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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Boeheim, Wendelin: Kunst und Kunsttechnik im Waffenschmiedewesen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0084

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KUNST- UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN

dem Gebiete des Handwerks. Da strebte der Über-
schuss in die Weite und bald regte sicb's an den
afrikanischen Küsten entlang von Künstlern und
Kunsthandwerkern, die alle den Absatz ihrer Er-
zeugnisse nach Europa anstrebten. Im 7. Jahrhun-
dert setzten die kunstreichen Sarazenen nach Sizilien
über, im 8. nach Spanien und begannen dort eine

Verkleinerte Kopie zweier Handzeichnungen Albrecht Dürers ans dem Jahre 1517, darstellend Ent-
würfe zu einem Prnnkharnische. Die obere Figur stellt eine Achselstaupe, die untere ein Helmvisir vor.

Albertina in Wien.

ebenso hoch zu bewertende als geschäftlich erfolg-
reiche Thätigkeit. Sie allein begegneten damals dem
Bedürfnisse nach kunstvoll ausgestatteten Waffen.
Denn, was in Europa damals an Waffen im Gebiete
der norischen Alpen, an der Südseite der Pyrenäen
und in den julischen Alpen erzeugt wurde, ging über
das Bedürfnis des praktischen Gebrauches nur wenig
hinaus. Nur am Rhein und speziell in Köln, ange-
regt durch den Impuls, welchen Karl der Grosse

gegeben hatte, bildeten sich bedeutende Werkstätten
für Prunkwaffen, die ihre Elemente aus Byzanz an
sich gesogen hatten, aber mehr als Goldschmiede-
stätten wie als Waffenschmieden angesehen werden
konnten. Noch aus antiker Zeit hatte sich die
Fabrikation von Helmen und Schilden in Pavia er-
halten, wie auch an den Südhängen der Alpen gegen

die italienische Ebene alte
Waffenschmieden ihre Thä-
tigkeit selbst während der
Wirren der Völkerwande-
rung nie vollständig unter-
brachen. Im 8. Jahrhundert
retteten sich die Bewohner
von Lorch, die kräftigen
Waffenschmiede mit ihrem
Bischöfe vor den Avaren
nach dem Westen auf eine
geschützte Stelle am Zu-
sammenflusse des Inn mit
der Donau; dortselbst grün-
deten sie die Stadt Passa u
die später berühmteste Er-
zeugungsstätte vonWaffen,
die erste der Welt.

Eine Geschichte der
Waffenindustrie ist nocli
nicht geschrieben, es fehlen
uns noch zum grössten
Teile die Materialien zur
Darstellung einer mensch-
lichen Thätigkeit, die einst
einen so ungeheueren Ein-
fluss auf das gesamte Leben
genommen hatte. Forschen
wir nach den Persönlich-
keiten, welche hier in der
Entwicklung von Bedeu-
tung erscheinen, so treffen
wir überall auf unbekannte
Namen, die wir nur aus
Urkunden ausgegraben ha-
ben und deren Verdienst wir nur nach dem Umfange
ihres Wirkens beurteilen können. Nur in grossen
Zügen sind wir imstande zu schildern, wie die grossen
Centren der Waffenerzeugung sich allmählich gebildet,
wie sie im Laufe der Zeit zu bedeutenden Stätten der
Kunst herangewachsen sind und welche hervorragende
Namen wenigstens vom späteren Mittelalter an inil
der Entwicklung des Faches in Beziehungen zu
bringen sind. So skizzenhaft diese Darstellung auch
 
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