sowohl eine Ehrnng
des Beschenkten als auch eine direkte materielle
Unterstützung desselben. Daß nun bei dem
Nsus die Klöster mit ihren Krenzgängen, Ka-
pitelsälen, Refektorien rc. genügende Gelegen-
heit zur Annahme derartiger Schenknngen boten,
liegt klar auf der Hand, nnd ich kann es also
gleich hier anführen, daß mit wenigen Aus-
nahmen sümtliche Wettinger Scheiben, 180 an
der Zahl, derartige Schenkungen sind.

Gehen wir nun zum eigentlichen Thema

über.

Gründung und Baugeschichte des Klosters
haben wir bereits bei Besprechung der daselbst
befindlichen Chorstühle i) (I. Jahrg. S. 141) in
knrzen Zügen erwähnt. Daß die Ordensregel
den Cisterziensern farbige Scheiben anzubringen
verbot, ebenso wie das Anbringen gemalter Buch-
staben, ornamentirte Jnitialen in den Satzungen
verboten waren, das ist ein längst überwundener
Paragraph gewesen, der, nachdem er am Ende
des zwölsten Jahrhunderts (1182) aufgestellt,
anch schon bald darauf im 13. vergessen oder
umgangen wnrde. Von den „erlanbten" Gri-
saillen ist merkwiirdigerweise nur ein einziges
Stück übrig geblieben; alle anderen Scheiben
sind farbig, zum Teil prunkhaft farbig und
lenchtend.

Ein Brand, der das Kloster im Jahre
1507 ^) heimsnchte, mag von den ältesten Schei-

1) Jetzt ausführlich publizirt in Ortweins „Deut-
scher Nenaissance" vom Verf.

2) Eidgenössische Abschiede III, 2 —1520)

Schafshausen, 1570 Mai 10 (xux-, Z71): Zu dein
Bau des Gotteshausss Wettingen sind verordnet
Boten von Zürich, Bern, Luzern und Unterwalden.
— Ferner: Baden 1507, Juni 15. (xa.A. 383). Des
Baus wegen zu Wettingen ist unseren Eidgenossen von
Zürich empfohlen, einen geschickten Baumeistsr dazu
zu verordnen, der mit Rat des Abtes von Kappel
einen Vorschlag mache, wie das Gotteshaus am besten
wieder gebaut werden möge. Zum Bau werden 1000
Gulden bewilligt. (Der Brandschaden muß demnach
sehr beträchtlich gewesen sein.) — Ferner. Eigenössische
Abschiede IV. 1 L. (1521—1528) xaS. 14. Zürich
 
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