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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Kunstgewerbemuseum zu Leipzig: Bericht über das Jahr 1889
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https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0129

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KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU LEIPZIG.

Bericht über das Jahr 1889.

Der Mitgliederstand des Kunftgewerbemufeums hat (ich
von 235 auf 226 vermindert; durch den Tod verloren wir u. a.
einen der Mitbegründer und treueften Förderer, Herrn Julius
S c h u n c k, fowie Herrn Dombaumeifter H a r t e 1 in Strafsburg.
Die Jahresbeiträge der Mitglieder haben fich dem entfprechend
auch etwas vermindert, fie betrugen Jl 3599,—. Dazu kam
noch ein aufserordentlicher Beitrag von Jl 120,—.

Von dem Königlichen Minifterium des Innern ift uns in
dankenswerter Weife wieder ein Beitrag von 5000 Jl aus Staats-
mitteln, von dem Rate der Stadt Leipzig ein folcher von 6000 Jl
aus ftädtifchen Mitteln gewährt worden. Deffenungeachtet hat
fich unfere Schuld bei der Allgem. Deutfchen Credit-Anftalt um
1000 Jl (von 3000 auf 4000) erhöht. Einigermafsen wird dies
ausgeglichen durch den Erlös aus dem Verkauf des gröfsten
Teiles der im Laufe der Zeit angefammelten Dopplinge, der
jedoch vermöge der vereinbarten Zahlungsbedingungen erft fpäter
in der Rechnung zum Ausdruck kommen wird.

Unter den neuen Erwerbungen kunftgewerblicher Gegen-
ftände, welche zufammen einen Aufwand von Jl 6625,32 er-
fordert haben, ift vor allem der Ankauf der reichen Pofamenten-
sammlung von Angiolini in Bologna für Fs. 4000 hervorzuheben,
über welche Nr. 3 der Vereinsmitteilungen für 1888/89 Näheres
enthält. Auch fonft find für die Textilabteilung zahlreiche Stücke
erworben worden, darunter einige altnorwegifche Teppiche. Was
die Holzarbeiten anlangt, fo wurde eine Anzahl Stühle erworben,
welche als intereffante Typen gelten dürfen; auch die Sammlung
nordifcher Kerbfchnitte erfuhr eine Vermehrung. In der kera-
mifchen Abteilung haben die neuen Erwerbungen fowohl die
Porzellanfammlung, welche gegenwärtig charakteriftifche Stücke,
aus 25 berühmten, zum Teil eingegangenen Fabriken enthält,
als auch die Fayencen um hervorragende bisher nicht vertretene
füddeutfche Arbeiten bereichert.

Das Verzeichnis der zahlreichen und wertvollen Gefchenke,
für welche wir auch an diefer Stelle unferen Dank ausfprechen,
wird den Mitgliedern als befondere Beilage zugeftellt werden.

Eine der gröfsten Ausgaben war die Restzahlung für den
nunmehr im Druck vollendeten Katalog der Ornamentftich-
fammlung, in Höhe von Jl 1456,85. Diefer Katalog (wie
fchon früher erwähnt, eine Arbeit des Herrn Hauptmann a. D.
E. v. Ubifch) hat nach Inhalt und Ausstattung allgemeine
Anerkennung in Fachkreifen gefunden, auch find eine Anzahl
von Bestellungen darauf eingegangen, durch welche aber der

Natur der Sache nach nur ein kleiner Teil der Aufwendungen
gedeckt werden kann.

Auf die Bibliothek und die Vorbilderfammlung,
welche wegen des Mangels an geeigneten Räumen noch immer
nicht fo zugänglich haben gemacht werden können, wie dies zu
wünschen wäre, ift nur der geringe Betrag von Jl 208,— ver-
wendet worden. Die Vermehrung ift trotzdem nicht fo gering-
fügig, da uns manches im Austaufch zufliefst. Mit der fyftemati-
fchen Ordnung diefer Sammlungen und Herstellung eines Katalogs
hat fich auch im verflossenen Jahre der Kustos des Buchgewerbe-
mufeums, Herr Burger, fortgefetzt befchäftigt; im laufenden
Jahre hofft er die Arbeit zu beenden.

Die Verteilung des Kunftgewerbeblattes an die Mit-
glieder wurde weitergeführt, doch ift mit dem neuen Jahrgange
eine Änderung in der Form infofern eingetreten, als die Vereins-
mitteilungen nicht mehr unter fortlaufenden Nummern gegeben,
vielmehr dasjenige, was von allgemeinerem Intereffe ift, dem
Texte des Blattes felbft eingefügt, befondere nur den Verein
angehende Vorfälle aber durch aufserordentliche Beilagen den
Mitgliedern bekannt gegeben werden.

Der Zeichenunterricht für Damen hat unter der ebenfo
anregenden wie kundigen Leitung des derzeitigen Lehrers Herrn
Mühlbach lebhaften Aufschwung genommen. Die Zahl der
Schülerinnen ift von 22 im Sommerhalbjahr auf 30 im Winter-
halbjahr gediegen, und die Leistungen zeigen ein erfreuliches
Fortfehreiten. Wir behalten uns vor, an der Hand von Proben,
welche als Beilagen zu dem Kunftgewerbeblatt veröffentlicht
werden follen, Näheres darüber mitzuteilen.

Die Zahl der Befucher ift von 6141 auf 6716 gediegen.
Angefichts der in jeder Hinficht fo unzulänglichen Räume muffen
wir diefen Zuwachs immerhin als befriedigend bezeichnen.

Der Bau des Graffi-Mufeums, welches ausreichende und
beffere Räume bringen foll, ift leider abermals verschoben
worden, da der vorgelegte Plan die Zustimmung der Stadtver-
ordneten nicht gefunden hat. Wenn wir den dagegen geltend
gemachten Bedenken grofsenteils beipflichten mufsten — und
wir haben dies in einer befonderen Eingabe näher begründet —,
fo ift doch die Verzögerung an fich darum nicht minder zu be-
klagen. Mit der Vollendung diefes.Baues dürfen wir auch eine
stärkere Teilnahme, insbefondere unferer gewerbetreibenden
Kreife erhoffen.

Leipzig, im Juni 1890.

Der gefchäftsführende Ausfchufs des Kunftgewerbemufeums:

Dr. Genfei,

Vorfitzender.

H. Scharf,

Schatzmeister.

E. A. Seemann,

Schriftführer.

Heinrich Flinfch.

Arwed Rofsbach.
 
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