Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

DOI article:
Diner, Joseph: Der Katalog der Sammlung Spitzer
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0130

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Mln.tH<\£,

DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.

VON JOSEF DINER.
MIT ABBILDUNGEN.

ER ERSTE Band der Publikation
der Sammlung Spitzer liegt nun
vor1). Es ist dies eine der gross-
artigsten und zugleich bedeutend-
sten Publikationen von Kunst-
werken, die bisher erschienen sind.
Mitten in der Arbeit ist der Besitzer, unter dessen
werkthätiger Leitung auch dieser erste Band ausge-
führt wurde, abberufen. Er hatte sich mit einem
ganzen Stabe wissenschaftlich, künstlerisch und tech-
nisch bedeutender Männer umgeben, um das ganze
auf sechs Bände berechnete Werk dem hochbedeu-
tenden Werte der publizirten Gegenstände entspre-
chend auszuführen.

Der erste Band enthält folgende vier Abteilungen.
Die Antiken, beschrieben und mit einer' Ein-
leitung versehen von Froehner.

Die Elfenbeinarbeiten mit einer Einleitung
von Alfred Darcel.

Die kirchlichen Goldschmiedearbeiten mit einer
Einleitung von Leon Palustre.

Die Tapisseriearbeiten mit einer Einleitung
von Eugen Müntz.

Die Beschreibung der Gegenstände des Mittel-
alters und der Renaissance besorgte Herr Emil Mo-
linier in ausgezeichneter Weise. Nur bezüglich der
Goldschmiedearbeiten kann man einige Einwendungen
machen, denn dort scheint Herr Molinier von Herrn
Palustre stark beeinflusst worden zu sein.

1) La Colleotion Spitzer. Tome Premier. Antiquite —
Moyen-Age—Renaissance. Paris. Maison Quantin et Libraire
Centrale des Beanx-Arts 1890. In Folio. 109 Seiten mit zahl-
reichen Textillustrationen und 03 Tafeln in Heliogravüre und
Chromolithographie.

Kunstgewerlieblatt. N. F. I.

Die technische Ausführung des Werkes ist eine
glänzende. Bezüglich der Textillustrationen hätte
ich nur bei den antiken Gegenständen einen Einwand
zu erheben, man fühlt in denselben zu stark die Hand
des Zeichners, und zwar eine etwas harte und eckige
Hand. Meisterhaft hingegen sind die beigefügten
Tafeln, speziell jene in chromolithographischer Aus-
führung. Eine so bis in die feinsten Farbennüancen
getreue Wiedergabe ist kaum anderweit zu finden.
Auch ist der bei Chromolithographien gewöhnliche,
kalte, harte Ton vermieden, so dass einzelne Tafeln
völlig den Eindruck von Aquarellen machen.

Trotzdem Spitzer sich sonst nur auf die Samm-
lung von Kunstwerken des Mittelalters und der Re-
naissance beschränkte, hat er, von der Schönheit der
Gegenstände verführt, in den letzten Jahren auch
einige antike Kunstwerke in seine Sammlung auf-
genommen, und zwar: 19 Stück tanagräische Terra-
kotten, 10 Bronzen und 3 Glasarbeiten.

Abgesehen von einigen kühnen Deutungsver-
suchen der dargestellten Szenen — die wir Herrn
Froehner übrigens als zeitgemäss gar nicht übel-
nehmen : die gesamte moderne klassische Archäologie
scheint ja beinahe nur Heuristik zu sein — teilt uns
Herr Froehner noch zwei merkwürdige Sachen mit.
Zunächst dass er nach eingehendem Studium dazu ge-
kommen sei, den griechischen Antiquitätenhändlern
keinen Glauben zu schenken. Dieselben bezeichneten
nämlich alle von ihnen nach Paris gebrachten Terra-
kotten als in Kleinasien gefunden, was ja die grie-
chischen Händler bekanntlich bei allen Antiquitäten
thun, um das Ausfuhrverbot zu umgehen. Aber nun
ist — endlich — Herr Froehner darauf gekommen,
dass auch jene angeblich kleinasiatischen Terrakotten

15
 
Annotationen