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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Luthmer, Ferdinand: Die Preisbewerbung für Arbeiten dekorativer Holzskulptur zu Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0253

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Die Preisbewerbung für dskorative Holzskulptur zu Frankfurt a. M.

diesen briugt er hier den Kopf eines kleinen
Mädchens in halber Lebensgröße zur Aus-
stellung, dem einstimmig der erste Preis der
Ausstellung zuerkannt worden ist. Jn der
That besitzt dies kleine Werk einen Reiz, der
durch Schilderung schwer wiederzugeben ist.
Man wird sich nicht leicht klar darüber, ob der
Schein des Lebens mehr in der diskreten
Färbung, unterstützt durch den flimmernden
Spiegel des Lindenholzes, begründet ist, oder
in der überaus frischen Biache, die alles Glatt-
arbeiten verschmäht und so mit den unverputzten
Meißelschnitten einc Menge von Detail in den
Fleischteilen des Köpfchens stehen läßt, die frei-
lich nur dadurch so lebendig zusammenwirken,
daß jedes genau am richtigen Platz steht. Nicht
ganz einstimmige Anerkenmmg seitens der Preis-
richter haben zwei in Buxbanm ausgeführte
Kinderstguren von Gust. Peters in Berlin ge-
funden, deren Technik allerdings neben den
Klotzschen Arbeiten geleckt erscheint —, auch
wenn man die besonderen Eigenschaften des
Materials, welches mit dem Elfenbein stilistisch
die größte Verwandtschaft zeigt, dabei in An-
satz bringt. Jhrer Auffassung nach gehören die
beiden Figürchen, von welchen besonders das
Mädchen sehr gut in der Bewegung ist, der
modernen französischen Richtung an nnd dürften
vielleicht noch dem Pariser Aufenthalt des Ver-
fertigers entstammen, der erst seit der Aus-
weisung 1870 in Berlin lebt.

Der mit dem zweiten Preise ausgezeichnete
Bernhard Schaupp ist ein Karlsruher Künstler,
der für die großen westdeutschen Möbelfabriken
eine äußerst frnchtbare Thätigkeit entfaltet. Die
Routine, deren sich ein von der Jndnstrie stark
in Ansprnch genommener Künstler schwer er-
wehren kann, machte sich auch in den drei Ar-
beiten etwas geltend, durch welche B. Schaupp
seine Vielseitigkeit bekundet: ein Faun mit
Nymphe in Relief, ein ebenso ausgeführter, sehr
flotter Amor mit Füllhorn und endlich eine
kleine Kostümstatuette, einen venezianischen Man-
dolinspieler darstellend. Auch in den Relief-
intarsien verschiedener anderer Karlsruher Aus-
steller finden wir Schaupps Hand in dem
Figürlichen wieder: so bei Distelhorst, van
Venrooy und Maybach.

Ein Handtuchweibchen (3. Preis) — die
Ausstellung zählt nicht weniger als sechs Ver-
treter dieses mehr schönen als brauchbaren Zier-
möbels! — von C. L. Sand in München ge-

hört zu den reizendsten Lösungen dieser etwas
trivial gewordenen Aufgabe. Wenn die Lieb-
lichkeit und die entsprechende Bewegung des
Köpfchens dies Stück sehr schnell zum Liebling
des besuchenden Publikums gemacht haben, so
haben wir daneben den großen Zug zn rühmen,
der die Komposition erfüllt und der sich be-
sonders in der Behandlung des flatternden Ge-
wandes ausspricht. Die Polychromie, bei welcher
für die Kleider viel Bronze angewendet ist,
kaun sich neben der Farbenbehandlung der
Klotzschen Arbeiten nicht behaupten.

Ein Schüler des zuletzt genannten Künst-
lers, M. Holzer aus Mondsee, hat die Poly-
chromie seines Meisters mit bestem Erfolg bei
einem handtuchhaltenden Knaben angewendet,
der auch sonst in der Behandlung von Kopf
und Händen so viel Verdienstliches besitzt,
daß ihm der vierte Preis zugesprochen wurde.
Wesentlich hat bei diesem Urteil eine zweite
Arbeit desselben jungen Künstlers, eine Kopie
des bekannten Nymphen- und Tritonenreliefs
von Clodion, mitgesprochen. Fast noch besser
als dieses bei vollendeter Durchführung doch
etwas süßlich wirkende Relief will uns der
Barockrahmen gefallen, der dasselbe in meister-
hafter Verteilung des flott geschnittenen Orna-
mentes umgiebt. Unter den mit Ehrendiplomen
ausgezeichneten Arbeiten steht in erster Linie
die „Spinnerin" von Math. Vordermeyer
in Berlin, ja sie würde, wenn die verspätete
Anmeldung sie nicht von der eigentlichen Preis-
bewerbung ausgeschlossen hätte, zweifellos an
höherer Stelle zu nennen gewesen sein. Jn
der straffen Haltung der geschlossenen Beine an
Gedons bekannte Figur aus dem Münchener
Vereinshaus erinnernd, zeigt diese jugendlichc
Frauengestalt in den Fleischteilen ein so gutes
anatomisches Verständnis, in der Gewandung
eine so flotte Hand, daß sie unbestritten unter
die besten Arbeiten der Ausstellung rechnet.
Von entschiedenem Kunstwert ist auch eine
Kinderfigur von C. Heß in Karlsruhe, der
als Sockel ein leider zu kleines Uhrgehäuse
dient und die sich wohl nur wegen dieses Kom-
positionsfehlers mit dem Ehrendiplom hat be-
gnügen müssen. C. Fischer in München zeigt
den frischen Schnitt, den wir als Haupttugend
des Bildschnitzers rühmen möchten, ebenfalls an
seinem geschmackvoll komponirten Handtuchhalter
wie an den beiden musizirenden Engeln, welche
in ihrer ansdrucksvollen Bewegung wohl alte
 
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