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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Glasgemälde im Kreuzgange des Klosters Wettingen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0138

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Von H. E. v. Berlepsch.

127

Ann. mun. 1994.
nach dem Sünd-
fluth 468. 2194 v.
Chr. G.

anno 3908.
v. M. S. 56.

Anno 706.

Anno 863.

sind, wie schon einmal bemerkt, meistens Schei-
ben mit dem Schenknngsdatum 1579.

Nr. 1, leider sehr stark zerstörh enthält
die Schutzpatrone Zürichs, den heil.Felix und die
heil. Regula, beide mit dem Kopf unterm Arm.
Nr. 2 enthält den znrcherischen Wappenschild.
Oben Grnndung der Stadt Zürich mit der Er-
klärung:

Turicus Aurelus Hat
Erstlich erbuwen Schloß und Statt
Demnach SVeVus ein König der
Schwaben

Stift die groß Statt, dat sie be-
gaben;

Als aber die Helluet Hand
Di' Stet zerstört inn Grund Ver-
brandt

Do zwang sie Cesar wider z buwen.
Herzog Ruprecht Gott verschrouwe.
Stiftit das Münster, Buwts vo
Grund

Carle der Groß Buwts us zur
Stund

Kiinig Ludwig us Ostfrankrich
Buwt s'srouw (s'frauen-) minster
glych

Kün. Ludw. der 6. Zwo tochteren dat er darin
stist Zürich. Hildegard die erst Aeptissin gsyn.

Unten befindet stch links, sehr fein in der
Zcichnung sowohl als in der Farbe, die Dar-
stellnng der Austreibung aus dem Paradies,
rechts Kains Brudermord mit dem Verse:

Als sy Nun brochen Gotz Gebot
Und von dem Apfel gholt den Tod
Dem Bösen gfielend Mit ir Sach
Gotz früwsnd sy nit länger nach
Do treib er's uß dem Paradies
Erst hatten sy verloren den Pris
Cain syn opfer Erzürnet Got
Mit üblem Gruch Er ward zum Spott
Doch Herrlich synes Bruvers Roch
Der schlug zu todt den Abel noch.

Die Scheiben des folgendcn Fensters Nr. 2
gehören dem Stande Bern an, und zeigen einer-
seits die Schutzpatrone desselben St. Vincentius
uud St. Laurentins, anderseits das Wappen.
Auf der ersteren Scheibe bemerkt man zwischen
den beiden Heiligenfiguren ein Täfelchen mit
Jahreszahl und Monogramm:

1579

Jch meine, der Name „Samuel Müller
von Zug" läßt sich hieraus eventuell ebenso
lesen als „Jos. Murer vou Zürich".

Bei Nr. 3 ist obeu seitlich das Martyrium

der beiden Heiligen dargestellt, unten dagegen
ist links der Bau der Arche, rechts die Sünd-
flut zn sehen. Der erklärende Text lautet:

Die Kinder Adams lebten Schandtlich
Drum Gott syn ärger Machte kanntlich
Dem Noah der Noch z'grechten läpt
Nach Sym Gebott Syn Thun besträbt
Befiellt Er eine Arch zu Bouwen
Zu retten Sych mit Kind und Frouwen
Bon allem Thier ein paar inbrächt
Will Gott verdarb der Mendsche Gschlücht.

Nr. 4 zeigt die Gründung von Bern durch
Berchtold von Zähringen, also die Anfänge der
Konsolidirung eines Gemeinwesens einerseits
— anderseits die Zerstörung eines Werkes, das
argem Hochmnt entspraug, des Turmbaues zu
Babel. Die Verse dazu lautcu
Oben. Als Herzog Berchtold Regiert zwar

Ruwf er die Statt zu Diesem Jahr 1191.

Und nammt die Bern. Nachdem er Hatt
Gfangen Ein Bär uff der Waldstatt.

Er Hatt sy nach by Synem Läben ^gg
Mitt Freyheiten dem Rych Ergäben
Demnach sy Sich ein Puunt Verhafft (Bund

verschafft)

Und Ward Ein ortt der Eidgnoschaft 1352.
Unten.Als Noah Druf Gebauwt den Wyn
Und trunken Lag bynn Zellte syn.

Sach in der Eltist Syner Knaben
Der Wollt Syn Spott und Frönd dran Haben.
Die Andern kamendt ruck Gewandt
Zu decken ires Vatters Schanndt.

Uß Hochmut ward der Turm Gebauwt
Mit Zorn dann Gott druf Nisder Schauwt
Drum Jnen Gott die Sprach Verstellt
Zerstreuwet Sy in Alle Welt.

Nr. 5 und 6 gehören dem Stande Luzern
au. Wollte man bei der vorhergeheuden Num-
mer eiue Parallele zwischen der Histvrie der
Gründung Berns (Gottes Wohlwollen) uud
der Zerstörung des Turmbaues zu Babel
(Gottes Zorn) erkeuneu, so tritt nun hier uud
in eiuigen folgenden Exemplaren der Wille,
Vergleiche anzustellen zwischen dem Volk Gottes
uud der erblühenden Eidgenosseuschaft, klar zu-
tage. Der Maler der Scheiben, indem er
ganz direkt die Vorsehung für den tleinen frei-
hcitlich sich gestalteuden Stant wirkeu läßt,
feiert dabei in beredter Weise die Siege, die
Thateu seines eigeneu Volkes, weshalb denn
auch mehr Wärme darin sich bekundet als in
jenen Schlachtenmalereien eiues Jörg Breu,
Bartel Beham, Altorfer u. a. m., welche Be-
gebenheiteu aus der Kriegsgeschichte des Alter-
tums darstellten. (Schluß folgt.)
 
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