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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Kleine Mitteilungen
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KLEINE MITTEILUNGEN.

— Badischer Kunstgciccrbercrcin. In der letzten Monats-
versammlung des Vereins, Dienstag, den G. d. M., hielt Herr
Geheimrat Prof. Dr. Lübkc im Saale der Vier Jahreszeiten
einen äusserst anregenden Vortrag über „farbige Innendeko-
• ration" vor einem zahlreichen Publikum (darunter viele Ar-
chitekten, Dekorationsmaler und sonstige Interessenten), wel-
ches mit gespannter Aufmerksamkeit den geistreichen Aus-
führungen des geschätzten Redners folgte. Als Illustration
des Vortrages war eine mehrere hundert Blätter umfassende
Ausstellung angeordnet, bestehend aus den bedeutendsten
neueren Publikationen farbiger Dekorationen, sowie aus wert-
vollen Originalaufnahmen hiesiger Künstler und zwar von
den Herren Direktor Götz, Professoren Bischoff, Eyth und
Levy, Architekten Hafner, Hummel und Moser. Gerade diese
mitunter sehr flott und meisterhaft behandelten Reisestudien
erregten durch die Frische ihrer Auffassung, wie durch ihre
getreue Wiedergabe die besondere Aufmerksamkeit der Zu-
hörer. Dem Vortrag selbst entnehmen wir: Jeder Mensch
hat das Bedürfnis und den Trieb, seine Aufenthaltsräume
möglichst wohnlich zu gestalten, sie mit mehr oder weniger
künstlerischem Sinn, sei es durch stoffliche Bekleidung der
Wände und Decke, sei es mit Hilfe der Malerei auszustatten.
Schon der orientalische Nomade der frühesten Zeit hat diesem
Bedürfnis Rechnung getragen und seine Zelte mit Teppichen
ausgestattet. Später, nachdem an Stelle dieser provisorischen
Wohnstätten feste Niederlassungen getreten waren, nahmen
diese Innendekorationen eine bestimmtere Richtung an und
wurden die Grundlage der späteren orientalischen Pracht-
ausstattungen, welche wie die reichsten Teppiche [in den
prächtigsten farbenreichsten Darstellungen Wände und Decken
schmückten. Auch in Italien finden wir schon frühzeitig
eine entwickelte Innendekoration, wie aus vielen noch er-
haltenen Beispielen zu ersehen ist, doch tragen diese Deko-
rationen einen ganz anderen Charakter als die orientalischen.
Die Wandbekleidungen verschwinden und an ihre Stelle tritt
die Wandmalerei, welche Werke des höchsten Glanzes ge-
schaffen hat. Schon die pompejanischen Wandmalereien
gehen über die teppichartige Dekoration der Orientalen weit
hinaus. Die Wände werden durch die Dekoration gegliedert
in Sockel, Predella und Abschluss durch einen Fries, da-
zwischen gemalte Darstellungen, oben, perspektivisch darge-
stellt, scheinbar der Ausblick ins Freie, ebenso an den Wän-
den spielende, perspektivische Dekorationen. Die Gewölbe
und Wanddecken, welche als Himmelsgewölbe gedacht sind,
werden tiefblau mit Goldornamenten oder umgekehrt mit
blauen Dekorationen auf Goldgrund (wobei der Himmel in
idealer Weise als von der Sonne bestrahlt gedacht ist) dar-
gestellt. Das Christentum bringt eine grosse Umwälzung in
der Innendekoration hervor. Es kennt in seinem Anfang
keine Lebensfreude, was auch in seinen Dekorationen und
Darstellungen zum Ausdruck kommt. Die spätere Zeit bringt
im 5. bis 6. Jahrhundert in Byzanz das Mosaik, welches bis-
her nur als Fussbodenschmuck verwendet wurde, zur Gel-
tung, indem sie dasselbe in gradezu grossartiger Weise zur
Dekoration von Wänden und Decken zur Anwendung bringt.

(Hagia Sophia in Konstantinopel). Auch im Norden in
Deutschland, finden sich zu dieser Zeit die ersten Wand-
malereien. Eines der frühesten erhaltenen Denkmäler über-
haupt befindet sich in unserem Lande. Es sind dies die
Wandmalereien in der St. Georgskirche zu Oberzeil auf der
Insel Reichenau, welche aus dem Anfange des 11. Jahr-
hunderts stammend, in ihrer Disposition noch einen deut-
lichen Nachklang der alten Mosaikmalereien erkennen lassen.
Die arabische Kunst zeigt in ihrer Innendekoration eine
reiche Entwickelung. Die Darstellung der menschlichen Ge-
stalt wird seltener und es kommt hauptsächlich das lineare
Ornament, in welchem die Kompositionsphautasie keine
Grenzen kennt, zur Geltung. Als Ausläufer der arabischen
Kunst ist der maurische Stil anzusehen, der besonders in
Spanien (Alhambra) seine höchste Blüte erreicht. Die per-
sische Innendekoration hält mit der maurischen gleichen
Schritt, doch bemerkt man hier bereits wieder das Herein-
ziehen von Blumen, ja sogar schüchterne Darstellungen von
Menschen- und Tiergestalten, also ein Herausgehen aus den
strengen linearen Kompositionen der Mauren. Im Abend-
land bringt uns die romanische Kunst meistens religiöse Dar-
stellungen. Beispiele: Kirche zu Schwarzrheinsdorf aus dem
12. Jahrhundert, Dom zu Braunschweig und Kirche St. Mi-
chael in Hildesheim, in welch letzterer die Decke noch ganz
in ursprünglicher Gestalt erhalten ist. Die Gotik übte einen
nachteiligen Einfluss auf die Wandmalereien uns und ver-
drängte letztere fast vollständig durch ihre Glosgeniiildc.
(St. Chapelle, Paris). In Italien tritt die Gotik nur veicin-
zelt auf, hat uns aber in Giotto's Malereien in Assisi ein
hervorragendes Denkmal der gotischen Kunst hinterlassen.
Die Renaissance bringt uns in Italien aus der römischen
Schule figurenreiche Kompositionen, als deren Hauptmeister
Paul Veronese zu nennen ist. Im allgemeinen hat die ita-
lienische Renaissance eine Vorliebe für Darstellungen in
lichten Tönen. Auf deutschem Boden hat die Innendekora-
tion eine ganz andere Gestalt angenommen. Die Holzbe-
kleidungen der Wände und Decken, vereinzelt gering be-
malt, verdrängen die eigentliche Wandmalerei. Diese Vor-
liebe für Holzdekoration war durch die Natur selbst gegeben
und zwar erstens durch den Holzreichtum des Landes, zwei-
tens durch die Gewohnheit der Deutschen, welche in den
Wäldern wohnten und von jeher ihre Bauten und deren
Ausschmückung in Holz auszuführen gewohnt waren. In
Frankreich entwickelte sich eine selbständige leichtluftige
Dekoration unter italienischem Einflüsse. Alles Schwere wird
abgestreift, alle Farbentöne aufs Feinste gebrochen. Nur
zarte Mitteltöne, wie sie auch die Kostüme dieser Zeil M
beherrschen das Interieur. Die Bmpireaeit bringt eine roll-
ständige Umwandlung, ja einen völligen Verfall der farbigen
Dekorationen. Die Wände und auch die Möbel werden weiss
gestrichen und nur mit geringer Vergoldung geziert. Krsl
in den vierziger und fünfziger Jahren unseres Jahrlinn
erschienen — zuerst in München — schüchterne Versuche
von Wanddekorationen, doch erreichten dieselben Ehre alten
Vorbilder nicht. Eni in neuerer Zeit wird wieder li,
 
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